Barfuß der Erotik zuliebe
Eine besondere Ehre wird Andreas Martin Hofmeir zuteil: Als "Woodmaster of the Year" steht der Tubist fünfmal beim "Woodstock der Blasmusik" von 28. Juni bis 1. Juli in Ort im Innkreis auf der Bühne. Aus dem Leben eines Tubisten hat er Karin Schütze erzählt.
Er verrät, warum er immer barfuß spielt, nie einen Einsatz im Bruckner Orchester verpasst hat und wie er als ECHO-Preisträger 2013 zur Debatte um den Musikpreis steht, den er aus gutem Grund nicht zurückgeben kann.
Haben Sie schon einen neuen Klopapierrollen-Halter?
Andreas Martin Hofmeir: Das ist leider nicht so einfach, der ECHO ist fest neben die Schüssel eingefliest.
Wie sehen Sie die Abschaffung des Echo?
Da muss man differenzieren. Der ECHO Klassik und der ECHO Jazz waren ja immer schon Jurypreise, hier haben nicht nur die Verkaufsschlager abgesahnt. Sonst hätte ja auch ich mit meinen 135 verkauften Alben niemals einen bekommen. Über die Qualität der Jury – im Wesentlichen die Chefs der großen Labels – kann man natürlich streiten, ebenso darüber, dass man vornehmlich Markennamen mit tollen Verkaufsmöglichkeiten ausgezeichnet hat. Aber der Preis hat auch nie einen Hehl daraus gemacht. Beim ECHO Pop hat man auf die Jury verzichtet, der Verkauf alleine hat die Preisvergabe geregelt. Das ist zwar nicht künstlerisch wert- bzw. sinnvoll, aber wenigstens ehrlich. Versagt hat in dem Fall von Kollegah und Farid Bang also nicht das System des ECHO generell, sondern, wenn überhaupt, der miese Geschmack der Masse und die extra einberufene Ethik-Kommission, die sich nicht bemüßigt gefühlt hat, einzugreifen.
Eine ganz andere Auszeichnung wird Ihnen demnächst zuteil: "Woodmaster of the Year". Wie kommt man zu dieser Ehre?
Das müssen Sie das Woodstock-Team fragen. Ich habe mich jedenfalls nicht beworben. Ehrlich gesagt, wusste ich gar nicht, was das ist, bis mich der Simon Ertl (Organisator) angefragt hat. Aber es klingt doch lustig, oder?
Und ob! Beim "Woodstock der Blasmusik" sind Sie als Musiker und Kabarettist mit Ihrem Programm "Kein Aufwand" zu erleben. Was war das Aufwändigste, das Sie und "Fanny", Ihre Tuba, je gemeinsam gemeistert haben?
Oh, wir haben schon so viel durchgestanden: Wir waren in einem norwegischen Fjord schwimmen, haben im Sandsturm vor den Pyramiden von Gizeh konzertiert oder in der Wildnis auf Borneo einen Orang-Utan angelockt, sind durch den brasilianischen Dschungel und die japanische Kirschblüte gelaufen. Aber das Aufwändigste war und ist jedes Mal, sie durch den amerikanischen Zoll zu bekommen. Das eine Mal haben sie mich zu den Exilkubanern gesperrt, weil sie mir nicht geglaubt haben, dass es so etwas wie eine Welttubakonferenz gibt. Das andere Mal haben sie sie bei der Kontrolle falsch rum in den Koffer gelegt und, weil der nicht zuging, sich zu fünft draufgesetzt. Fanny musste daraufhin notoperiert werden.
Ist "Fanny" eine Anspielung auf Mendelssohns verkannte Schwester?
Nein, "Fanny" ist einfach ein wunderbarer altbairischer Name. Warum dachten Sie?
… weil auch die Tuba als Soloinstrument – bisher – verkannt ist?
Ach so. Ja, das ist natürlich auch eine hübsche Erklärung. Wissen Sie, im Moment sind wir noch verkannt, aber lassen Sie uns noch etwas Zeit: Die Tuba ist ja schließlich das jüngste und damit am höchsten entwickelte Instrument überhaupt. Am Ende wird sich die Qualität durchsetzen.
Müsste es auch mehr Literatur für Tuba geben?
Das entwickelt sich ja schon prächtig. Allerdings muss man auch hier Geduld haben. Einzig schade ist, dass Mozart oder Beethoven die Tuba gar nicht gekannt haben bzw. Schostakowitsch und Prokofjew noch keinen guten Tubasolisten. Sonst hätten wir schon ein großartiges Repertoire...
