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Briten, Orbán, Kleinstparteien: Der EU droht eine Zersplitterung der Macht

Von Annette Gantner, 09. Mai 2019, 00:04 Uhr
Briten, Orbán, Kleinstparteien: Der EU droht eine Zersplitterung der Macht
Die Zahl der Abgeordneten im EU-Parlament bleibt vorerst gleich, sie wird erst nach dem Brexit auf 705 gesenkt. Bild: APA/EPA/PATRICK SEEGER

WIEN / BRÜSSEL. Die EU-Wahl könnte zur Zitterpartie werden, die Ausgangslage ist schwieriger denn je

Die EU-Wahl wird zu einem Härtetest. "Die Fragmentierung im EU-Parlament könnte sich nach der Wahl noch verstärken", warnt Politologe Peter Filzmaier im Gespräch mit den OÖNachrichten. "Die Mehrheitsfindung wird erschwert, die Fraktionen werden noch öfter einen Pakt und ungeliebte Kompromisse schließen müssen." Er erinnert an die Weimarer Republik, wo die hohe Anzahl an Parteien im Parlament dazu geführt hatte, dass Mehrheiten nur noch gegen statt für etwas gefunden wurden.

Vor allem Großbritannien erschwert die Ausgangslage. Eigentlich hätte die Zahl der EU-Abgeordneten von 751 auf 705 gesenkt werden sollen. Doch mit der nun endgültig fixierten Teilnahme der Briten an der EU-Wahl bleiben die alten Wahlmodalitäten erhalten, sie werden vorerst ihre 73 Sitze im EU-Parlament halten. In Umfragen liegt bereits die EU-feindliche Brexit-Partei von Nigel Farage vorne. Theoretisch kann Großbritannien mitbestimmen, wer nächster EU-Kommissionspräsident wird.

"Die Briten haben zugesagt, dass sie an den Sitzungen des EU-Parlaments gar nicht teilnehmen werden, weil das im Status des Austritts absurd wäre", erklärt Filzmaier und fügt hinzu: "Bei den Briten drohen alle analytischen Vernunftsprognosen zu zerschellen." Dass Farage in Umfragen derzeit reüssiert, verwundert den Politologen nicht. Seine Partei habe ohne EU kaum Bedeutung. Der EU-Wahlkampf biete eine Bühne. Die etablierten Parteien könnten hingegen in einem EU-Wahlkampf nicht viel gewinnen. Denn allein schon die Wahlbeteiligung sei eine große Unbekannte. Den Tories droht eine Niederlage, sie sind Mitglied in der konservativen Fraktion EKR und nicht bei der Europäischen Volkspartei.

Die EVP dürfte nach der Wahl im EU-Parlament zwar stärkste Fraktion bleiben. Doch hatte zuletzt Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán erklärt, den deutschen EVP-Kandidaten Manfred Weber nicht zum EU-Kommissionspräsidenten zu wählen. Ohne die ungarischen Stimmen würde die EVP laut Prognose auf 156 Mandate zurückfallen. Die Wahl Webers wird dadurch noch schwieriger.

Hinzu kommt, dass EU-weit am ganz linken und rechten Rand zahlreiche Gruppierungen antreten, die durchaus Chancen auf einen Einzug ins Parlament haben, aber an einer proeuropäischen Politik nicht interessiert sind.

In Österreich ging gestern der EU-Wahlkampf mit den ORF-Kurzduellen in die heiße Phase. In Umfragen liegt die ÖVP vorne.

 

Zwischenbilanz: ÖVP vorne, Voggenhuber ohne Chance

ÖVP: Sie liegt laut OGM-Umfrage mit 31 Prozent auf Platz eins. Meinungsforscher Peter Hajek hat Zweifel, ob es richtig war, mit Othmar Karas und Karoline Edtstadler in die Wahl zu gehen. „Ich glaube nicht, dass diese Zwei-Marken-Strategie aufgehen wird, weil sie beim Wähler Fragezeichen auslöst.“ Von Vorteil sei die EU-affine Wählerschaft.

