Der "Holländer" setzte in Wien zum Höhenflug an
Natürlich stellt man sich die Frage, ob die Wiener Volksoper Wagner spielen muss, ob man das nicht dem großen Haus am Ring überlassen sollte.
Nach der Premiere des "Fliegenden Holländer" am Samstag darf man getrost antworten: Warum nicht! Erstens gab es von 1906 bis 1938 eine intensive Wagner-Tradition an der Volksoper – alle Werke einschließlich des Rings wurden hier gespielt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Volksoper zum Operettentheater je nach Blickwinkel degradiert oder hochstilisiert und große Oper wurde verpönt. Andererseits ist auch an großen Häusern die Wagnerpflege nicht immer überzeugend und somit ist eine ordentliche, dem Haus mehr als angemessene Produktion für eine breitere Schicht von Zuschauern angebracht.
Ideales Fundament
Zumal Marc Piollet aus dem ideal disponierten Orchester das herausgeholt hat, was möglich ist, und ein ideales Fundament für den blendend studierten Chor und Zusatzchor (Holger Kristen) legte. Auch die Solisten waren bei ihm in guten Händen. Allen voran Stefan Cerny als Daland, der stimmlich ein wenig zu groß auftrumpfte, aber höchst textdeutlich und das volle Bassregister ausschöpfend agierte. Tomislav Muek sang den Erik schon in Dresden und Bayreuth und wusste auch in Wien mit kraftvollem und doch schlank geführtem Tenor zu beeindrucken.
Ästhetisch schlicht
Meagan Miller gab eine feine Senta, die zwar über so manche stimmliche Grenze nicht hinwegtäuschen konnte, aber musikalisch überzeugte. So auch Markus Marquardt als darstellerisch bestechender Holländer, der sich in der Höhe nicht unendlich wohlfühlte. Martina Mikelic und JunHo You ergänzten als stimmige Mary sowie Steuermann. Frank Philipp Schlößmann baut für Regisseur Aron Stiehl einen akustisch perfekten Einheitsraum, der sich durch Projektionen und Beleuchtung in Seelenräume verwandeln soll. Insgesamt ist mit dem pausenlosen Durchziehen der drei Akte ein stringentes Musiktheater entstanden, das nicht viel Neues brachte, aber in seiner ästhetischen Schlichtheit überzeugte.
Fazit: Wagner an der Volksoper – warum denn nicht!
Volksoper: Premiere von Wagners "Fliegender Holländer", 9.3.
Wagner an der VO ist schon okay. Aber immer (noch) dieses Regietheater ... "Seelenräume", was das schon heißen soll.
Und ich dachte, wir wären endlich mal über die 70er Jahre hinaus. Die ich als Pubertät des Theaters betrachte. Tja.