Pflegeheime verweigern Bewohnern assistierten Suizid
WIEN. Mehrere Pflegeheimbetreiber sollen ihren Bewohnern per Hausordnung untersagen, assistierten Suizid in Anspruch zu nehmen. Das hat die Volksanwaltschaft bei unangekündigten Visiten in Pflegeheimen entdeckt
Das berichtete das Nachrichtenmagazin "profil" am Samstag. Volksanwalt Bernhard Achitz (SPÖ) forderte die Heimbetreiber dazu auf, die im Sterbeverfügungsgesetz vorgesehene Möglichkeit des straflosen assistierten Suizids "zu akzeptieren".
Die Kontrolleure der Volksanwaltschaft fanden demnach bei ihren unangekündigten Visiten in Pflegeheimen in den Heimordnungen mehrerer Betreiber einen Passus, der es den Bewohnern untersagt, im Heim assistierten Suizid in Anspruch zu nehmen, wie aus einem Schriftsatz des Menschenrechtsbeirates der Volksanwaltschaft hervorgeht. Die betroffenen Betreiber drohten ihren Klienten mit Kündigung des Heimvertrages, sollten sie bei Vorbereitungen zur Sterbehilfe erwischt werden. Einige Heimträger dürften ihrem Personal auch untersagt haben, dass sie die Bewohner auf Anfrage über die rechtlichen Möglichkeiten beraten. Um welche Heime es sich konkret handelt, bleibt in dem Dokument offen, laut "profil" gibt es aber Indizien dafür, dass es sich um konfessionelle Einrichtungen handeln könnte.
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Gutachten in Auftrag gegeben
Die Volksanwaltschaft beauftragte ihren Menschenrechtsbeirat jedenfalls mit einem Gutachten. Das Expertengremium kommt in dem Dokument von Dezember 2023 zu dem Schluss, dass "das Sterbeverfügungsgesetz den Betreibern von Alten- und Pflegeeinrichtungen zwar keine Mitwirkungspflicht (iS von aktiven Hilfeleistungspflichten), jedoch Duldungspflichten bezüglich der im Gesetz verankerten Rechte auferlegt". Bewohner, die einen Sterbewunsch äußern, "müssen sich dazu austauschen und informieren können, sie müssen die im Hinblick auf das Recht auf ein menschenwürdiges Sterben verankerten Rechte und Hilfeleistungen auch in der Einrichtung, in der sie wohnen, wahrnehmen können".
Die Passagen in den Heimordnungen, die Sterbehilfe untersagen, sind aus Sicht des Menschenrechtsbeirats "nichtig": "Betreibern von Einrichtungen steht es nicht frei, die Ausübung bzw. Wahrnehmung eines Menschenrechtes (der Sterbehilfe, Anm.) in ihren Räumlichkeiten vertraglich zu untersagen, bzw. mit der Kündigung zu drohen. Vertragliche Ansprüche haben ihre Grenzen, wo sie die Selbstbestimmungsfähigkeit einer Vertragspartei durch unzumutbare Einschränkungen negieren." Der Menschenrechtsbeirat hält es außerdem für "nicht zulässig", wenn Heimbetreiber ihrem Pflegepersonal verbieten, die Bewohner über die Möglichkeit des assistierten Suizids aufzuklären. Denn die Klienten seien "mangels Mobilität darauf angewiesen, sämtliche Informationen direkt in der Einrichtung zu erhalten".
Sterbeverfügung laut Gesetz möglich
In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber "profil" forderte Volksanwalt Achitz die Heimbetreiber auf, "die im Sterbeverfügungsgesetz vorgesehene Möglichkeit des straflosen assistierten Suizids aus Respekt vor der freien Entscheidung der Bewohnerinnen und Bewohner zu akzeptieren". Er werde "die Träger der Alten- und Pflegeheime informieren, in denen wir bei der Präventiven Menschenrechtskontrolle Probleme festgestellt haben".
Laut Gesetz können dauerhaft schwer oder unheilbar Kranke, die Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen wollen, eine Sterbeverfügung errichten. Dafür sind Aufklärungsgespräche mit Ärzten verpflichtend. Zwei Mediziner müssen unabhängig voneinander bestätigen, dass die sterbewillige Person entscheidungsfähig ist und freiwillig aus dem Leben scheiden möchte, einer davon muss über eine palliativmedizinische Ausbildung verfügen. Die Errichtung der Sterbeverfügung erfolgt durch einen Notar.