SPÖ: „Andreas Schieder ist viel, aber kein schillernder Spitzenkandidat“, sagt Politologe Peter Filzmaier. Inhaltlich bietet die Partei wenig, positiv wirkt sich aus, dass jene, die gegen die Regierung sind, zur SPÖ tendieren. In Umfragen rangiert die Partei mit 28 Prozent auf Platz zwei.

FPÖ: Die FPÖ liegt bei 25 Prozent. Vielen FP-Anhängern sei die EU egal, deshalb müsse die Partei stärker mobilisieren, sagt Hajek. Da die FPÖ als Regierungspartei nicht mehr gegen die da oben Stimmung machen könne, „greift sie nun die etablierten Medien an“, ergänzt Filzmaier.

Neos: In Umfragen kommen sie auf sieben Prozent. „Die Neos verkörpern mit Claudia Gamon glaubhaft die jüngere EU-affine Wählerschaft“, sagt Filzmaier. Sie sind auch die einzige Partei, die inhaltlich einen Schritt weitergingen: Beispiel EU-Armee.

Grüne: Die Grünen liegen ex aequo bei sieben Prozent. „Sie besinnen sich bei dieser Wahl auf ihre alten Werte. Der Kampf gegen den Klimawandel ist ein Wiedererkennungsvorteil“, so Hajek.

1 Europa: Kein Mandat dürfte mit zwei Prozent Johannes Voggenhuber mit 1 Europa erzielen. Filzmaier: „Voggenhuber ist es nicht gelungen, sich von den Grünen inhaltlich abzugrenzen.“

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Autorin
Annette Gantner
Redakteurin Innenpolitik
Annette Gantner

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14  Kommentare
14  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
tja (4.605 Kommentare)
am 09.05.2019 14:40

..., "Briten, Orbán, Kleinstparteien: Der EU droht eine Zersplitterung der Macht"

Ging's dem "kleinen mann", der "kleinen frau" gut, ginge es sicher auch der EU gut!

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primavera13 (4.190 Kommentare)
am 09.05.2019 14:00

Putin, Trump und Xi Jinping reiben sich schon die Hände, wenn die Wähler die EU schwächen, indem sie die Rechtpopulisten, Rechtsextremen und Linkspopulisten ihre Stimmen geben.

Dabei sind die großen Blockierer in der EU nicht im EU-Parlament, das wir jetzt wählen oder in der EU-Kommission zu finden, sondern im EU-Rat.

Die 28 EU-ReGIERungschefs verhandeln ihre rein nationalistischen Interessen hinter verschlossenen Türen ohne Öffentlichkeit. Es gibt ungustiöse Deals zwischen den Ländern und blockierende Staaten, die jeden Fortschritt für die EU-Bürger lahmlegen. Ein einzelner Staat fährt durch das Einstimmigkeitsprinzip so oft über 27 andere Länder drüber. Das sind die wahren Blockierer!

Dabei haben die 28 Regierungchefs gar kein demokratisches EU-Mandat. Sie sind zwar nationalstaatlich als Exekutive national gewählt, spielen sich aber im EU-Rat völlig undemokratisch und geheim als Legislative (Gesetzgeber) auf und beschließen EU-Gesetze. Gewaltenteilung ist Ihnen ein Fremdwort.

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primavera13 (4.190 Kommentare)
am 09.05.2019 14:16

Wir brauchen nicht weniger EU, sondern eine Demokratisierung der EU. Mehr Mitbestimmung durch die Bürger statt mehr Rechte für die Blockierer im EU-Rat.

Wenn 28 nichtlegitimierte Regierungschefs im EU-Rat geheim verhandeln, kann sich doch jeder leicht vorstellen, dass da nix gscheites rauskommt für Europa und unsere Zukunft. Nur der kleinste gemeinsame nationalistische Nenner. Und der ist schlecht und vollkommen unausreichend für die Bürger der EU.

Daher brauchen wir eine Demokratisierung der EU. Neben dem Europaparlament eine zweite gewählte Nationale EU-Kammer. Diese tagt dann öffentlich und nachvollziehbar für die Bürger. Die Nationale EU-Kammer muss sich auch vor dem Volk bei Wahlen verantworten für ihre Taten.

