Die Königsklasse des Mads Mikkelsen
Das Publikum hat bei diesem geschichtsträchtigen Werk gegenüber dessen Protagonisten einen Vorteil: Ob es stürmt, schneit, hagelt, regnet, die Sonne herabsticht oder der Wind sich in die Haut schneidet, man kann die bildgewaltige Schönheit der jütländischen Heide ungestört genießen.
Im neuen Kinofilm "King’s Land" ("Das Land des Königs") ist sie die große Konstante, die von erdfarbenen, weitläufigen Aufnahmen wie Gemälde eingefangen wird. Sie agrarisch zu bezwingen liegt vor allem an ihm: Mads Mikkelsen (58) verkörpert im Dänemark des 18. Jahrhunderts den früheren Soldaten Ludvig Kahlen.
Brutaler als die Natur
Der Kapitän, der in einem Armenhaus für Veteranen lebt, hat nur noch einen Wunsch: Er will die Heide des Jütlands urbar machen. Ein Vorhaben, an dem ob der Kargheit des Landstrichs, den Rechtlose bewohnen, viele vor ihm scheiterten.
Nicht zum König vorgelassen, wird Kahlen zunächst von den behördlich zuständigen, gepuderten Perücken-Offiziellen abgekanzelt. Bis er das Totschlagargument bringt: Er werde seine Mission selbst finanzieren. Aus der Bestellung des Landes durch einen einsamen Unerbittlichen wird in der Regie von Mikkelsens dänischem Landsmann Nikolaj Arcel ein Film, der sich inhaltlich immer tiefer gräbt – wie Kahlen mit seinen bloßen Händen in die Erde der Heide.
Als hätte man einen düsteren, modernen, weil von jeder falschen Romantik befreiten Western mit einem harten Gleichnis auf die heutige Weltgesellschaft verbunden. Denn neben der Natur kämpft Kahlen gegen eine noch unberechenbarere, brutalere Macht – einen Menschen, der glaubt, das Land des Königs sei das seine: den benachbarten Gutsherrn Frederik De Schinkel. Der Däne Simon Bennebjerg (34) gibt ihn als verwöhntes, sadistisches, machtgeiles Balg, das wild und unerbittlich gegen alles schlägt, was Besitz und Status gefährden könnte. In einer anhaltenden Konfrontation, in der die Gewalt eskaliert, verengt sich das Feld gegen De Schinkel auf zwei von der Upper Class Ausgebeutete und Verstoßene: Kahlen, der bei einer Vergewaltigung als unehelicher Sohn eines "Edelmanns" gezeugt wurde, und seine Haushälterin Ann Barbara (Amanda Collin). Ihr Vergewaltiger war De Schinkel. Man erlebt ein inhaltlich vielschichtiges, visuell prächtiges Werk, dem grandioses Spiel die Krone aufsetzt. Mikkelsen brilliert dabei auf seine unnachahmliche Weise: wortkarg, aber mit einer fesselnden Aura und Augen, die alles sagen.
Es ist ein Geschenk, dass er sein Gesicht in kosmetischen Belangen in Ruhe gelassen hat. Seine Stirn ist bereits so fantastisch zerklüftet wie Kahlens Land. Das verleiht ihm und auch dem Film Charakter.
King’s Land: DK/S/N/D 2023, 129 Min., jetzt im Kino
OÖN Bewertung:
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