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Clarissa Stadler - Einsteigen ist leichter als aussteigen

Von Peter Grubmüller, 07. Jänner 2013, 00:04 Uhr
Einsteigen ist leichter als aussteigen
Ab heute bringt Sie Clarissa Stadler wieder kulturell durch die Nacht. Bild: ORF

Comeback: Nach einem Jahr Bildschirmpause kehrt Clarissa Stadler heute als „Kulturmontag“-Moderatorin zurück (ORF2, 22.30 Uhr).

Ihre „Kulturmontag“-Nachfolgerin Nadja Bernhard wechselt für die ins US-Büro des ORF berufene Hannelore Veit zur „Zeit im Bild“. Also trat Clarissa Stadler „leichten Herzens“ von ihrem Bildschirm-Rücktritt zurück und wird heute unter anderem die Kultur-Höhepunkte des Jahres 2013 präsentieren.

OÖNachrichten: Es heißt, Sie hätten sich vor einem Jahr aus dem Kulturmontag zurückgezogen, um zu schreiben und um eigene Projekte zu verwirklichen. Was ist davon passiert?

Clarissa Stadler: Das ist die gemeinste Frage (lacht). Ich wollte nach fünf Jahren Kulturmontag einfach eine Pause, ohne zu wissen, wie lange diese Pause dauern würde. Ich bin ein impulsiver Mensch und hab’ mir vielleicht deshalb gedacht, dass ich ganz aussteigen muss. Im Hinterkopf hatte ich vielleicht schon damals, irgendwann neu einzusteigen. Ich habe aber während meiner Bildschirm-Pause immer Beiträge für ORF-Kultursendungen gemacht, nebenbei auch kleinere Projekte umgesetzt: Podiumsgespräche moderiert, ein Buch geschrieben, das im nächsten Jahr erscheinen wird, und ein Gespräch mit Martin Suter auf der Bühne des Akademietheaters geführt – es war das erste Mal, dass ich auf einer Theaterbühne gesessen bin.

Haben Sie das neue Kulturmontag-Angebot gleich angenommen?

Ja – und das hat mich selbst verblüfft. Mein Bauchgefühl war sofort klar, dass ich das wieder machen möchte. Das erneute Einsteigen ist mir wieder wesentlich leichter gefallen als vor einem Jahr das Aussteigen.

Welchen Einfluss haben Sie auf die Inhalte beim Kulturmontag?

Wir sind eine sehr große Redaktion, wir sitzen jede Woche zusammen, und vermutlich gibt es kaum ein Ressort, das so komplex ist wie unseres. Bei uns treffen so viele Strömungen aufeinander: von Oper bis Pop-Musik, von Hochliteratur bis zum herkömmlichen Buch – und alle wollen natürlich immer vorkommen. Wir sind also auch damit beschäftigt, Leute zu befrieden. Ich sitze selbst in den Sitzungen, bin mit den Sendungsverantwortlichen eng in Kontakt und mache auch selbst Vorschläge. Ich bin involviert, aber die Sendung ist ein sehr demokratisches Gefäß und natürlich eine Gemeinschaftsproduktion. Als Moderatorin bin ich nicht die Chefin.

Inwiefern haben die Einsparungen beim ORF auch die Kulturredaktion getroffen?

Was wir alle spüren, ist, dass es weniger Personal gibt. Außerdem hat sich der Druck auf freie Mitarbeiter erhöht, und die Kulturredaktion hat sehr viele freie Mitarbeiter.

Ist es beim ORF schwieriger geworden, Kunst- und Kulturthemen unterzubringen?

Möglicherweise ja. Aber unsere Sendefläche ist begrenzt, wir können nicht über alles berichten. Die Betrachtungsweise soll trotzdem gar nicht so negativ sein, weil gute Kunst immer vorkommt, und interessante Phänomene kommen auch immer vor. Man muss sich keine Sorgen machen, dass man unerwähnt bleibt, wenn man etwas Gutes anzubieten hat.

Haben Sie sich den Kulturmontag nach Ihrem Abschied angeschaut? Wollten Sie vielleicht auch überprüfen, ob Nadja Bernhard besser oder schlechter moderiert als Sie?

(lacht) Ich hab’ mich sehr gefreut, dass Nadja das gemacht hat. Ich habe sie vor einigen Jahren in Rom kennengelernt, als ich damals als Kulturmoderatorin der ZiB für ein Buchprojekt eine Auszeit genommen habe. Natürlich habe ich mir den Kulturmontag angeschaut, weil ich der Sendung immer verbunden war und bin. Ich hab’ diesen Schritt ja auch freiwillig getan. Wenn man irgendwo rausfliegt, dann reagiert man vielleicht anders. Ich gebe allerdings zu, dass ich es mir nicht immer live angesehen habe, sondern oft im Internet in der TV-Thek. Bei mir trifft ja auch das gleiche Argument zu wie für viele Zuschauer, die uns fragen: Warum sendet ihr so spät?

Haben Sie sich trotzdem über manche Sendungen geärgert?

Diese Momente gibt es immer, nur manchmal steht man selber drin und manchmal sieht man nur zu.

Ursprünglich haben Sie Handelswissenschaften studiert, wo wurde Ihre Weiche Richtung Kunst und Kultur gestellt?

Einerseits hab’ ich lange studiert, aber immerhin fertig, und ich war auch schon während des Studiums sehr in der Kultur unterwegs. Ich hab’ für die Musicbox Beiträge gemacht, hab’ für Zeitungen geschrieben, war auf der Documenta in Kassel, mein erster Radiobeitrag war über das neue Design-Museum in London. Ich hab’ schon bald gemerkt, dass mich Handelswissenschaften wenig interessieren. Wahrscheinlich ist es eine Eigenschaft von mir, dass ich mir interessante Sachen herauspicke, für die ich mich dann begeistere. Ich hab’ das Wirtschaftsgeschichte-Seminar belegt, bei dem es um die Industrialisierung Schottlands und Englands ging, ich hab’ Englisch belegt und meine Diplomarbeit über Kunst und Konsum am Philosophie-Institut der Wirtschaftsuni geschrieben. Ich habe also versucht, mir dieses Studium kulturell aufzubereiten.

 

Clarissa Stadler

 

Privates: Sie kam 1966 in Wien zur Welt, wuchs wegen des beruflichen Engagements ihres Vaters – ein Nahrungsmittelchemiker – in Deutschland, Belgien, Wien und Salzburg auf. In Wien studierte sie Handelswissenschaften. Im Jahr 2000 heiratete sie den TV-Journalisten Robert Hochner, der am 1. Juni 2001 verstarb.
 
Journalismus/Karriere: Stadler begann im ORF-Landesstudio Salzburg und arbeitete für die Ö3-Musiksendung Musicbox, sie absolvierte ein Fernsehpraktikum beim Kultursender ARTE in Paris und ist seit 1997 Mitarbeiterin der Kulturredaktion im ORF-Fernsehen. 2005 gab Stadler ihr schriftstellerisches Debüt mit dem Roman „N. Eine kleine Utopie“.
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