Der aktuelle EU-Rat hingegen muss sich auf EU-Ebene nicht vor seinen Bürgern verantworten und kein Mensch weiß, was die 28 hinter verschlossenen Türen ausmauscheln. Ein demokratisches schwarzes Loch mitten in der EU. Eine Perversion der Gewaltenteilung. Diktatur.

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Luftschlossgefahr (2.533 Kommentare)
am 09.05.2019 08:57

Zersplitterung der Macht ist in der Demokratie das kleinere Problem als die Machtkonzentration, die Kurz zweifellos anstrebt. Oder, anders gesagt, die Kleinparteien sind das kleinste Problem der EU.

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max1 (11.582 Kommentare)
am 14.05.2019 06:56

So ist es, doch das EU-Parlament hat ohnehin nichts, nämlich gar nichts zu sagen daher spielt es keine Rolle wie schwierig eine Abstimmung zustande kommt. Letztendlich bestimmt die Kommission mit dem Rat was Sache ist und was in das Parlament kommt. Sollte es keine Mehrheit im Parlament geben gibt es den Weg der vorläufigen Anwendung. Damit ist und bleibt die EU-Regierung voll und ganz handlungsfähig.

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betterthantherest (38.393 Kommentare)
am 09.05.2019 08:40

Die EU wird zunehmend unregierbar.

Kein Wunder, wenn die Parteien der Mitte - die Volksparteien - fast in allen wichtigen Ländern der EU mit Totalversagen glänzen. Sie produzieren komplett am Wählerwillen vorbei. Die Entwicklung in Europa geht rückwärts, die Belastung der Bürger hat ein Höchstmaß errreicht, der Mittelstand schrumpft, die wirtschaftliche Perspektive des hart arbeitenden Wählers ist negativ - im Börsl bleibt bei mehr Leistung immer weniger Geld.

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Luftschlossgefahr (2.533 Kommentare)
am 09.05.2019 09:00

Wenn einer Frau betrügerisch billige Motorsägen verkauft werden, dann sagt ihr, wie naiv, dumm und selbst schuld sie sei. Kurz verkauft uns mehr als billige Motorsägen.

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betterthantherest (38.393 Kommentare)
am 09.05.2019 09:07

Wer ist / sind "ihr"?

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Istehwurst (13.376 Kommentare)
am 09.05.2019 09:44

Kurz verkauft Motorsägen?

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penunce (9.674 Kommentare)
am 09.05.2019 08:39

Wenn sich die "Kleinstaaten" zusammenschließen, was ich bescheiden 🤠 wie bin auch erwarte, dann werden sie die EU diktieren und die Macht übernehmen!

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Luftschlossgefahr (2.533 Kommentare)
am 09.05.2019 09:02

Genau! Die SPÖ hat die EU ganz alleine gemacht und die Linksgrünen wollen jetzt die Macht ergreifen. Den ganzen Kuchen alleine essen und nicht mit dir teilen!

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FuerGerechtigkeit (1.462 Kommentare)
am 09.05.2019 07:49

Sollten die SPÖ und die Grünen bei dieser Wahl zusammen nur 35% erhalten dann wäre das eine ordentliche Watschn, laut Experten werden kaum 50% der Österreicher zu dieser Wahl gehen, und wie man ja aus den ganzen zerstörerischen Demos sieht können die Rot-Grünen ihre Wähler am besten Mobilisieren, da sind sie den anderen Parteien Meilen voraus.

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Luftschlossgefahr (2.533 Kommentare)
am 09.05.2019 09:04

Hihi, du wirst dich noch wundern.

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Analphabet (15.751 Kommentare)
am 09.05.2019 16:40

Den hochintelligenten Politikern in Brüssel ist es in ihrer Verantwortung nicht gelungen diese EU vernünftig zu gestalten, das ist der Grund, weshalb jetzt die Großparteien um ihre Ämter fürchten. Tatsache ist, daß die Arbeiter und der Mittelstand die Verlierer sind. Einzige Gewinner sind die Aktionäre. Gesetze werden nur für die Vorteile der Konzerne beschlossen. Den Gewerbetreibenden macht man das Fortbestehen zur Hölle.

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