Mit Oberösterreich verbinden Sie unter anderem vier Jahre als Solo-Tubist im Bruckner Orchester, das Sie 2008 für "La Brass Banda" verlassen haben. Hatten Sie genug von den – mit Ihren Worten gesagt – "neurochirurgischen Eingriffen" eines Klassikkonzerts?
Überhaupt nicht, ich bin sehr schweren Herzens aus dem Bruckner Orchester geschieden. Es war eine Riesengaudi mit den Kollegen, wir haben ein tolles Repertoire gespielt, ich konnte im Dienst viel lesen, weil mich meine Kollegen an der Bassposaune rechtzeitig zum Einsatz aufgeweckt haben. Ich durfte beim Schauspiel mitspielen, Stücke schreiben und sogar Regie führen und mit den Schreinern und Schlossern Bühnenbilder bauen. Es war wirklich herrlich. Aber wenn sich einem so spät im Leben noch eine ganz neue Welt eröffnet wie mir mit La Brass Banda, dann muss man’s halt einfach machen. Übrigens verbindet mich noch viel mehr mit Oberösterreich: vor allem der Leberkas-Pepi … Ich bin Besitzer von 38 Treueausweisen. Alle voll.
Wie ist es Ihnen als Klassiker anfangs mit dem Improvisieren gegangen?
Oh, das war schwer. Aber es ist wie fast alles Übungssache. Ich bin immer noch dabei ...
Warum sind Sie auf der Bühne immer barfuß unterwegs?
Das ist ein Erbe von La Brass Banda, damals waren es geruchstechnische Gründe auf den Heimfahrten. Heute mache ich es allerdings rein aus Gründen der Erotik. Das Publikum schätzt generell etwas nackte Haut auf der Bühne. Ich habe mehrere entblößte Körperteile ausprobiert, habe allerdings mit den Füßen das beste Ergebnis erzielt.
Als Stipendiat bei den Berliner Philharmonikern haben Sie heimlich in der Nacht im Konzertsaal geübt. Was haben Sie damals tagsüber gemacht?
Natürlich auch geübt, was glauben Sie denn? Na, vielleicht habe ich auf öfter bis Mittag geschlafen. Und vor allem habe ich mir alle Proben und Konzerte angehört. Da lernt man am meisten...
- Andreas Martin Hofmeir, geboren 1978 in München, lernte zunächst Klavier, Schlagzeug und Tenorhorn. Mit zwölf entdeckte er die Tuba. Er spielte bei den Berliner und den Münchner Philharmonikern als Stipendiat und bei den Wiener Philharmonikern.
- Von 2004 bis 2008 war er Solotubist des Bruckner Orchesters Linz. Von 2007 bis 2014 spielte er in der bayrischen Band "La Brass Banda". Seit 2006 ist er Professor am Mozarteum Salzburg, 2013 erhielt er einen Echo-Klassik. Erfolgreich ist er auch als Kabarettist und mit seiner Musik-Kabarett-Kleinkunstschau "Wer dablost's?" in Ingolstadt.
- Als "Woodmaster of the Year" gibt Andreas Martin Hofmeir fünf Auftritte als Musiker und Kabarettist beim Festival von 28. Juni bis 1. Juli in Ort im Innkreis.
- Am 29. Juni, 11.30 Uhr, schildert er im Kabarett "Kein Aufwand" (Teil 1) seinen Kampf mit dem Instrument (Leitner Stadel), um 17.30 Uhr spielt er mit "European Tuba Power" (Main Stage).
- Am 30. Juni, 11.30 Uhr, folgt „Kein Aufwand“ (Teil 2), um 17.30 Uhr trifft er auf die vierzehn Musikanten von "Ma Chlast" (Main Stage), am 1. Juli, 15.30 Uhr, spielt er mit der Jazzband "Brazilian Chill Out“ (Main Stage).
- OÖN-Tickethotline: 0732 7805 805 oder bei den OÖ Linz, Wels, Ried/I., alle Infos: www.woodstockderblasmusik.at
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Barfuß ist man besser geerdet und man stellt eine "Gleichheit" zu den Mitmenschen her, die Füße könnten noch viel mehr, wenn man sieht, was Menschen ohne Hände mit den Füßen möglich machen! Meine Gesangsübungen und Lieder Einstudierungen, erfolgen barfuß, ich bin besser im Lied, bessere geerdet, das ist notwendig für eine gefühlvolle Interpretation!
Die großen Füße der heutigen jungen Leute sind doch nicht sexy.
(duck)
Fanny, eine illegale Migrantin