Wienerberger mit massivem Gewinneinbruch
WIEN. Dem börsennotierten Baustoffkonzern Wienerberger machen das derzeitige Konjunkturumfeld und Wetterextreme zu schaffen.
Der Gewinn nach Steuern sank heuer in den ersten drei Quartalen im Vergleich zur Vorjahresperiode um 85 Prozent von 312,5 auf 46,1 Mio. Euro, wie der weltgrößte Ziegelhersteller am Dienstag bekanntgab. Der Umsatz war relativ stabil bei 3,4 Mrd. Euro, nach 3,3 Mrd. Euro vor einem Jahr.
"Die für 2024 erwartete Erholung der Wohnungsneubaumärkte ist nicht eingetreten", erklärte das Unternehmen. Dies sei in erster Linie auf langsamere Zinssenkungen und die "begrenzte Wirkung" staatlicher Gegenmaßnahmen in Ländern wie Österreich, Deutschland, Belgien, Frankreich und Nordamerika zurückzuführen.
Zusätzlich blieb die Nachfrage unter dem Einfluss von politischer Unsicherheit - etwa im Vorfeld der US-Wahlen - und Flutkatastrophen im dritten Quartal den Angaben zufolge "verhalten". Osteuropa und Großbritannien/Irland wiederum hätten eine positive Nachfrage nach Wohnraum gezeigt, wodurch Volumenrückgänge in Westeuropa - vor allem in Frankreich und Deutschland - und den USA "teilweise kompensiert werden konnten". Die Geschäftsbereiche Infrastruktur und Renovierung entwickelten sich laut Wienerberger "solide".
Größte Übernahme der Firmengeschichte
Inmitten dieser turbulenten Entwicklungen zog Wienerberger mit der Übernahme des französischen Dach- und Solaranbieters Terreal heuer die größte Akquisition der Unternehmensgeschichte durch. "Wir sind imstande, die größte Akquisition, die Wienerberger je getätigt hat, zu verdauen", sagte Konzernchef Heimo Scheuch in einer Telefonkonferenz.
Der Deal ist 600 Mio. Euro schwer. Das zu integrierende Unternehmen mit rund 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an 28 Standorten soll früheren Angaben zufolge einen zusätzlichen Jahresumsatz von rund 725 Mio. Euro bringen. "Terreal trägt positiv zu unseren Umsätzen und Ergebnissen bei", strich Scheuch heute hervor. Für das kommende Jahr wird hier mit einem Beitrag von "100 Mio. Euro oder etwas mehr" gerechnet. Von März bis September 2024 habe Terreal 56 Mio. Euro zum operativen EBITDA beigetragen.
Die Nettoverschuldung von Wienerberger kletterte heuer in den ersten drei Quartalen um 55 Prozent von 1,21 auf 1,88 Mrd. Euro. Das Eigenkapital stieg um nur 6 Prozent auf 2,83 Mrd. Euro. Dadurch erhöhte sich der Verschuldungsgrad des Unternehmens von 45,7 auf 66,5 Prozent.
Infolge der insgesamt schwachen Nachfrage waren und sind dieses Jahr viele Werke schlecht ausgelastet beziehungsweise wurden vorübergehend heruntergefahren. Dadurch verbuchte Wienerberger heuer in den ersten drei Quartalen - vor allem in den Sommermonaten - "ziemlich hohe Stillstandskosten" in Höhe von 80 Mio. Euro, wie Scheuch einräumte. Das zog verschärfte Sparmaßnahmen nach sich.
"Wir intensivierten unsere Kosten- und Effizienzmaßnahmen", berichtete der CEO. Im Berichtszeitraum habe das Kostenmanagement Einsparungen im Ausmaß von 51 Mio. Euro gebracht - 22 Mio. Euro davon alleine im dritten Quartal. Im Gesamtjahr 2024 sollen sie sich dann auf 60 Mio. Euro summieren. Hinzu kommen rund 40 Mio. Euro an Einsparungen durch das sogenannte "Self-Help Programm".
Ausblick zurückgeschraubt
Den Ausblick auf das Gesamtjahr 2024 schraubte Wienerberger nun kräftig zurück. "Die Herausforderungen im Wohnneubau erweisen sich als hartnäckiger als erwartet", so das Management. Zugleich zeige sich eine weiterhin robuste Nachfrage in den Bereichen Renovierung und Infrastruktur.
Das operative EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen bereinigt um Auswirkungen von Veräußerungen von nicht betriebsnotwendigem Vermögen sowie Strukturanpassungen, Anm.) soll heuer zwischen 750 und 770 Mio. Euro zu liegen kommen. Mitte August hatte die Konzernführung noch 800 bis 820 Mio. Euro erwartet. 2023 waren 810,8 Mio. Euro erzielt worden. Für 2025 rechnet Scheuch hier mit "sicher gut über 800 Mio. Euro". Bei dieser Angabe handle es sich aber noch nicht um eine Guidance, fügte der CEO hinzu.
In den ersten drei Quartalen 2024 verringerte sich das operative EBITDA gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr von 665,1 auf 601,9 Mio. Euro, die dazugehörige Marge verschlechterte sich von 20,2 auf 17,7 Prozent. Der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) ging von 655 auf 536,7 Mio. Euro zurück. Vor Zinsen und Steuern halbierte sich der Gewinn (EBIT) von 443 auf 217,6 Mio. Euro.
Werke auf Sparflamme
Im kommenden Jahr soll sich die Nachfrage jedenfalls erholen. "Volumen ist der wichtigste Treiber - derzeit laufen unsere Werke auf Sparflamme", sagte Finanzvorstand Gerhard Hanke in der heutigen Telefonkonferenz.
"Es war ein herausforderndes Jahr, es war ein Jahr voller Überraschungen", resümierte Scheuch mit Blick auf das geopolitische und makroökonomische Umfeld sowie die Überschwemmungen, die den Wohnungsneubau in den betroffenen Gebieten bis ins Jahr 2025 hinein monatelang verzögern. Auf komplett durchnässten Böden wird nicht gebaut. Im kommenden Jahr soll die Neubautätigkeit durch niedrigere Zinssätze und staatliche Konjunkturprogramme wieder an Dynamik gewinnen - "angetrieben durch die Ergebnisse der US-Wahlen, Initiativen der EU-Wohnungskommission und verbesserte Marktbedingungen in Großbritannien/Irland und Osteuropa".
Ziegel und Beton sind halt sehr Energie-aufwändig
im Gegensatz dazu ist der Holzbau deutlich sparsamer