ÖIF-Immobilien: Auftakt für Untreue-Prozess
WIEN. Ohne den Hauptangeklagten hat am Montag im Straflandesgericht Wien der Prozess rund um angeblich zu günstig verkaufte Immobilien des Integrationsfonds (ÖIF) begonnen.
Der ehemalige ÖIF-Geschäftsführer ließ eine Reise-Buchungsbestätigung vorlegen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft ihm sowie vier weiteren Personen bzw. zwei Verbänden Untreue bzw. Bestimmung und Beteiligung daran vor. So soll ein Schaden von mehr als 10 Millionen Euro entstanden sein. Laut WKStA hätten die Angeklagten mittels selbst erstellter Gutachten bzw. Deckangeboten den ÖIF getäuscht und "geplündert". Der Ex-ÖIF-Geschäftsführer und die anderen Angeklagten, darunter ein ehemaliger Kabinettschef des Innenministeriums, seien langjährige Freunde bzw. Geschäftspartner gewesen. Die geplante Umstrukturierung des Immobilienportfolios des ÖIF sei genutzt worden, um Liegenschaften und Wohnungen zum "Spottpreis" zu erwerben. Insgesamt soll ein Schaden von mehr als zehn Mio. Euro entstanden sein.
"Tafelsilber" des ÖIF
Die fraglichen Immobilien wurden im Zeitraum 2006 bis 2009 verkauft. Der ÖIF hatte sich kurz davor aus der Wohnraumbeschaffung für Flüchtlinge zurückgezogen und veräußerte anschließend seinen Immobilienbestand. "Das war eine Zeit, wo Privatisierung ein gern gehörtes Wort war", hieß es im Eröffnungsplädoyer der WKStA. Damals habe man das "Tafelsilber" des ÖIF verkauft.
Sämtliche Angeklagte seien Spezialisten im Immobilienbereich gewesen, so der Anklagevertreter. Sie hätten gewusst, dass man dafür Gutachten brauche und an den Bestbieter verkaufen müsse. Daher habe man für das ÖIF-Kuratorium eine "zweite Realität" aufgezogen und über sich selbst bzw. befreundete Unternehmen Gefälligkeitsgutachten erstellt und etwa die vermeintliche Baufälligkeit von Immobilien bescheinigt.
Aufgrund der Abwesenheit des Hauptangeklagten und eines weiteren Angeklagten wurde das Verfahren gegen diese ausgeschieden. Zumindest jenes gegen den Ex-ÖIF-Geschäftsführer soll beim nächsten Termin technisch wieder einbezogen werden.
14 Terabyte an Daten sichergestellt
Die WKStA hatte nach einem kritischen Rechnungshofbericht 2015 zu ermitteln begonnen. Unter anderem gab es in dem umfangreichen Verfahren rund 25 Hausdurchsuchungen, rund 14 Terabyte an Daten wurden sichergestellt. Außerdem wurden 30 Konten geöffnet. Die WKStA stützt ihre Anklage unter anderem auf Sachverständigengutachten zur Liegenschaftsbewertung. Der ÖIF hat sich als Privatbeteiligter dem Verfahren angeschlossen.
Im Fall eines Schuldspruchs drohen den Angeklagten Haftstrafen von bis zu zehn Jahren. Vorerst sind in dem Schöffenverfahren bis zum 10. September vier Verhandlungstage anberaumt.