Salman Rushdie: "ChatGPT hat keinen Humor, keine Originalität und ist wirklich ein schlechter Schreiber"
Der bei einem Attentat schwer verletzte Autor sprach heute bei der Frankfurter Buchmesse
Unter großen Sicherheitsvorkehrungen ist der britisch-indische Autor Salman Rushdie am Freitagabend bei der Frankfurter Buchmesse aufgetreten. Rushdie („Die satanischen Verse“) wird seit Jahrzehnten von radikalen Islamisten verfolgt und wurde im August 2022 bei einer Veranstaltung im US-Bundesstaat New York von einem Mann angegriffen und schwer verletzt – er ist seitdem auf einem Auge blind.
Die Pressekonferenz auf der Frankfurter Buchmesse war einer seiner ersten öffentlichen Auftritte nach dem Anschlag. „Ich bin froh, hier zu sein, in einigermaßen vernünftiger Verfassung“, sagte Rushdie, der entspannt wirkte und oft humorvoll antwortete. Der Angriff sei „eine ziemlich harte und scharfe Erinnerung“ an die Fatwa gewesen. „Es war eine knappe Sache, ich bin froh, immer noch hier zu sein.“ Er verdanke sein Überleben den Ärzten, die ihn achteinhalb Stunden lang operiert hätten.
Der 76-Jährige wird am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels geehrt. Rushdie ist besorgt über die aktuelle politische Lage, will aber die Hoffnung nicht aufgeben. „Die Welt ist in keinem guten Zustand“, sagte er am Freitag auf der Frankfurter Buchmesse. „Aber unvernünftigerweise bleibe ich optimistisch.“
Horror in Israel
Die Ereignisse in Israel „erfüllen mich mit Horror“, sagte der 76-Jährige. „Ich bin entsetzt über die Anschläge der Hamas und ahne, was (Israels Regierungschef Benjamin) Netanjahu im Gegenzug machen wird.“ Er hoffe, dass die Kämpfe möglichst bald eingestellt werden. Es sei darüber hinaus weltweit „eine riskante Zeit für die Demokratie“. Nicht nur in den Vereinigten Staaten verließen manche Parteien die demokratischen Pfade und entwickelten einen Personenkult. „Es sind düstere Zeiten.“
Was dem Autor Hoffnung gibt, ist die Literatur. „Schreiben ist ein optimistischer Akt. Man geht davon aus, dass es später jemand liest“, sagte Rushdie.
„Literatur zeigt die Welt als einen reichen und komplexen Ort, was das Gegenteil einer engen, rigiden Weltsicht ist.“ Sein neues Buch „Messer“ soll im April 2024 erscheinen. Er habe es vor zehn Tagen beendet. Thema ist besagter Messerangriff in den USA, bei dem Rushdie ein Auge verlor. „Es war unmöglich, über etwas anderes zu schreiben, bevor ich mit diesem Thema durch bin.“
Bei jungen Autoren vermisst Rushdie zum Teil diesen Mut. „Ich habe den Eindruck, es gibt eine gewisse Unsicherheit unter jungen Autoren, worüber sie sich zu schreiben trauen. Nicht nur aus politischen Erwägungen, sondern auch aus sozialen und kulturellen Gründen.“ Das beunruhige ihn. „Meiner Meinung nach kann jeder über alles schreiben. Wenn das nicht stimmt, hört die Literatur auf zu existieren. Wenn Frauen nur über Frauen, Inder nur über Inder und Heterosexuelle nur über Heterosexuelle schreiben dürfen – das ist der Tod der Kunst.“
KI produziert „totalen Müll“
Vor künstlicher Intelligenz (KI) hat er keine Angst. Jemand habe ChatGPT gebeten, 300 Worte „im Stil von Salman Rushdie“ zu schreiben, berichtete der Autor von Weltbestsellern wie „Die Mitternachtskinder“ auf der Buchmesse. „Was dabei herauskam, war totaler Müll.“ Allerdings lernten solche Systeme schnell. Es beunruhige ihn, dass KI Stimmen nachahmen oder Videos fälschen könne. „Aber was das geschriebene Wort betrifft, bin ich im Moment nicht allzu sehr in Sorge. Denn ChatGPT hat keinen Humor, keine Originalität und ist wirklich ein schlechter Schreiber. So weit, so gut – aber fragen Sie mich noch einmal in zehn Minuten.“
„Große Ehre“
Der frühere iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini hatte 1989 wegen des Romans „Die satanischen Verse“ zur Ermordung Rushdies aufgerufen und eine Kopfprämie auf ihn ausgesetzt. Seither lebe er in dem Bewusstsein, „dass diese Möglichkeit besteht“, sagte Rushdie. Den Friedenspreis empfindet er nach eigenen Worten „als große Ehre“ – er fühle sich geehrt, auf der Liste der Preisträger mit so vielen Menschen zu stehen, die er bewundere.
ChatGPT hat keinen Humor, keine Originalität
KI entsteht aus dem Durchschnitt, kann nur Durchschnitt, hat Durchschnitt als Ziel.
Für einen Schulaufsatz reicht das, aber nicht um mit herausragenden Schriftstellern zu konkurrieren. Genau das ist die Aufgabe und die Gefahr der KI. Wäre sich nicht Durchschnitt könnte man sie leicht als solche erkennen, aber genau das ist nicht gewollt.