Das packen wir!
Wie Produkte nachhaltig und gut geschützt zu den Kunden kommen: Oberösterreichs Unternehmen sind mit dabei.
Oberösterreichs Verpackungsindustrie mit Leitbetrieben wie Smurfit Kappa Interwell oder Greiner wird für die Konsumenten grüner. Denn Nachhaltigkeit im Konsum wird besonders in der jungen Generation großgeschrieben. Dies auch nach der Covid-19-Pandemie, sind sich die Unternehmen sicher.
Man begegnet sich ja täglich: im Supermarkt, im Schnellrestaurant, beim Paketboten. Denn ohne Wellpappe geht es nicht. Smurfit Kappa Interwell in Haid/Ansfelden packt das smart. Denn die Wellpappe, die aus ungebleichtem Papier der benachbarten Schwester Smurfit Kappa Nettingsdorf stammt, kommt, umgearbeitet in Verpackung, immer öfter ohne Kunststoff aus. Dies gilt etwa für den Verpackungsunterbau von Getränkedosen, im Fachjargon auch "Trays" genannt.
Covid-19-Pandemie schärft Bewusstsein
Dort war früher Kunststofffolie mit dabei, die nun nicht mehr nötig ist. Das summiert sich bei Smurfit Kappa Interwell bei rund einer Million Trays pro Jahr zu einer satten Einsparung von 34 Fußballfeldern Plastikfolie. So ganz nebenbei werden 40 Tonnen CO2 eingespart.
Das freut auch Interwell-Geschäftsführer Michael Haingartner. "Unsere Wellpappeverpackungen bieten neben einem optimalen Produktschutz nachhaltige Lösungen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft", sagt Haingartner. Obendrein könne man gerade in Covid-19-Zeiten mit dem Online-Handel im Aufwind diese Vorteile noch besser ausspielen, so der Chef des Unternehmens mit 150 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 50 Millionen Euro.
Auch beim Kunststoff-Verpackungsspezialisten Greiner in Kremsmünster tritt man auf dem Nachhaltigkeitspfad fester auf. Dies nicht zuletzt, weil Umfragen zeigen, dass mittlerweile sechs von zehn Konsumenten von "ihren" Marken erwarten, dass sie klare Nachhaltigkeitspraktiken verfolgen. Bei jungen Verbrauchern, den um die Jahrtausendwende geborenen "Millennials", ist dieser Anteil noch höher.
Auch Greiner mit "grüner" Strategie
"Die Zukunft liegt im Recycling, also in einem Zyklus, in dem ein Produkt am Ende seines Lebens wieder in den Werkstoffkreislauf zurückgelangt – und zwar als Rohstoff für neue Produkte", sagt Greiner-Chef Axel Kühner. Sein stärkster Konzern-Bereich ist die Sparte Verpackung mit einem Umsatz von 690 Millionen Euro im Jahr 2019 von insgesamt 1,68 Milliarden Euro – dies noch vor dem Medizinsektor Bio-One mit 509 Millionen Euro.
Wie es heuer Covid-19-bedingt aussieht, will Kühner noch nicht schätzen. Doch der Greiner-Chef ist zuversichtlich, "den größten Teil" des entgangenen Geschäfts aufzuholen. Der Greiner-Konzern hat sich bereits 2016 eine Nachhaltigkeitsstrategie verpasst. Dies ist lange vor der Debatte um das "böse Plastik", ein Pfandsystem für Kunststoff-Flaschen und EU-Strafzahlungen für nicht recycelte Tonnen Plastik geschehen.
Dass Oberösterreich die Nase vorne hat, ist kein Zufall. In keiner Branche wie jener des Kunststoffes ist Wissen so konzentriert wie hierzulande. Die Kette beginnt im Chemiepark im Linz, wo die OMV-Beteiligung Borealis seit 2009 an der Weiterentwicklung von Basischemikalien und innovativen Lösungen für die Kunststoffindustrie forscht. Auch bei Anlagen- und Werkzeugbau ist Oberösterreich etwa mit Spritzgussmaschinenhersteller Engel in Schwertberg und Haidlmair in Nußbach führend. SML in Redlham stellt Schrumpffolien für Paletten her und Greiner auch die extradünnen, mit Pappe ummantelten Joghurtbecher. Dass es optimal wäre, wenn alle Konsumenten diese Komponenten nach dem Genuss des Inhalts getrennt entsorgen würden (was viele nicht machen), steht auf einem anderen Blatt. Obendrein sind in Oberösterreich führende Hersteller von Kunststoff-Recyclingmaschinen ansässig, wie etwa Erema in Ansfelden und Bage Plastics in St. Marien und Wolfern.
