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"Der Krieg ist vorbei" - Reaktionen zum Brexit-Handelspakt

Von nachrichten.at/apa, 25. Dezember 2020, 12:33 Uhr
reuters
Der Brexit ist nach wie vor nicht bei allen Briten beliebt. Bild: Reuters

LONDON. Nach extrem langwierigen Verhandlungen haben die Europäische Union und Großbritannien am Heiligen Abend doch noch einen Brexit-Handelspakt vereinbart. Reaktionen, Zitate und internationale Pressestimmen zum Brexit-Deal.

Reaktionen

Der Präsident der Industriellenvereinigung (IV) Georg Knill hat sich "sehr erleichtert" gezeigt über die am gestrigen Donnerstag erreichte Einigung zwischen der Europäischen Union und Großbritannien auf ein Handelsabkommen nach dem Brexit. "Seitens der Industrie begrüßen wir das nunmehrige Ergebnis und sehen darin das Fundament für den Aufbau positiver, neuer und enger Beziehungen", so Knill am Freitag in einer Aussendung.

Nach der historischen Einigung auf einen Brexit-Handelspakt hat EU-Chefunterhändler Michel Barnier die Botschafter der 27 EU-Staaten informiert. Das Briefing durch den Franzosen habe begonnen, schrieb ein Sprecher der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am Freitag auf Twitter. Die EU-Mitgliedstaaten würden die 1.246 Seiten des Abkommens nun prüfen und "diese gewaltige Aufgabe in den kommenden Tagen fortsetzen".

Der Chef der britischen Brexit-Partei, Nigel Farage, hat seinen Kampf für den Austritt Großbritanniens aus der EU für beendet erklärt. "Der Krieg ist vorbei", schrieb Farage auf Twitter nachdem die EU und Großbritannien einen Durchbruch bei den Verhandlungen für einen Brexit-Handelspakt verkündet hatten. Premierminister Boris Johnson werde als derjenige gesehen werden, der den Brexit vollzogen habe, sagte Farage in einem auf Twitter verlinkten Video. "Vielleicht nicht perfekt, aber dennoch: Er hat getan, was er versprochen hatte", so der Erz-Brexiteer anerkennend. 

Frankreich pocht nach dem Ende der Brexit-Übergangszeit auf eine massive Überprüfung britischer Waren vom Jahreswechsel an. "Wir müssen britische Produkte kontrollieren, die zu uns kommen", sagte Europa-Staatssekretär Clément Beaune am Freitag im Sender Europe 1. Bei Nahrungsmitteln oder Industrieprodukten müssten alle geltenden Normen eingehalten werden. Der französische Staat habe rund 1.300 Menschen angeworben, um diese Kontrollen zu gewährleisten.

Zitate

"Es hat gedauert, aber nun haben wir ein Abkommen. Es war ein langer und steiniger Weg. Aber das Ergebnis ist gut."
(EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Donnerstag)

"Mit dem Abkommen schaffen wir die Grundlage für ein neues Kapitel in unseren Beziehungen."
(Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag)

"Wir werden euer Freund sein, euer Partner, euer Unterstützer, und nicht zu vergessen, euer Nummer-Eins-Markt."
(Der britische Premierminister Boris Johnson am Donnerstag)

"Die europäische Einheit und Standfestigkeit haben sich ausgezahlt."
(Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron am Donnerstag)

"Es war ein Verhandlungsmarathon, aber in Weltrekordzeit und mit einem langen Endspurt. Es hat sich gelohnt, die vielzitierte Extrameile zu gehen."
(Deutschlands Außenminister Heiko Maas (SPD) am Donnerstag)

"Wir werden die Vereinbarung nun sorgfältig prüfen."
(Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag)

Internationale Pressestimmen

Was Zeitungen am Freitag zur Einigung auf einen Brexit-Handelspakt schrieben.

