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Erneut schwere israelische Angriffe auf Beirut

Von nachrichten.at/apa, 04. Oktober 2024, 06:01 Uhr
Beirut Israel Libanon
Ziel der Angriffe war Hashim Safi al-Din, Chef des Exekutivrats der Hisbollah-Miliz. Bild: - (APA/AFP/-)

BEIRUT. Die libanesische Hauptstadt Beirut ist in der Nacht erneut Ziel massiver Luftangriffe des israelischen Militärs geworden.

Eine Reporterin berichtete von schweren Explosionen. Unbestätigten Berichten zufolge galt der Angriff Hashim Safi al-Din, dem Chef des Exekutivrats der Hisbollah-Miliz. Er wird als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge des kürzlich bei einem israelischen Luftangriff in Beirut getöteten Hisbollah-Anführers Hassan Nasrallah gehandelt.

Gewaltige Flammen und Rauchschwaden

Vonseiten der israelischen Armee gab es zu den erneuten Angriffen in Beirut zunächst keine Angaben. Die Angriffe erfolgten laut libanesischen Sicherheitskreisen erneut in südlichen Vororten, die vor allem von der Hisbollah kontrolliert werden. Auf Videoaufnahmen waren Detonationen über der Stadt zu hören, gewaltige Flammen und Rauchschwaden stiegen in den Nachthimmel auf. Das libanesische Gesundheitsministerium meldete unterdessen 37 Tote und 151 Verwundete in den vergangenen 24 Stunden nach Angriffen Israels auf den Libanon.

Israels Militär hatte die Bewohner bestimmter Gebäude in den südlichen Vororten in arabischer Sprache zur Evakuierung aufgefordert. Die Angriffe ereigneten sich, während Israels Truppen und Panzer zugleich gegen die Hisbollah im Südlibanon kämpfen. Erklärtes Ziel Israels ist es, die proiranische Schiitenmiliz von der Grenze zu vertreiben, damit rund 60.000 evakuierte Israelis in ihre Häuser zurückkehren können.

Die US-Regierung ist unterdessen weiter mit Israel über eine Reaktion auf den kürzlichen iranischen Raketenangriff im Gespräch. "Wir erörtern mit ihnen, wie eine Reaktion auf den Iran aussehen könnte. Aber hier Details zu erläutern, wie mögliche Ziele aussehen könnten, halte ich nicht für sinnvoll oder wirklich hilfreich", sagte Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh auf die Frage, ob iranische Ölanlagen ein mögliches Ziel seien. US-Präsident Joe Biden hatte gesagt, dass die USA über ihre Haltung zu einem möglichen israelischen Angriff auf iranische Ölanlagen diskutieren. Die Äußerung führte prompt zu Verunsicherung an den Märkten.

Hamas rief zu Demonstrationen auf

In Israel wird am Freitag der zweite Tag des jüdischen Neujahrsfestes begangen. Nach Irans Raketenangriffen im April waren fünf Tage bis zum israelischen Gegenschlag vergangen. Derweil hat die islamistische Hamas zu weltweiten Solidaritätsdemonstrationen von heute an bis zum ersten Jahrestag des Beginns des Gazakrieges am 7. Oktober aufgerufen.

Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen hatten an jenem 7. Oktober 2023 mehr als 1.200 Menschen in Israel getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Dies war der Auslöser für den Gazakrieg. Seither greift die Hisbollah-Miliz im Libanon nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas Israel an. Auch in der Nacht heulten im Norden Israels wieder Warnsirenen, wie die Armee bekannt gab. Ein Flugobjekt, das von Osten in Israels Gebiet eingedrungen sei, sei abgefangen worden.

Zur Flucht aufgefordert

Im Zuge seiner Bodenoffensive im Libanon forderte das israelische Militär die Menschen in Dutzenden Orten im Süden des Landes zur Flucht aufgefordert. Demnach sollen sich die Menschen etwa 60 Kilometer hinter die Grenze in Sicherheit bringen. Ziel der Bodenoffensive sei bisher die Zerstörung von Tunneln und Waffen, die die Hisbollah in der Nähe der Grenze für einen möglichen Angriff auf Israel vorbereitet habe, zitierte das "Wall Street Journal" mehrere über den Einsatz informierte israelische Beamte. Demnach habe das Militär nicht die Absicht, den Einmarsch in einen groß angelegten Landkrieg im Libanon zu verwandeln. Nach Angaben der Armee wurden bei den Kämpfen bisher neun israelische Soldaten getötet.

Israel mit Raketen beschossen

Israel wurde zugleich erneut massiv aus dem Libanon mit Raketen beschossen. Binnen eines Tages seien rund 230 Geschosse und einige Drohnen gezählt worden, die von der Schiitenmiliz Hisbollah auf den Norden Israels abgefeuert worden seien, teilte die israelische Armee am Abend mit. Am Vortag war die Zahl von 140 solcher Angriffe genannt worden. In vielen Ortschaften in Israel heulten immer wieder die Sirenen des Luftalarms. Ein Teil der Geschosse sei abgefangen worden, ein anderer über unbewohntem Gebiet niedergegangen, hieß es. Über mögliche Opfer oder größere Schäden wurde zunächst nichts mitgeteilt.

Die Hisbollah sei zwar nach den jüngsten massiven Angriffen der israelischen Armee geschwächt, habe aber ihre Fähigkeiten als Guerillakampftruppe im Süden des Landes erhalten, zitierte die "Washington Post" einen pensionierten libanesischen Armeegeneral. "Die Hisbollah hofft, dass die Israelis tiefer in den Libanon eindringen werden", sagte er. "Der Luftkrieg, den die Israelis geführt haben, war sehr erfolgreich. Wenn sie am Boden bleiben, wird die Hisbollah den Krieg bekommen, den sie will", sagte Hussein Ibish vom Arab Gulf States Institute, einer Denkfabrik in Washington, dem "Wall Street Journal".

Statt die Erfahrungen vorheriger Bodenoffensiven im Südlibanon von 1978 und 2006 zu wiederholen, die Israel keine dauerhaften Sicherheitsgewinne brachten, ähnele Israels aktueller Krieg im Libanon eher dem Vorgehen gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen, sagte Sanam Vakil, Leiter des Nahostprogramms der Londoner Denkfabrik Chatham House, der US-Zeitung. "Ich gehe davon aus, dass sie, wie im Gazastreifen, die Drohung einer langfristigen Präsenz als Verhandlungsinstrument nutzen werden", so Vakil.

Die Hisbollah hat sich bisher jedem israelischen Druck widersetzt, ihren Raketenbeschuss vom Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen zu entkoppeln. Sie will erst bei einer Waffenruhe in Gaza die Angriffe einstellen. Die monatelangen Bemühungen der USA, Katars und Ägyptens um eine Waffenruhe im Gazastreifen sind jedoch im Sande verlaufen. Die USA als Israels wichtigster Verbündeter verteidigten Israels jüngste Angriffe im Libanon.

"Nichts, was wir bisher gesehen haben, lässt uns zu dem Schluss kommen, dass sie etwas anderes tun, als eine terroristische Organisation anzugreifen", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. Auf Fragen von Journalisten, ob Washington mit Blick auf die Gefährdung der Zivilbevölkerung das Vorgehen Israels im Libanon stillschweigend billige, entgegnete Miller: "Es ist nicht so, dass wir einzelne Angriffe genehmigen. Aber wir billigen das Recht der israelischen Regierung, sich gegen eine Terrororganisation zu verteidigen."

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