JKU-Forscher schafften weltweiten Durchbruch in der Quantenoptik
LINZ. Halbleiterherstellung: Mit der Methode, die in Linz entwickelt wurde, lassen sich wertvolle Farbdefekte gezielt und ohne Kollateralschäden erzeugen.
In nahezu jedem Elektrogerät – vom Smartphone über den Computer bis zum Pkw – sind Halbleiter verbaut. Dabei erledigen sie als winzige Bauelemente in Mikrochips notwendige Schalt- und Rechenprozesse zur Steuerung der jeweiligen Geräte. Nicht zuletzt deshalb werden sie oft als das „Fundament der modernen Technologie“ bezeichnet.
Bei der Herstellung von Silizium-basierten Halbleitern ist nun einem internationalen Team von Forschern aus Schweden, Italien, Deutschland, Ungarn und Österreich ein Durchbruch gelungen.
Geführt und koordiniert wurde das Projekt von Wissenschaftern der Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz. Die für Laien komplexe Materie verständlich zu erklären versucht, hat der Erstautor der Studie, Johannes Aberl vom JKU-Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik, im Gespräch mit den OÖN.
Kontrollierte Entstehung
Im Zentrum der Forschung stehen sogenannte Farbzentren, die bei der Herstellung von Silizium-Kristallgittern für Halbleiter entstehen. Dabei handelt es sich um „Defekte“, die als Quellen von Lichtquanten genutzt werden können. „Die Lichtwellenlänge dieser Farbzentren liegt innerhalb des Bereichs, der auch in der Telekommunikation, vor allem bei Glasfasern eine Rolle spielt.“
Und hier liegt der Nutzen: „Diese Wellenlänge wird in der Herstellung von Quantencomputern eine entscheidende Rolle spielen“, um den Austausch von Quanteninformation über längere Strecken via Lichtteilchen, sogenannten Photonen, zu ermöglichen.
Der revolutionäre Teil in der Forschungsarbeit liegt in der Herstellung ebenjener Farbzentren: „Mit dem Verfahren, das bisher dafür genutzt wurde, war es nur sehr eingeschränkt möglich zu kontrollieren, wo genau innerhalb des Siliziumkristalls die Farbzentren eigentlich entstehen.“ Auch Kollateralschäden im Kristallgitter seien die Folge.
In der Hochvakuumkammer
Anders die Methode, die vom Forscherteam der JKU entwickelt wurde: Diese basiert auf dem Verfahren der Epitaxie, was eine Form des Kristallwachstums bezeichnet. Dabei wird dem Silizium bei hohen Temperaturen langsam Zeit gegeben, möglichst einheitlich zu wachsen. Das Kristallwachstum wird zudem in einer Ultrahochvakuumkammer durchgeführt und so unerwünschte Verunreinigung verhindert.
Die JKU-Physiker geben dabei dem Kristall, bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen unter 300 Grad Celsius, eine kleine Menge Kohlenstoffatome bei. Dadurch kann die Position und Dicke der Schicht, in der sich die Farbzentren im fertigen Kristall befinden, kontrolliert werden.
Dadurch werde es laut dem JKU-Forscher weitaus einfacher, die gewünschten Farbzentren in Kombination mit verschiedenen Halbleiterbauelementen zu nutzen. Die Methode, die an der JKU angewandt wird, sei zudem bislang weltweit einzigartig. „Was sich langfristig aus unserer Forschung ergibt, ist derzeit noch schwer abzuschätzen, die Möglichkeiten, insbesondere im Bereich der Quantenphotonik, sind aber auf jeden Fall vielfältig.“
Breite Verfügbarkeit
Silizium als Material sei laut Aberl nicht nur aufgrund seiner Eigenschaften, sondern auch wegen seiner Kompatibilität mit bestehenden Produktionsverfahren von Halbleiter-Bauelementen und der breiten Verfügbarkeit vielversprechend. „Silizium wird, einfach gesagt, aus Sand hergestellt – andere Materialien, die für Halbleiter benötigt werden, etwa Indium, sind in ihrem Vorkommen vergleichsweise selten.“