  • "The Times" (London): "Endlich. Am Ende eines Jahres, in dem es kaum gute Nachrichten gab, ist Boris Johnsons Verkündung eines Deals über die künftigen Beziehungen mit der Europäischen Union eher ein Quell der Erleichterung als ein Grund zum Feiern. Dass überhaupt ein Deal erreicht wurde, ist in vielerlei Hinsicht eine bemerkenswerte Leistung. Normalerweise wird über derartige Abkommen jahrelang verhandelt; dieses wurde in neun Monaten erreicht und das während einer globalen Pandemie, die über weite Teile des Jahres persönliche Treffen verhinderte. Mehr noch: Handelsabkommen sind normalerweise darauf angelegt, die beiden beteiligten Seiten einander näher zu bringen; dieses ist das erste in der Geschichte, das es ihnen ermöglichen soll, sich weiter auseinander zu entwickeln. Das bedeutet, dass dies unweigerlich ein Deal ohne Sieger und mit politischen und wirtschaftlichen Kosten ist, die von beiden Seiten zu tragen sein werden."
  • "The Guardian" (London): "Es kann kein Handelsabkommen geben, ohne dass die von den Brexit-Ideologen gehegte Vision einer vollkommenen Souveränität irgendwie getrübt wird. Dieses Zugeständnis wird im Kleingedruckten versteckt sein. Und Boris Johnson wird sein gesamtes rhetorisches Arsenal und seine Fähigkeit zu politischen Ablenkungsmanövern einsetzen, um sein Abkommen als eine Charta der heroischen nationalen Emanzipation zu präsentieren. Dabei hilft ihm, dass die Zeit, die für die Ratifizierung zur Verfügung steht, knapp ist. Das Parlament wird zurückgerufen, aber Hunderte von Seiten der technischen Vereinbarung können nicht mehr bis zum Ende nächster Woche durchdacht werden. Der verkürzte Zeitplan lässt wenig Spielraum für eine Entscheidung zwischen den Optionen Ablehnung und Billigung. Ersteres wäre katastrophal, letzteres gibt die demokratische Kontrolle preis. Aber das ist keine Überraschung. Das ist die Art und Weise, wie Boris Johnson Geschäfte macht."
  • "The Independent" (London): "Die Erleichterung darüber, dass endlich ein Abkommen zustande gekommen ist, sollte nicht über diesen Moment der nationalen Selbstbeschädigung hinwegtäuschen. Wie der EU-Chefunterhändler Michel Barnier uns in Erinnerung rief, ist es für Großbritannien und das übrige Europa traurig, die unbegrenzte Freiheit zu arbeiten, zu studieren und Handel zu treiben, die für den größten Teil des vergangenen halben Jahrhunderts bestand, mit dem zu vergleichen, was nun vor uns liegt. (...) Dieser Deal ist besser als nichts. Und er wird mit der erwarteten Unterstützung der Labour Party rasch durch das Parlament kommen, wenngleich die Schottische Nationalpartei SNP wahrscheinlich symbolisch Widerstand leisten wird - in der Gewissheit, dass ein 'No Deal' vermieden wurde. Was dieser schwache neue Vertrag nicht tun wird, ist, den nationalen Streit darüber zu beenden, wie Großbritanniens Wohlstand und Sicherheit gewährleistet werden sollen. Das Gefühl der Erleichterung ist sehr real und willkommen, aber nur in dem Sinne, dass man aufhört, mit dem Kopf gegen die Wand zu schlagen."
  • "Tages-Anzeiger" (Zürich): "Es ist die gute Nachricht zum Jahresende: Grossbritannien und die EU finden nach der Brexit-Scheidung nun doch zu einer geregelten Partnerschaft. (...) Es ist ein Sieg der Vernunft, ein Deal gegen das Chaos, das ab dem 1. Januar unweigerlich gedroht hätte, wenn Grossbritannien nach der EU auch den Binnenmarkt und die Zollunion verlässt. (...) Für EU-Kommission und Mitgliedstaaten ging es von Anfang an nur um Schadensbegrenzung. Und hier scheint Brüssel recht erfolgreich gewesen zu sein. So kann die EU einseitig Zölle verhängen oder andere Gegenmassnahmen beschliessen, wenn Grossbritannien bei Staatsbeihilfen oder Sozialstandards Dumping betreibt - möglicherweise also mehr Willkür, als es die Schweiz mit dem Streitschlichtungsmechanismus im Rahmenabkommen befürchten müsste. (...) Der Preis der Scheidung ist noch unbekannt, Gewinner und Verlierer des Brexit werden erst im nächsten Jahr wirklich feststehen."
  • "Neue Zürcher Zeitung": "Der Abschluss des EU-Freihandelsabkommens ist für Grossbritannien die beste Nachricht des Jahres. Der Weg dahin war unnötig schwer, die Wirkung wird unnötig klein sein. Dennoch ist der Vertrag jeden Buchstaben wert. (...) Die Vernunft hat gesiegt, auf beiden Seiten. (...) Doch niemand sollte sich Illusionen machen: Es gibt beim Brexit keine Gewinner. Aus wirtschaftlicher Sicht ist ein Verlassen des Binnenmarktes und der Zollunion der EU - jene harte Ausstiegsvariante, die Premierminister Boris Johnson vorantrieb - ein schädlicher Unsinn. (...) Dieser harte Brexit ist einer der grössten Akte wirtschaftlicher Selbstverletzung in der modernen Handelsgeschichte. London gibt die Taube in der Hand auf und hofft auf den Spatzen auf dem Dach, etwa in Form eines Handelsabkommens mit den USA. (...) Das Freihandelsabkommen ist Schadensbegrenzung."
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2  Kommentare
2  Kommentare
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boris (1.939 Kommentare)
am 26.12.2020 14:45

Die NZZ kommentiert:
London gibt die Taube in der Hand auf und hofft auf den Spatzen auf dem Dach, etwa in Form eines Handelsabkommens mit den USA. (...) Das Freihandelsabkommen ist Schadensbegrenzung."
Dieser Ansicht kann man sich vermutlich nur vollinhlatlich anschließen.
Das positivste am Brexit ist wohl die "Einigkeit der verbleibenden 327 Staaten" in diesem Punkte zu sehen und die bisherigen (hauptächlich rechtsgerichteten) Krakäler über Austrittswünsche weiterer EU-Staaten sind ziemlich schmähstad geworden und üben sich im "Maulhalten".

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LASimon (13.413 Kommentare)
am 25.12.2020 19:51

Von "Guardian" und "Independent" waren kritische Kommentare zu erwarten. Überrascht bin ich von der "Times".

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