"Temu kann ein Konkurrent für Amazon werden"
LINZ. Ein rotes Abendkleid für rund zehn, eine Silikon-Backmatte für fünf Euro. Und die Teller in Weihnachtsbaum-Optik gibt es schon für 2,24 Euro das Stück. Mit niedrigen Preisen, Rabatten von bis zu minus 90 Prozent und ausgefallenen Ideen macht die chinesische Onlinehandelsplattform Temu von sich reden. Seit heuer ist sie in Europa präsent. Obwohl das Österreichische Institut für angewandte Telekommunikation und auch Konsumentenschützer vor problematischen Angeboten warnen (mehr dazu auf nachrichten.at/wirtschaft), ist Temu auf dem Vormarsch: 76 Prozent der Österreicher, die online einkaufen, haben bereits davon gehört, wie aus einer Studie des Instituts für Handel, Absatz und Marketing (IHaM) der Linzer JKU hervorgeht. 98 Prozent kennen den US-Konkurrenten Amazon.
Den Onlineshop von Amazon haben sich bereits 95 Prozent der Onlineeinkäufer angesehen, bei Temu sind es 56 Prozent (Anfang Oktober: 46 Prozent). Das Interesse steigt, auch weil Temu massiv Werbung in den sozialen Medien schaltet. Dazu kommt der Spargedanke: "Billig ist auf dem Vormarsch", sagt IHaM-Vorstand Christoph Teller: "Die Krise ist in den Köpfen der Menschen, und entsprechend richten sie ihr Verhalten aus." Billig sei das entscheidende Unterscheidungsmerkmal zu Amazon. Auf Platz drei der Top-Einkaufsgründe bei Temu wurde genannt, dass der Anbieter günstiger sei als andere Onlinehändler. Zum Vergleich: Amazon punktet neben einer großen Auswahl vor allem mit schneller und verlässlicher Lieferung.
Wer hinter Temu steckt
Aktuell bremst laut Teller noch fehlendes Vertrauen der Konsumenten eine noch raschere Expansion. Anfang November hatten 29 Prozent der Onlineeinkäufer Temu ausprobiert.
Den Vergleich der beiden Onlinehändler würde Amazon noch klar gewinnen: "Temu kann aber durchaus ein Konkurrent werden", sagt Teller. Der chinesische Anbieter sei nicht nur ein Hype. Anbieter von Billigprodukten würden häufig gute Margen erzielen: "Die Menge macht den Unterschied." Auch wenn die Kunden von der Qualität nicht überzeugt seien, würden viele den Aufwand des Zurückschickens scheuen.
Hinter Temu steckt das chinesische Unternehmen PDD Holdings: Es wurde 2015 von einem chinesischen Milliardär namens Colin Huang gegründet, der eine berufliche Vergangenheit bei Microsoft und Google hat und in China einen Onlineversand für landwirtschaftliche Produkte gründete. Pinduoduo hat sich zum 24-Stunden-Anbieter für Lebensmittel entwickelt. Die Schwesterfirma, Temu, ist seit rund einem Jahr im Ausland aktiv.
Dass die Lieferzeiten derzeit zum Teil noch bei mehreren Wochen lägen, schrecke viele nicht ab: "Das wird für den günstigen Preis in Kauf genommen", sagt Teller.
Dass der Vormarsch von Temu zulasten des stationären Handels geht, glaubt er nicht: "Die Onlineanbieter kannibalisieren sich fürs Erste gegenseitig." Das Duell dürfte aber zulasten heimischer Onlinehändler gehen. (prel)
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