Mit Blick auf Nachhaltigkeit und damit "grüne" Verpackungen hat sich heuer im Frühling ein Schulterschluss der Verpacker formiert, der die gesamte Wertschöpfungskette abbildet. In der Plattform "Verpackung mit Zukunft" haben sich die Unternehmen Greiner, Engel, Erema, Nestle, Coca-Cola, Kunststoffverpacker Alpla und Entsorger Interseroh zusammengeschlossen. Die sieben Unternehmen beschäftigen zusammen 40.000 Mitarbeiter und setzen pro Jahr mehr als neun Milliarden Euro um. "Wir wollen die Kräfte bündeln und Bewusstsein schaffen", sagt Greiner-Chef Kühner.
Mayr-Melnhof verpackt schlau
Auch der Verpackungsspezialist Mayr-Melnhof, zu dem seit 2019 die Tochter Tann-Papier in Traun gehört, ist innovativ unterwegs. Bei der letzten Verleihung der European Carton Excellence Awards konnte Mayr-Melnhof Karton gleich acht Preise mit nach Hause nehmen. Einen gab es etwa für eine Waschmittelverpackung, bei der der frühere sperrige Plastikdosierer durch einen aus Recyclingkarton ersetzt wurde, der platzsparend flach gefaltet im Karton ruht und diesen so auch noch kleiner macht.
Die börsenotierte Mayr-Melnhof Karton AG ist einer der größten Hersteller von Karton auf Recyclingpapierbasis und ein führender Produzent von Faltschachteln. Die Gruppe hat mehr als 10.100 Beschäftigte und erwirtschaftete 2019 einen Umsatz von 2,5 Milliarden Euro.
Dass Nachhaltigkeit und Kundenbewusstsein auch, was die Verpackungen betrifft, kein vorübergehendes Phänomen ist, darüber ist sich die Verpackungsbranche einig. Man müsse aber versuchen, eine Balance zwischen Nachhaltigkeit und Rentabilität zu finden, so lautet ihr Tenor.
Scharf rechnen für die Umwelt
Eine Herausforderung ist, die "Nachhaltigkeit" in Zahlen und Fakten zu gießen, also messbar zu machen. Langsam setzt sich dafür ein neues Instrument, die "Ökologische Gewinn- und Verlustrechnung", durch. Sie ist ein Werkzeug, das hilft, die Umweltbilanz eines Unternehmens in Zahlen zu fassen; etwa wie eine Lieferkette in Hinblick auf Klimafaktoren wie CO2-Emission, Wasserverbrauch und Landnutzung abschneidet.
Eine Umfrage vom heurigen Jänner, die Smurfit Kappa mit dem zur Financial Times gehörenden Unternehmen Longitude unter 200 Managern durchführen ließ, zeigt, dass das Thema Nachhaltigkeit in den Führungsetagen angekommen ist. Demnach sehen 83 Prozent Nachhaltigkeit als Geschäftsmöglichkeit. 72 Prozent betrachten Nachhaltigkeit als dauerhaften Trend, und 74 Prozent wollen nicht, dass ihre Konkurrenten einen Vorsprung in diesem Bereich entwickeln.
Außerdem wurden 1500 Konsumenten interviewt, um deren Einstellung im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu ergründen. "Schon Anfang der 2000er-Jahre gab es Hinweise, dass das Thema Nachhaltigkeit nachhaltig und kein kurzfristiger Trend ist", sagt Steven Stoffer, Vizechef des Unternehmensbereichs Nachhaltigkeit und Entwicklung bei Smurfit Kappa mit weltweit 46.000 Mitarbeitern und 350 Niederlassungen.
Den Planeten nicht ruinieren
Zuerst sei es der Druck von Kunden des täglichen Bedarfs gewesen, "den Planeten nicht zu ruinieren". Der zweite Schub sei das Aufkommen des Emissionshandels der EU gewesen. Nun geben die Covid-19-Pandemie und das Streben nach Transparenz in der Konsumgüterwelt weiter Aufwind.
Besonders im Verpackungsvisier mancher Konsumenten sind Fastfood-Unternehmen. Auch bei McDonald’s möchte man Verpackungen nachhaltiger gestalten. Bis 2025 sollen dort alle Verpackungsmaterialien aus erneuerbaren, recycelten oder zertifizierten Stellen stammen. Experimente gab es mit Burger, die in Graspapier gewickelt wurden, mit Papierstrohhalmen und Holzlöffeln. Nordsee arbeitet gar mit der Hochschule Bremerhaven an Verpackungen aus Algen. Der indonesische Hersteller Evoware bietet so etwas bereits an. Sie sind hitzebeständig, bedruckbar und halten zwei Jahre. Neben mehr Hinwendung zu Nachhaltigkeit gewinnt "dank Corona" bei Verpackungen ein weiterer Aspekt an Bedeutung: die Hygiene. Verpackungen seien nun kein zu vermeidendes Beiwerk mehr, sondern es rücke auch der Produktschutz gegen Viren und Bakterien wieder in den Vordergrund, sagt Greiner-Chef Kühner. Und: Es müsse der Sammelanteil erhöht werden, sonst setzt es EU-Strafen für Österreich, was dem Image des Plastiks nicht zuträglich sei.
Verpackung kann eben mehr als nur schützen: nämlich auch heftige Debatten entfachen.
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