Trump-Anhörung am Donnerstag vor dem Obersten US-Gericht
WASHINGTON. Die juristischen Konflikte rund um Donald Trump erstrecken sich bis ins Gebiet des Verfassungsrechts: Am Donnerstag wird sich das oberste US-Gericht in einer Anhörung mit einem Antrag des Ex-Präsidenten befassen, wonach er "absolute präsidentielle Immunität" gegen strafrechtliche Verfolgungen wegen früherer Amtshandlungen genießt.
Die bis etwa Ende Juni erwartete Entscheidung des Supreme Court könnte Auswirkungen auf einen Teil der gegen Trump erhobenen Anklagen haben.
Ein Überblick zur Immunitätsfrage:
- Trumps Verzögerungstaktik:
Dass sich das Oberste Gericht überhaupt mit dem Thema Immunität befasst, ist für Trump bereits ein Erfolg. Er erreichte damit, dass der Strafprozess vor einem Bundesgericht in Washington ausgesetzt wurde, in dem es um die massiven Interventionen geht, mit denen er den Ausgang der Wahl 2020 zu seinen Gunsten kippen wollte, sowie um seine Rolle bei der Kapitol-Erstürmung im Jänner 2021. Dieser Prozess sollte eigentlich am 4. März beginnen. Einen neuen Termin gibt es nicht, da die höchstrichterliche Entscheidung zur Immunität abgewartet wird.
Der Republikaner Trump, der bei der Wahl im November erneut gegen den Demokraten Joe Biden antreten will, setzt in seinen juristischen Auseinandersetzungen auf eine Verzögerungstaktik. Damit will er erreichen, dass der Beginn der Prozesse oder zumindest die Urteile bis nach der Wahl hinausgezögert werden.
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Der Richter in Trumps New Yorker Prozess zu einer Schweigegeldaffäre zeigte sich allerdings von dem Immunitätsantrag unbeeindruckt und ließ das Gerichtsverfahren vergangene Woche beginnen. Dieser Fall gilt allerdings als der am wenigsten gravierende der vier strafrechtlichen Anklagen gegen Trump.
In dem Fall vor der Justiz des Bundesstaats Georgia, in dem es ebenfalls um den Vorwurf der Wahlmanipulation geht, hat die Staatsanwaltschaft den Prozessbeginn für den 5. August beantragt. Auch dieser Fall könnte aber durch die Immunitätsentscheidung beeinflusst werden, ebenso wie die Anklage der Bundesjustiz gegen Trump wegen Mitnahme geheimer Regierungsdokumente in sein Privatanwesen in Florida. Auch hier ist unklar, wann der Prozess starten könnte.
- Die Argumente pro und kontra Immunität:
Nach Auffassung Trumps sollten die US-Präsidenten für so gut wie alle ihre Amtshandlungen gegen strafrechtliche Verfolgung geschützt sein - während ihrer Amtszeit sowie danach. Die Präsidentschaft könne ihre "unerlässliche Unabhängigkeit" nicht bewahren, wenn der Amtsinhaber durch Strafverfolgung nach Ausscheiden aus dem Amt bedroht sei, argumentiert er.
Trump beruft sich auf ein Urteil des Obersten Gerichts von 1982 namens "Nixon v. Fitzgerald". Es besagt, dass der Präsident gegen die Haftung für zivilrechtliche Schäden geschützt ist, die durch seine Amtshandlungen entstehen. Trump möchte dieses Urteil vom Zivil- auf das Strafrecht ausgeweitet sehen.
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Ein wesentlicher Punkt des Streits ist, ob Trumps Umgang mit dem Wahlergebnis von 2020 zu seinen Amtshandlungen gehörte, wie der Ex-Präsident argumentiert. Von dem Sonderermittler Jack Smith wird dies bestritten, er sieht darin ein privates Vorgehen.
Nach Trumps Auffassung ist die Strafverfolgung eines Ex-Präsidenten nur dann zulässig, wenn er wegen derselben Anschuldigung vom US-Senat in einem sogenannten Impeachment-Verfahren für schuldig befunden wurde. Der Rechtspopulist war im Februar 2021 - kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Amt - von der Kongresskammer von den Vorwürfen wegen der Kapitol-Erstürmung freigesprochen worden.
Die Vorinstanzen hatten Trumps Immunitätsansprüche verworfen. Im Februar erklärte ein Bundesberufungsgericht: "Wir können nicht akzeptieren, dass das Amt des Präsidenten seine früheren Inhaber für alle Zeiten über das Gesetz stellt."
- Die möglichen Folgen der Supreme-Court-Entscheidung:
Mit dem Fall betritt das Oberste Gericht Neuland. Die US-Verfassung trifft keine Aussagen zur präsidentiellen Immunität, auch hat der Supreme Court nie zur Strafverfolgung eines US-Präsidenten geurteilt - was daran liegt, dass Trump der erste strafrechtlich angeklagte Ex-US-Präsident der Geschichte ist.
Am Supreme Court gibt es zwar eine klare Mehrheit konservativer Richter, drei von ihnen hatte Trump selbst nominiert. Damit ist ihm der Erfolg jedoch keineswegs garantiert. Experten halten es für unwahrscheinlich, dass die Verfassungsrichter ihm und damit allen Präsidenten die "absolute Immunität" zusprechen.
Möglich ist, dass der Supreme Court eine differenzierte Entscheidung trifft und befindet, dass einige Amtshandlungen der Präsidenten vor Strafverfolgung geschützt sind und andere nicht. Die Abgrenzung im Fall Trumps könnte das Oberste Gericht an eine untergeordnete Instanz delegieren.
Auch dies wäre für ihn allerdings ein Erfolg - der voraussichtliche erneute Präsidentschaftskandidat hätte weitere Zeit gewonnen. Erwartet wird, dass Trump bei seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus die Bundesjustiz anweisen würde, die gegen in erhobenen Anklagen fallenzulassen.
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