„Für jeden Lacher eine Träne“

OÖN: Der Film entstand innerhalb von 88 Wochen. Was gab es, als Sie in den Prozess eingriffen?

Lasseter: Eine ausführliche Idee, von der nur das geniale Skelett übrig blieb. Bolt ist der Superhund einer Hollywood-Fernsehserie, in der er sich todesmutig jeder Gefahr stellt und seine Besitzerin Penny am laufenden Band rettet. Natürlich durch jede Menge technischer Tricks. Bolt glaubt jedoch wirklich, dass er Superkräfte hat. Durch eine Verkettung von Umständen bricht er eines Tages aus dem Studio aus. Plötzlich muss er sich der Realität stellen – und damit der Erkenntnis, dass es mit seinen übernatürlichen Kräften nicht weit her ist. Diese Grundidee legte ich in die Hände des Regieteams Chris Williams und Byron Howard.

OÖN: Was ist in der Disney-Animationsabteilung neu, seitdem Sie das Zepter schwingen?

Lasseter: Vor der Vereinigung mit Pixar, das ist jetzt drei Jahre her, war das ein bürokratisch geführtes Studio. Der Regisseur war der Letzte in der Kette. Ihm wurde gesagt, was er zu tun hatte – und er tat es. Als ich das Studio erstmals durchforstete, fand ich eine Unmenge schriftlicher Anweisungen, oft total konträr. Wir haben uns von den Leuten, die dafür verantwortlich waren, „befreit“. Wir haben hier ein gewaltiges Erbe angetreten – jenes von Walt Disney. Er war ein Filmemacher, ein Künstler, kein Bürokrat. Seine Prinzipien finden sich bei Pixar wieder.

OÖN: Welche zum Beispiel?

Lasseter: „Bolt“ ist aus dem gleichen Guss wie die klassischen Disney-Filme. Der Humor besteht nicht aus gewissen lustigen Zeilen, sondern er kommt aus den Charakteren. Auf diese Art bleibt er zeitlos.

OÖN: Animation wurde oft als etwas betrachtet, das nur für Kinder geschaffen ist.

Lasseter: Das haben wir dem Fernsehen zu verdanken. Doch die wirklich guten Animationsfilme sind nicht „cartoony“ wie in der Television, sie sprechen jedes Publikum an. Da haben wir diese einzigartigen, witzigen und lieben Persönlichkeiten, die man in lustige Situationen bringt. Aber neben dem Humor müssen die Helden auch Herz haben. Ich zitiere immer wieder gerne Walt Disney und seinen Ausspruch: „Für jeden Lacher soll es auch eine Träne geben.“ Das zeigt sich im konkreten Fall in der emotionalen Reise und in den Veränderungen, die Bolt vollzieht.

OÖN: Aus welchem Geiste heraus wurde damals Pixar gegründet?

Lasseter: Aus der Filmwelt der 70er Jahre. Da entstanden unter anderem „Star Wars“, „Der Pate“ und diverse Arbeiten von Martin Scorsese. Künstlerische Meisterwerke – und gleichzeitig publikumswirksam. Da sagten wir: Das kann die Animation auch! Mit „Toy Story“ haben wir, so glaube ich, eine Renaissance der Animation gestartet.

OÖN: Kommen Sie noch dazu, selbst Regie zu führen?

Lasseter: Nein. Ich habe nur die Oberaufsicht. Für „Toy Story 3“ und „Cars 2“ bin ich im engsten Kontakt mit den Regisseuren. Im besten Fall reicht es für einen Kurzfilm wie jenen, den ich jetzt als Vorprogramm zu „Bolt“ beisteuere.