Bewährung für Anton Schlecker, Freiheitsstrafen für seine Kinder
STUTTGART. Drogeriemarkt-Gründer entging einer Haftstrafe – Tochter und Sohn sollen ins Gefängnis.
Im Jänner kommenden Jahres jährt sich die Pleite der deutschen Drogeriemarkt-Kette Schlecker zum sechsten Mal. Gestern, Montag, fielen am Stuttgarter Landesgericht in einem Strafprozess Urteile gegen die Verantwortlichen: Unternehmensgründer Anton Schlecker sowie seine Tochter Meike und sein Sohn Lars.
Die Pleite an sich war nicht das zentrale Thema, sondern die Frage, wann Schlecker die drohende Zahlungsunfähigkeit erkannt hat oder hätte erkennen müssen.
Gegen Anton Schlecker verhängten die Richter wegen schweren Bankrotts eine zweijährige Bewährungsstrafe. Zudem soll der 73-Jährige eine Geldstrafe von 54.000 Euro zahlen.
Während der Firmengründer einer Haftstrafe entging, fassten seine Kinder Freiheitsstrafen aus. Lars Schlecker soll für zwei Jahre und neun Monate hinter Gitter, seine Schwester Meike für zwei Jahre und acht Monate. Den beiden waren Insolvenzverschleppung, Untreue und Betrug vorgeworfen worden.
Alle drei Urteile sind nicht rechtskräftig. Die Verteidiger von Anton Schlecker wollen das Urteil analysieren und erst danach über einen möglichen Revisionsantrag entscheiden. Es sei ein sehr komplexes Verfahren gewesen, sagte Rechtsanwalt Norbert Scharf.
Millionen auf Privatkonten
Die Urteilsbegründung des Gerichts stützt sich auf die Ereignisse kurz vor der Pleite der Drogeriemarktkette im Jänner 2012: Demnach soll die Familie ihrem Konzern Vermögen entzogen haben, um es vor Gläubigern zu schützen. Anton Schlecker musste als eingetragener Kaufmann mit seinem Privatvermögen für die Schulden des Konzerns haften.
Unter anderem soll der Schlecker-Konzern zu hohe Stundensätze an die Logistik-Tochter LDG gezahlt haben – diese gehörte Lars und Meike Schlecker.
Der schwerste Vorwurf gegen die beiden Geschwister betraf eine Gewinnausschüttung wenige Tage vor dem Insolvenzantrag. Lars und Meike ließen sich per Blitzüberweisung je 3,5 Millionen Euro von ihrem Unternehmen LDG auf ihr Privatkonto transferieren. Die Anklage wertete das als Untreue.
Aufstieg der Drogeriekette
Einst galt Schlecker als größte Drogeriemarktkette Europas. Anton Schlecker, gelernter Fleischer, eröffnete als 23-Jähriger das erste Selbstbedienungs-Warenhaus in Ehingen (Baden-Württemberg). Als die Preisbindung für Markenartikel 1974 für unzulässig erklärt wurde, sperrte Schlecker ein Jahr später seinen ersten Drogeriemarkt auf. 1977 hatte er bereits 100 Filialen. Schlecker expandierte – ab 1987 auch ins Ausland. Österreich war die erste Adresse. "Schlecker Österreich" wurde am 27. August 1987 in Pucking in Linz-Land gegründet. Später folgten Märkte in Spanien, den Niederlanden und Frankreich.
1994 betrieb Schlecker eigenen Angaben zufolge bereits 5000 Filialen. Damals wurden erstmals Stimmen der Gewerkschaft laut, Mitarbeiter würden schikaniert und schlecht bezahlt. Schlecker sprach von Einzelfällen.
Rote statt schwarze Zahlen
2007 hatte die Drogeriemarktkette 14.000 Märkte in 13 Ländern und galt als Marktführer in Europa. Doch Schlecker schrieb keine schwarzen, sondern rote Zahlen: Das Konzept mit niedrigen Durchschnittsumsätzen pro Filiale und hohen Kosten und Preisen klappte nicht mehr. Während Schlecker viele Läden in umsatzschwachen Gebieten eröffnete, investierten die Konkurrenten dm und Rossmann längst in größere, attraktiv gestaltete Filialen. Als Schlecker umschwenken wollte, fehlte Geld.
2011 wurden Hunderte Filialen geschlossen, ehe Schlecker Anfang 2012 in die Insolvenz schlitterte.
Linzer Schlecker-Prozess startet am 12. Dezember
Der strafrechtliche Prozess ist abgeschlossen, zivilrechtlich muss sich die Familie Schlecker erneut vor Gericht verantworten. Am 12. Dezember startet ein Prozess am Linzer Landesgericht. Es geht um die Schlecker-Nachfolgefirma dayli. Deren Masseverwalter, der Linzer Anwalt Rudolf Mitterlehner, klagt die Ehefrau (Christa) und die Kinder des Drogeriemarkt-Gründers auf 20 Millionen Euro Schadenersatz. Mitterlehner wirft Christa, Meike und Lars vor, als Aufsichtsratsmitglieder der österreichischen Schlecker-Gesellschaft gesetzeswidrige Zahlungen, die über den in der Bilanz ausgewiesenen Gewinn hinausgingen, genehmigt zu haben. Von 2008 bis 2011 soll Schlecker Österreich ihrem Gesellschafter in Deutschland – Anton Schlecker als Einzelunternehmer – 174 Millionen Euro geliehen haben. dayli ging 2013 pleite, 3500 Mitarbeiter verloren ihren Job.
Müssen die Kinder auch das " versteckte " Geld zurückgeben ?
oder können sie nach absetzen der Strafe ein Luxusleben führen ?