Willi Resetarits: "Lasst’s euch nix g’foin"
Er ist Wiener wie Burgendlandkroate. Am 22. Juli gräbt Willi Resetarits mit den Sängern von BasBariTenori seine sprachlichen und musikalischen Wurzeln aus. Über Zweisprachigkeit, Heimat, Fremdsein und die Corona-Krise hat er mit den OÖN gesprochen
Wie es ihm während des Shutdowns ergangen ist und über das Gefühl des Fremdseins, als er mit drei Jahren von Stinatz nach Wien gezogen ist, hat Willi Resetarits (71) am Telefon erzählt.
Wie ist es Ihnen in den Corona-Wochen ergangen?
Willi Resetarits: So wie allen anderen Menschen auch, insbesondere allen Musikern, die plötzlich ihre schon ausgemachten Konzerte nicht spielen konnten. Mit der Zeit verliert man die Spannkraft, weiterzuarbeiten, sich vorzubereiten auf eine ungewisse Zukunft.
Wie haben Sie den Umgang mit Künstlern erlebt?
Selbstverständlich gab es große Empörung. Zum Beispiel wurde das Epidemiegesetz, das den Verdienstentgang ausgeglichen hätte, geändert. Es gilt nicht, was absurd ist. Das war eine große Ungerechtigkeit. Aber ich rede hier im Namen derer, die weniger haben als ich. Viele von den freien Musikern und Kabarettisten sind nicht so auf Rosen gebettet, das ist das Problem. Ich glaube, dass man ein bisschen auf uns vergessen hat. Es gibt keine Lobby mehr, keinen direkten Zugang zu den Regierenden. Wir können laut schreien, Demos machen und sagen: Hey, wird sind auch da, wir sind keine Bettler und machen wichtige Arbeit.
Bräuchte es ein Kulturministerium?
Das wäre sehr wünschenswert, damit wir auch eine Lobby in der Regierung haben. Aber es hängt davon ab, wie viel Kompetenzen so ein Ministerium hätte oder ob es nur an einer dünnen Nabelschnur zum Finanzminister hängt.
Mit den BasBariTenori verbinden Sie Ihre burgendlandkroatischen Wurzeln. Wie haben Sie zueinandergefunden?
Die burgenlandkroatische Bevölkerung ist nicht so groß, da kennen sich die Musiker untereinander. Wir haben schon sehr viel gemeinsam gemacht, irgendwann haben wir gesagt: Wir singen so schön a capella, lasst uns doch gemeinsam etwas machen in der burgenlandkroatischen Sprache, die uns allen sehr wichtig ist. Vieles geht von der Volksmusik aus, teilweise alter aus dem Burgenland. Nachdem wir alle Bandmusiker oder Volksmusikanten sind, bewegt es sich dann natürlich vom alten Material weg zu etwas, das uns entspricht in unseren anderen musikalischen Tätigkeiten. Ich finde es wahnsinnig spannend mit den vier Kollegen, außerdem singen wir sehr schön.
Sie sind mit drei Jahren von Stinatz nach Wien gezogen. Wie haben Sie als Kind den Umzug und diese Zeit erlebt?
Es war natürlich fremd. Man ist sich als Kind nicht dazugehörig vorgekommen. Ich durfte von einem Tag auf den anderen in Wien nur mehr Deutsch reden, konnte es aber noch nicht. Nur bei der Verwandtschaft in Stinatz habe ich den Stinatzer Dialekt reden dürfen, der wieder ein bissl anders ist. Man war schon diskriminiert. Wir waren das Fremde, weil es noch wenig Zuzug von anderswo gegeben hat. Zuzügler waren alle deutschsprachig. Dass das Burgendlandkroatische ein österreichischer Dialekt von einer autochthonen österreichischen Minderheit ist, hat keine Rolle gespielt. Wir waren anders, und das war schwer. Die Eltern haben uns angehalten, uns rasch anzupassen, um nicht zu sagen, zu assimilieren. Was aber nicht ganz gelungen ist, Gott sei Dank.
Wie geht es Ihnen heute mit beiden Sprachen?
Ich habe sehr viel durch diese Assimilierungsversuche verlernt. Ich kann das Burgenlandkroatische nur sehr stockend, nur diesen eigenen Stinatzer Dialekt kann ich noch halbwegs flüssig reden. Ich kann auch schwer schreiben, weil ich nie dort in die Schule gegangen bin. Ich habe erst später zurückgefunden zu meinen sprachlichen und vor allem musikalischen Wurzeln in Stinatz, dafür aber umso freudiger. Zweisprachigkeit von Kindheit an ist ein großer Schatz.
