#009 - Pollenallergie, was nun?
In der neuen Episode von "gesund & glücklich" dreht sich alles um Allergien. Dermatologe und Venerologe Dr. Wolfram Hötzenecker vom Kepler Universitätsklinikum in Linz erklärt, wie Allergien entstehen und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
Woher kommt eine Allergie überhaupt?
Hötzenecker: Wir werden alle nicht mit Allergien geboren. Grundsätzlich ist eine Allergie eine Überreaktion des Immunsystems auf einen per se harmlosen Stoff, wie etwa das Birken- oder Gräserpollen. Das Immunsystem muss lernen, mit diesen Stoffen umzugehen. Und dann entsteht entweder eine Toleranz, also man gewöhnt sich daran, oder, wenn das Immunsystem das falsch lernt, eine Allergie.
Welche Rolle spielen die Gene?
Die Gene legen eine Schwelle fest, die definiert, ob man eine Allergie entwickeln könnte oder nicht. Könnte, weil es nicht immer sein muss, nur weil man diese Risikogene hat. Hier kommen auch Umwelteinflüsse zum Tragen.
Man hört oft, dass Allergien deshalb häufiger entstehen, weil wir zu steril aufwachsen.
Das beruht auf der Hygienehypothese, dass ein gewisser gesunder Dreck gut für die Allergieentwicklung ist. Das wäre das Aufwachsen am Bauernhof, in Mehrkindfamilien. Das passiert heute in Einzelkindfamilien, beim Leben in den Städten nicht mehr so. Das Immunsystem sucht sich dann andere Spielwiesen, wie zum Beispiel Allergien, um sich auszutoben.
Sind Allergien in den vergangenen Jahren häufiger geworden?
Um 1900 haben ein bis zwei Prozent der Österreicher an einer Allergie gelitten. Heute leiden 25-30 Prozent an einer Allergie der oberen Atemwege. Ob das Plateau erreicht ist, wissen wir nicht.
Wie unterscheide ich nun Heuschnupfen von Schnupfen?
Das ist tatsächlich schwer zu unterscheiden. Bei einer klassischen Erkrankung habe ich oft Fieber dabei, das wäre bei einer Allergie sicher nicht so.
Was kann ich nun tun, wenn die Allergie akut wird?
Vorab: Prävention. Es gibt zum Beispiel gute Pollen-Warn-Apps. Wenn man weiß, dass man an Gräserpollen leidet und gerade die Pollen in der Umgebung stark fliegen, könnte ich mir überlegen, den Tag zuhause zu verbringen. Wenn ich rausgehen möchte, unbedingt eine Sonnenbrille tragen. Ich kann auch eine FFP2-Maske aufsetzen. Wenn man dann nach Hause kommt, bitte Gesicht waschen, damit die restlichen Pollen nicht wieder weiter verschleppt werden. Zusätzlich gibt es gute Präparate, Sprays, Augentropfen, Tabletten, die ganz gezielt vor den Symptomen einer Allergie schützen.
Was mache ich, wenn das alles nicht mehr hilft?
Der Weg, der das Übel an der Wurzel packt, wäre die Hyper- oder Desensibilisierung. Hier versucht man, das Immunsystem durch kleine Gaben des Allergens umzuerziehen und die Allergie wieder abzugewöhnen. Das gelingt als die bekannte „Spritzenkur“, aber auch mit oralen Präparaten.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, mit so einer Therapie zu starten?
Der Beginn ist immer im Herbst. Danach gibt es zwei Möglichkeiten. Es gibt ein Schema, das nur in der allergiefreien Zeit angewendet wird. Wenn draußen die Pollen fliegen, hat man Therapiepause. Undes gibt ein Schema, das das ganze Jahr durchgehend läuft. Insgesamt sollte man bei beiden Methoden drei Jahre behandeln.
Was passiert, wenn ich nichts gegen die Allergie tue?
Die Allergie wird mit der Zeit schlimmer. Ein typisches Beispiel ist ein Kind, das die Allergie entwickelt, im Alter von sechs, sieben Jahren. Da ist die Gefahr hoch, dass der Heuschnupfen irgendwann runterrutscht und sich zusätzlich ein Asthma entwickelt. Das kann man mit der Desensibilisierung fast zu 100 Prozent hintanhalten.
Kann eine Allergie auch einfach so wieder verschwinden?
Ja, durchaus. Ich kenne viele, bei denen die Allergie im Alter dann auch wieder besser geworden ist und teilweise auch ganz verschwunden ist.
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