AUA-Flug durch Unwetter als Fall für den Staatsanwalt
WIEN. Der Airbus A320 wurde durch Hagel massiv beschädigt: Wiener Anwalt Wolfgang List sieht "fahrlässige Gemeingefährdung"
Es waren bange Minuten für 173 Passagiere und vier Flugbegleiterinnen, als eine Maschine der Austrian Airlines am 9. Juni ein Hagelunwetter durchflog. AUA-Flug OS434 befand sich auf dem Rückflug von Palma de Mallorca nach Wien, als die Maschine in eine Notlage geriet.
"Wir sind abrupt runtergegangen, ein paar Sekunden hat es uns richtig hergehaut und es gab einen Tuscher, und dann hab ich durchs Fenster gesehen, wie Plastikstücke vorbeigeflogen sind", schilderte Manuel Hofer aus Sonnberg im Mühlkreis den OÖNachrichten den Vorfall. Der Airbus wurde schwer beschädigt: Die Cockpitscheiben waren zertrümmert. Auch die Tragflächen und Bugverkleidung wurden durch Hageleinschläge arg lädiert.
Vorwürfe gegen die Piloten
In den Tagen nach dem Unglück mehrten sich Berichte über Pannen, die dazu geführt haben sollen, dass das Flugzeug in das Unwetter geraten war. Laut einem Bericht des "Kurier" soll die Co-Pilotin beim Landeanflug vergessen haben, die Antenne des Wetterradars korrekt auszurichten. Die Maschine sei demnach sozusagen blind in das Unwetter im Raum Hartberg geflogen. Die Gewitterzelle sei "für die Cockpit-Crew laut deren Aussage auf dem Wetterradar nicht ersichtlich" gewesen, teilt die Pressestelle der AUA auf Anfrage mit. Weiters heißt es: "Für das Um- oder Überfliegen von Gewittern wird primär das Wetterradar an Bord verwendet."
Ein anderer Vorwurf: Der Kapitän der Maschine war nicht im Cockpit, als der Airbus das Unwetter durchflog. Er soll die Toilette aufgesucht haben. Eigentlich müssen sowohl Pilot als auch Co-Pilot während des Landeanflugs auf ihren Plätzen sein. Die AUA äußert sich dazu zugeknöpft: Man wolle laufende Untersuchungen nicht kommentieren.
Sowohl die AUA als auch die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB) haben eine Untersuchung des Vorfalls eingeleitet. Die AUA betont, dass sowohl der Kapitän der Maschine als auch seine Co-Pilotin "in Bezug auf Gesamtflugstunden als auch Flugstunden am Flugzeugtyp A320 in ihrer Funktion sehr erfahren" seien. Die Crew ist inzwischen wieder im Dienst. Sie war nach dem Zwischenfall routinemäßig sieben Tage vom Dienst freigestellt worden.
Zusätzlich zu den bereits laufenden Untersuchungen wird sich nun auch die Staatsanwaltschaft mit dem Hagelunwetter beschäftigen. Der Wiener Anwalt Wolfgang List hat eine Sachverhaltsdarstellung an die Ermittlungsbehörde in Korneuburg geschickt. List wirft in seiner Anzeige unbekannten Tätern "fahrlässige Gemeingefährdung" vor. Die Maschine sei in das Unwetter gesteuert worden, obwohl die Wettervorhersagen der Austro-Control dezidiert vor einer Gewitterzelle im Raum Hartberg gewarnt hätten. Mit dem Einflug in die Gewitterzelle seien die Flugzeuginsassen in eine "vermutlich akut lebensbedrohliche Lage gebracht" worden, heißt es in der Sachverhaltsdarstellung. Ein Umfliegen des Gefahrenbereichs wäre aber "ohne Weiteres möglich gewesen".