Von einem, der ausrastet
„Tage oder Stunden“: F 2009, 85 Min., Regie: L. Becker (Moviemento) OÖN Bewertung: Sicherer Job, Familie, Kinder, Freunde, Haus mit Garten, Hund: Antoine (Albert Dupontel) ist ein Mann „in den besten Jahren“ mit scheinbar perfektem ...
„Tage oder Stunden“: F 2009, 85 Min., Regie: L. Becker (Moviemento)
OÖN Bewertung:
Sicherer Job, Familie, Kinder, Freunde, Haus mit Garten, Hund: Antoine (Albert Dupontel) ist ein Mann „in den besten Jahren“ mit scheinbar perfektem Leben, vielleicht fast schon zu perfekt.
Bis ihn wie über Nacht der Teufel reitet, ihn zum Amokläufer werden lässt, der mit verbalen Giftpfeilen auf sein Umfeld losgeht. Ob Frau, Kinder, Freunde – für jeden hat er die passende Gemeinheit, die verletzend schonungslose Wahrheit parat, mit der er zielsicher wunde Punkte trifft, bevor er seine Familie ver- und ein seelisches Schlachtfeld hinterlässt. Warum? Midlife-Crisis? (Wohlstands-)Sinnkrise? Schlichter Wahnsinn?
Lange bleibt der Zuseher ebenso verstört und hilflos zurück wie Antoines Umfeld. Regisseur Jean Becker („Dialog mit meinem Gärtner“) legt geschickt mehrere Spuren, die in verschiedene Richtungen weisen. Was als bissige Gesellschaftssatire auf das Bürgertum beginnt, mündet in ein Horrorszenario, getragen von der bitteren Ironie, zusehen zu müssen, wie ein Mensch auf der Suche nach dem Sinn des Lebens sein eigenes und damit auch jenes seiner Mitmenschen zerstört. Bis sich gen Ende ein feinsinniges Drama um das Dasein, die Suche nach den eigenen Wurzeln Schicht um Schicht aus dem zunächst Unerklärlichen schält.
Ein sensibler Film, der sich dem Zuseher nicht sofort erschließt, der verstört, bevor er einen allmählich verstehen und mitfühlen lässt und damit umso betroffener macht.