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„Tief in der Wildnis, da fühl ich mich wohl“

Von Andreas Kremsner, 19. März 2011, 00:04 Uhr
„Tief in der Wildnis, da fühl ich mich wohl“
Seit 24 Jahren lebt Heide Schütz in Kanada. Bild: privat

Blutig, dreckig, schmierig und stinkend. So mag es Heide Schütz am liebsten. Seit 24 Jahren lebt die gebürtige Oberösterreicherin in den Wäldern Kanadas. Dort, wo Bären und Wölfe ihre Nachbarn sind. Wo Zivilisation noch ein Fremdwort ist und Jäger sich freuen, wenn Schütz ihnen aufkocht, typisch österreichisch natürlich.

Es ist 27 Jahre her, da wurde sie von ihrem Ehemann verlassen. Die ersten drei Jahre kam sie danach nicht zur Ruhe. Dann fand sie endlich ihren Frieden: in den tiefen Wäldern und der Einsamkeit Kanadas.

Heide Schütz blieb dort hängen und will das Leben in Kanada nicht mehr aufgeben. Wenn sie, so wie derzeit, ihre vier Kinder in Österreich besucht, freut sie sich bereits wieder auf ihre Wahlheimat Kanada. Auf ihr Leben als Köchin und Jagdhelferin in der Wildnis von Britisch Columbia.

OÖN: Es geht jetzt wieder zurück in die Wildnis Kanadas. Was nehmen Sie sich aus Österreich mit in Ihre „neue“ Heimat?

Schütz: Kernöl aus der Steiermark und Manner-Wafferl. In Kanada gibt es zwar jede Menge Kürbisse, aber niemand macht daraus Öl. Und die Wafferl in Amerika kann man nicht mit denen hier in Österreich vergleichen. Die schmecken einfach unsagbar gut (sagt sie und lacht dabei übers ganze Gesicht).

OÖN: Worauf freuen Sie sich drüben in Kanada?

Schütz: Vor allem auf die Einsamkeit. Das kann niemand verstehen, der das noch nicht erlebt hat. Je tiefer ich in die Wildnis hineinfahre, umso mehr komme ich nach Hause.

OÖN: Es gibt viele Leute, die kommen mit der Einsamkeit nicht zurecht. Für Sie ist das kein Problem?

Schütz: Nein, überhaupt nicht. Wenn ich tage- oder wochenlang niemanden zu Gesicht bekomme, fühle ich mich wohl. Da kann ich so richtig entspannen.

OÖN: Aber Sie sind ja nicht auf Urlaub dort. Sie arbeiten als „Mädchen für alles“ in Jagdcamps. Trotzdem können Sie dort entspannen?

Schütz: Ja. Vor allem, wenn ich in einem Camp arbeite, wo es keinen Luxus gibt. Wenn es blutig, dreckig, schmierig ist und stinkt, fühl ich mich wohl. Ich bekoche unsere Gäste. Und Sie werden nicht glauben, wie etwa die Amerikaner auf unsere österreichische Küche abfahren. Tafelspitz mit Semmelkren und danach Eispalatschinken, da essen sie sich fast zu Tode.

OÖN: Noch ist keine Jagdsaison in Kanada. Wann beginnt für Sie wieder der Ernst des Lebens?

Schütz: Ab Juni heißt es die Camps vorbereiten. Entweder ich arbeite im Hauptcamp am Muskwa River, oder ich bin in einem der zehn bis zwölf Außencamps. Ich bevorzuge die Arbeit in den kleinen Außencamps. Da bin ich noch weiter weg von der Zivilisation. Da ist alles noch ursprünglicher.

OÖN: Wie schaut für Sie dann ein typischer Arbeitstag aus?

Schütz: Der beginnt, wenn es noch stockfinster ist. Alles vorbereiten für die Gäste. Schließlich sind die Jagdausflüge teuer. Da wollen die Gäste was geboten bekommen. Da gehört natürlich ein zünftiges Frühstück mit ausreichend Kaffee dazu. Und wenn die Gäste am Abend heimkommen, wollen sie wieder gut essen. Und das Erzählen von Abenteuern am Lagerfeuer gehört ebenfalls dazu. Für unsere Gäste habe ich sogar massieren gelernt. So wird mein Arbeitstag noch ein bisserl länger, und ich knete dann die halbe Nacht noch müde Jäger durch, damit die am nächsten Tag wieder fleißig jagen können.

OÖN: Für wie viele Gäste sind Sie zuständig?

Schütz: In der Hauptlodge koche ich für 25 bis 30 Leute. Ich betreue aber auch alle Außencamps.

