Runtastic als digitales Labor der drei Streifen
PASCHING. Runtastic-Chef Florian Gschwandtner über den Beitrag seiner Firma zum Adidas-Erfolg.
Am Montag veröffentlicht Adidas seine Bilanz für 2017. Der Sportartikelkonzern wächst dank des Digitalgeschäfts stark. Seit Sommer 2015 ist die oberösterreichische Fitness-App Runtastic eine Tochter von Adidas. Mitgründer und Geschäftsführer Florian Gschwandtner erklärt, warum Runtastic für Adidas der Türöffner in die digitale Welt ist.
OÖN: Adidas hat 2017 die Umsatzmarke von 20 Milliarden Euro übersprungen. Adidas-Chef Carsten Rorsted begründet dies mit Fortschritten im Digitalbereich. Welchen Beitrag liefert Runtastic für Adidas?
Gschwandtner: Wir tauschen mit Adidas Wissen im digitalen Bereich aus. Runtastic ist zu hundert Prozent eine digitale Firma. Wir wissen, wie man eine App und eine digitale Geschäftseinheit aufbaut.
Gibt es erste Erfolge?
Adidas hat kürzlich eine Shopping-App auf den Markt gebracht, bei der wir mitgewirkt haben. Im Herbst bin ich mit Adidas-Vorständen im Silicon Valley gewesen. Wir haben die Chefs von Google, Microsoft und Facebook getroffen, um zu zeigen, dass Adidas eine Firma ist, die "digital first" denkt.
Ist Runtastic für Adidas der Türöffner in die digitale Welt?
Die Türen würden auch ohne uns aufgehen. Aber wir haben eine gute Reputation und Kontakte, die wir jahrelang aufgebaut haben. Runtastic hat Google & Co in der Vergangenheit gezeigt, dass wir agil und auf Augenhöhe sind. Das hat uns im Silicon Valley Vertrauen und Respekt eingebracht.
Was kann ein Konzern wie Adidas von Runtastic lernen?
Drei Sachen: Erstens, Adidas produziert Schuhe und Sportbekleidung mit Vorlaufzeiten von mehr als einem Jahr. Digital kann ich aber nichts planen, was erst in eineinhalb Jahren herauskommt, weil die Technologie längst überholt ist. Wir versuchen, diese beiden Welten zu verheiraten. Es geht um Geschwindigkeit und darum, Prioritäten richtig zu setzen. Zweitens, wie kreiert man eine Unternehmenskultur, die digitale Talente anzieht. Und drittens: Wie kann man mit wenig Geld großartige Projekte und Kampagnen umsetzen. Es ist nicht immer gut, viel Geld zu haben. Start-ups haben selten Geld und machen deshalb oft Unmögliches möglich.
Und wie hat sich Runtastic unter dem Adidas-Dach verändert?
Es hat sich gar nicht so viel verändert. Wir haben eine "Firewall" zwischen Adidas und uns eingezogen. Eric Liedtke (Anm.: Adidas-Markenvorstand) und ich kommunizieren direkt, es laufen nicht tausend Adidas-Leute bei Runtastic ein. Wir sind keine Geschäftseinheit von Adidas geworden, sondern eine eigenständige Firma geblieben und machen gezielte Projekte. Wir sind aber auch nach wie vor in der Aufbauphase. Im Mai wird es erstmals eine Produktintegration geben. Wir lernen extrem viel – vor allem wie ein erfolgreiches Unternehmen funktioniert, das einen Umsatz im zweistelligen Milliardenbereich macht.
Was war für Sie persönlich der größte Aha-Effekt?
Dass auch in einem so großen Konzern nur Menschen arbeiten, die Fehler machen und die gleichen Herausforderungen haben wie wir zum Beispiel bei der Team-Motivation. Nur haben wir 230 Leute und Adidas 60.000.
Wie kann es langfristig gelingen, dass die Marke Adidas die Marke Runtastic nicht überstrahlt?
Adidas ist eine Weltmarke. Im digitalen Bereich ist Runtastic aber stärker. Wir wollen die Marken verheiraten, zum Beispiel in Form eines gemeinsamen Logos. Die Angst, dass die Marke Runtastic verloren geht, habe ich nicht.
In welche Richtung entwickelt sich Runtastic?
Ein interessantes Thema wird der chinesische Markt, wo wir gerade eine eigene Firma gegründet haben. Er ist kulturell und technisch nicht so leicht zu erschließen. Unser Produkt muss für WeChat und Alipay umgebaut werden.
Was hat sich für Sie persönlich geändert?
Ich kann nicht mehr überall im Detail dabei sein. Die Firma ist gewachsen, aber ich skaliere nicht mit, auch wenn ich 18 Stunden am Tag arbeite. Ich fokussiere mich in den vergangenen eineinhalb Jahren auf Delegation und Führung.
Die Fitness-App
2015 wurde Runtastic von Adidas zu 100 Prozent übernommen. Der Kaufpreis lag bei 220 Millionen Euro.
Zwei Jahre zuvor hatte das Berliner Verlagshaus Axel Springer bereits 50,1 Prozent der Runtastic-Anteile von den vier oberösterreichischen Gründern Florian Gschwandtner, Alfred Luger, René Giretzlehner und Christian Kaar übernommen. Alle vier Gründer arbeiten im Unternehmen nach wie vor operativ mit.
Mit rund 110 Millionen registrierten Nutzern und 210 Millionen App-Downloads ist das Unternehmen mit Sitz in der PlusCity in Pasching Österreichs erfolgreichste App.
Bullshit.