Bürger-Mehrheit gegen Bodensee-Schnellstraße
BREGENZ. Die Mehrheit der Lustenauer Bürger hat sich am Sonntag in einer Volksbefragung gegen die Realisierung der Variante CP der geplanten Bodensee-Schnellstraße (S18) ausgesprochen.
Bei 5.218 abgegebenen Stimmen lag die Ablehnung bei 77,4 Prozent, wie die Gemeinde bekannt gab. Rechtlich bindend ist das Ergebnis nicht - für Bürgermeister Kurt Fischer (ÖVP) soll das Ergebnis der Volksbefragung jedoch als Grundlage für die Haltung der Gemeinde dienen.
Konkrete lautet die Frage: "Soll die Marktgemeinde Lustenau als Partei in behördlichen Verfahren sowie in deren Vorfeld alle rechtlichen und politischen Mittel ergreifen, um den Bau der S18, Variante CP (östliche Ortsumfahrung entlang des Siedlungsrandes), zu ermöglichen?" 1.175 Befragte stimmten mit "Ja", 4.023 mit "Nein". Die Wahlbeteiligung lag bei 30,2 Prozent. 17.267 Bürgerinnen und Bürger waren wahlberechtigt gewesen.
"Deutliches Nein ein Meilenstein"
Erfreut reagieren die Grünen auf das Ergebnis der Volksbefragung. "Dieses klare und deutliche Nein ist ein Meilenstein. Wir sehen, dass die Bevölkerung der Politik um Jahre voraus ist. Die Menschen wollen keine weitere Autobahn, die noch mehr Verkehr anzieht und unsere wunderschöne und wertvolle Landschaft zubetoniert", teilte Christine Bösch-Vetter, Grüne Gemeinderätin in Lustenau, in einer Aussendung mit. Nun solle über "schnellere und sinnvollere Verkehrslösungen" debattiert werden.
Auch die NEOS wollten das Ergebnis "voll und ganz respektieren". "Dieses Votum zeigt, dass alternative Verkehrslösungen und innovative Konzepte endlich im Mittelpunkt der Diskussion stehen müssen", so der Lustenauer Fraktionsobmann Mathias Schwabegger in einer Aussendung. "Offensichtlich ist die Skepsis gegenüber der S18 nach wie vor zu groß bzw. glaub niemand daran, dass die ÖVP in Lustenau und im Land eine rasche Umsetzung auf die Reihe bekommen", meinten die NEOS.
"Meine Haltung und die der SPÖ Vorarlberg ist klar: Nach über 50 Jahren der Diskussionen müssen wir konkrete Schritte zur Entlastung der betroffenen Bevölkerung einleiten", forderte Landesparteichef Mario Leiter. "Die jüngste Entwicklung rund um die S18 zeigt deutlich, dass die große Mehrheit der Lustenauer nicht das Projekt selbst, sondern die Art und Weise der durchgeführten Volksbefragung abgelehnt hat", verwies Philipp Kreinbucher, Vorsitzender der SPÖ Lustenau, zudem auf die geringe Wahlbeteiligung.
8,5 Kilometer lange Ortsumfahrung
Bei der CP-Variante der S18 handelt es sich um eine etwa 8,5 Kilometer lange Ortsumfahrung Lustenaus, ausgehend vom Autobahnanschluss Dornbirn-West in die Schweiz nach St. Margrethen (Kanton St. Gallen) - damit würde auch eine hochrangige Verbindung zwischen den beiden Autobahnsystemen der Schweiz und Österreichs geschaffen. Entlastungswirkung hätte die S18 vor allem für Lustenau, aber auch für die Bodensee-Gemeinden. Eine Realisierung der nach dem aktuellen Planungsstand der Straßenbaugesellschaft Asfinag rund 2 Milliarden Euro teuren Straße vor 2040 scheint allerdings in jedem Fall unrealistisch.
Die hochrangige Verbindung zum Schweizer Autobahnnetz wird in Vorarlberg seit Jahrzehnten diskutiert. Nachdem 2006 die damalige Variante der S18 - sie hätte oberirdisch durch die letzte im unteren Vorarlberger Rheintal erhalten gebliebene Ried-Landschaft geführt - vom Verfassungsgerichtshof gekippt worden war, hat sich nach jahrelanger Prüfung aus einer Vielzahl von Varianten die CP im Hinblick auf Genehmigungsfähigkeit als die aussichtsreichste herauskristallisiert. Sie wird vom Land Vorarlberg favorisiert, das Verkehrsministerium unter Leonore Gewessler (Grüne) brachte zum Unmut von Landespolitik, Wirtschaft und Anrainern in der Region nach einer Evaluierung eine weitere Variante "Lustenau-Süd" wieder ins Spiel, die allerdings nicht hochrangig ist.
Daran erinnerte Gewessler auch am Sonntag, nachdem das Ergebnis bekannt gegeben worden war. Die Planungen dazu gelte es jetzt "weiter zu intensivieren". Die Verkehrsministerin forderte die Beteiligten auf, an einem Strang zu ziehen. "Die Bürgerinnen und Bürger der hauptbetroffenen Gemeinde haben heute eines ganz klar gemacht: Im Jahr 2023 muss es bessere Lösungen geben, als eine Autobahn durch ein Naturschutzgebiet", betonte Gewessler.