OÖN: Das heißt, fad wird Ihnen nicht?

Schütz: Nein (lacht). Die Tage sind lang, die Nächte dafür kürzer.

OÖN: Sie sind 67 Jahre alt. Wie lange werden Sie noch arbeiten?

Schütz: Solange ich noch Holz hacken kann, bleibe ich in Kanada. Ich kann mir das mit der Arbeit einteilen. Wenn ich einmal ein Jahr habe, in dem ich nicht arbeiten will, arbeite ich eben nicht. Dann nehme ich mir eine Auszeit und fotografiere Landschaften und Tiere.

OÖN: Ende September ist die Saison für Touristen vorbei. Was machen Sie dann?

Schütz: Ich gehe auf die Jagd. Vor allem auf Hirsche und Elche.

OÖN: Aus Lust am Schießen?

Schütz: Nein. Zum Vergnügen schieße ich nicht. Das ist gesundes Fleisch, und damit fülle ich meine Kühltruhe für den Winter.

OÖN: Was ist für Sie Luxus?

Schütz: Luxus ist das Haus, in dem ich in Kanada wohne. Dort gibt es Strom und Internetanschluss. Fließendes warmes und kaltes Wasser, und das alles rund 30 Kilometer von der nächsten Stadt entfernt. Traumhaft!

OÖN: Sind Sie schon eine waschechte Kanadierin geworden?

Schütz: Nein. Ich werde immer die Zugereiste sein. Auch wenn ich die Sprache perfekt beherrsche, sogar perfekt auf Englisch fluchen kann. Ich werde auch meine österreichische Staatsbürgerschaft nicht abgeben. Für Kanada habe ich eine Daueraufenthaltsgenehmigung. Das ist perfekt so.

OÖN: Bringt Ihnen eine Daueraufenthaltsgenehmigung Vorteile?

Schütz: Ja. Ich darf alles machen, was auch die Kanadier dürfen. Nur zur Wahl darf ich nicht gehen.

OÖN: Sie kommen fast jedes Jahr für ein paar Wochen nach Österreich und besuchen Ihre vier Kinder. Worauf freuen Sie sich, wenn Sie in Wien am Flughafen ankommen?

Schütz: (lacht) Auf einen Kornspitz mit Leberkäs. So was kennen sie nicht in Kanada.

OÖN: Fehlt Ihnen Österreich ab und zu?

Schütz: Was mir ab und zu abgeht, sind die blühenden Obstbäume. So was haben wir drüben nicht. Vor zwei Jahren bin ich extra im Frühling nach Österreich gekommen, um das wieder einmal zu erleben. Es war traumhaft schön.

Buch "An kanadischen Lagerfeuern":

In ihrem dritten Buch „An kanadischen Lagerfeuern“ gewährt sie Einblicke in ihre Welt. Unter anderem schreibt sie, worüber Männer reden, wenn sie auf der Jagd sind. Für den Großteil der Männer, so schreibt Schütz, mache es keinen Sinn, Unmengen von Equipment in das Auto zu packen, stundenlang durch die Landschaft zu fahren, sich in einer hundehüttenartigen Unterkunft einzuquartieren, im Rauch eines undichten Holzofens fast zu ersticken, sich die Füße halb abzufrieren, um dann nur alte, abgestandene Witze über Frauen und Sex zu hören. Da gebe es aufregendere Dinge zu besprechen. Etwa, ob das Swarovski-Glas besser ist als das von Leitz. Welche Blattmuster an der Tarnkleidung sich für welche Jahreszeit eignen, oder ob man die .270 Winchester nicht besser gegen eine .30-06 eintauschen soll, etc. Wer würde schon die kostbare Zeit verschwenden und von Sex reden, wenn man mit Fachleuten höchsten Ranges für einige Tage auf Hirschjagd gehen kann?

In einfacher Sprache schreibt Heide Schütz aber auch über die vielen Gefahren, die in Kanadas Wäldern lauern. Etwa über den Umgang mit Bären. So berichtet sie über einen Kalifornier, der nach Kanada ausgewandert war, um Bären zu helfen – seinen Brüdern, wie er sie nannte. Das Kapitel endet grausam. Der Mann und seine Freundin wurden von einem Bären gefressen, weil sie die Warnungen von Einheimischen und Indianern missachtet hatten und den Sicherheitsabstand zu Bären nicht einhielten. Der schreckliche Vorfall wurde von einer Videokamera aufgenommen, die der Kalifornier laufen ließ.

Das Buch „ An kanadischen Lagerfeuern“ ist im Kosmos-Verlag erschienen. ISBN; 978-3-440-119990, 19,90 Euro

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