Was bedeutet Heimat für Sie?
Heimat ist da, wo es mir gut geht. Ich rede von Heimat als Mehrzahlwort – Heimaten. Ich möchte mich da nicht entscheiden müssen. Eine Heimat ist das Südburgenland, Stinatz. Eine andere Heimat sind verschiedene Bezirke in Wien. Und wenn ich mich sonst wo länger aufhalte und Kontakte zu Menschen habe, mich aufgehoben fühle in einer Gemeinschaft, dann kommen kleine Heimaten dazu. Im Wesentlichen bin ich Burgenlandkroate, Wiener – und natürlich offen für alles, was es sonst noch gibt. Ich habe zwei österreichische Sprachen gelernt. Mein großes Interesse ist es, alle Dialekte Österreichs im Groben zu kennen, um jemanden, der redet, zuordnen zu können. Wenn man merkt, wo jemand herkommt, das gefällt mir sehr gut – wenn jemand Freude hat mit verschiedenen Ausrichtungen unserer Sprache in Österreich, auch was die Dialekte in den Bundesländern betrifft.
Sie haben ein schönes Motto: "Ich wünsch mir, was ich krieg".
Ich glaube, dass uns das Unbewusste viel mehr steuert als wir wissen. Was einem so scheinbar zufällt, hat man wohl angestrebt, in irgendeiner Weise. Bei mir ist das jedenfalls so.
Was wünschen Sie sich?
Was mich im Moment umtreibt, ist, dass man erfolgreich die Corona-Krise bewältigt, sich aber dann sehr auf die Veränderung der Welt durch den Klimawandel konzentriert. Ich habe das Gefühl, so kurzfristiges und privates Gemütlichkeitsdenken verhindert, dass man als gesamte Gesellschaft relativ optimistisch an den Umbau denkt, der notwendig ist, um den CO2-Ausstoß weltweit zu verringern. Da wünsche ich mir, dass die Gesellschaften reifer werden. Man kann die Welt auch sehr schön und produktiv gestalten, wenn man sie in diesem Sinn umbaut.
Leben wir, auch bedingt durch die Corona-Krise, wieder in einem kleinen Biedermeier?
Wir waren zunächst dazu gezwungen. Es ist halt so bei den Menschen: Blöd wären sie, würden sie die ganze Zeit dagegen ankämpfen und rebellieren. Man richtet sich nolens volens in diesem Neo-Biedermeier ein. Was ist das Schöne daran und kann man behalten, und was wird man sehr froh wieder verlassen können vom Rückzug in die eigenen vier Wände? Wir Musiker freuen uns alle sehr auf die Auftritte, und ich hoffe sehr, dass sich auch unser Publikum freut. Haben wir uns das alles abgewöhnt? Oder stürmen alle die Hallen und Freiluftkonzerte? Das wäre natürlich das Schönste. Gebremster Optimismus hilft viel.
Vielen Dank für den schönen Schlusssatz – es sei denn, Sie haben einen noch schöneren?
Einen vom Ostbahn-Kurti, der heißt: "Lasst’s euch nix g’foin." Des is ois.
Leben
Willi Resetarits, geboren 1948 in Stinatz (Burgenland), wuchs in Wien auf. Ab 1969 war er Mitglied der Politrockband „Schmetterlinge“, mit der er 1976 die „Proletenpassion“ bei den Wiener Festwochen uraufführte. Er tourt u. a. mit Stubnblues, Liedermacher Ernst Molden, Harmonikaspieler Walther Soyka und Gitarrist Hans Wirth.
„Ostbahn-Kurti“
Als Dr. Kurt Ostbahn verkörperte Willi Resetarits ab 1983 die von Günter Brödl erfundene Kunstfigur. 2003, drei Jahre nach Brödls Tod, ging „Ostbahn-Kurti“ in Pension.
Mein lieber Herr Resetarits, so sehr mir ihre Musik auch gefällt, in dieser schwirigen zeit, wäre ein "Hort ma zaum", wesentlich angebrachter.
Oder holen sie die Egoisten von der Straße die sich nicht an die Schutzmaßnahmen halten?
Wer jung ist und kein Revoluzer ist hat kein Herz, wer Alt ist und noch immer ein Reovluzer ist, hat kein Hirn.
Wer sich mit dem abfindet, was ist, ist schon tot. ein zombie. der geht nur mehr als kleiderständer durch die welt.
der Willi ist ein gscheiter, sympathischer Bursch
Auf jeden Fall ein Päm-gelenkter Staatskünstler.