Schwierige Zeiten für die türkische Wirtschaft
ANKARA. Das Wachstum der Volkswirtschaft dürfte sicher heuer auf 2,6 Prozent halbieren.
Wirtschaftlich steht die Türkei vor harten Zeiten. Das zeigt die neue Konjunkturprognose des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw). Während die Wirtschaft 2022 noch um 5,6 Prozent gewachsen ist (nach 11,4 Prozent im Jahr 2021), dürfte sich das Wachstum heuer auf 2,6 Prozent halbieren.
Der private Konsum als bisher wichtigste Stütze wird 2023 an Dynamik verlieren. Die Gründe dafür liegen in einer abflauenden Nachfrage nach den Nachholeffekten im Zuge der Erholung von der Corona-Pandemie und einer schwindenden Kaufkraft der Bevölkerung durch die rekordhohe Inflation. Im vergangenen Jahr lag diese bei nicht weniger als 72 Prozent. Auch für heuer rechnet das wiiw mit einer Teuerung von etwas unter 50 Prozent.
Die Frage, wie es mit dem Land nach den Präsidentschaftswahlen weitergeht, sorgt für Verunsicherung. Die Folgeschäden des schweren Erdbebens vom Februar sowie die Auswirkungen der restriktiven Geldpolitik der amerikanischen Notenbank Fed und der EZB in Frankfurt belasten ebenfalls. Die stark in US-Dollar und Euro verschuldete Türkei spürt jeden Zinsschritt erheblich.
Das ohnehin hohe Leistungsbilanzdefizit des Landes, also der Saldo zwischen Exporten und Importen von Waren, Dienstleistungen und Kapital, vergrößerte sich von Jänner bis Februar gegenüber dem Vorjahr zudem um 54 Prozent. Es ist fraglich, wie lange es noch finanziert werden kann.
Auch der Ukraine-Krieg macht sich negativ bemerkbar. Profitierte die Türkei anfangs vom Zustrom russischen Kapitals sowie als Drehscheibe des Handels mit Moskau, sorgt der teilweise Ausfuhr-Stopp für sanktionierte westliche Produkte nach Russland mittlerweile für Verstimmungen mit dem Kreml.
Währungskrise droht
"Wenn die ultraexpansive Geldpolitik fortgesetzt wird, drohen dem Land eine weitere starke Abwertung der Lira und größere Risiken für den Finanzsektor, insbesondere wenn die Fed die Zinsen weiter anhebt", sagt Richard Grieveson, stellvertretender Direktor und Türkei-Experte des wiiw.