US-Regisseur David Lynch im Alter von 78 Jahren gestorben
WASHINGTON. Der US-Starregisseur David Lynch ist tot. Der Filmemacher, der unter anderem mit Werken wie "Blue Velvet" und "Mulholland Drive" Erfolge feierte und mit der TV-Serie "Twin Peaks" Maßstäbe setzte, starb im Alter von 78 Jahren
Das teilte seine Familie am Donnerstag im Onlinedienst Facebook mit. Die Todesursache wurde nicht genannt. Lynch, lange Jahre ein starker Raucher, litt unter einem Lungenemphysem.
Wenn David Lynch zu seiner Filmkamera, dem Fotoapparat oder Farbe und Pinsel griff, kam selten etwas Nettes oder Erbauliches dabei heraus. Hollywoods Spezialist für Abseitiges zog seltsame Welten dem Mainstream vor. Gewöhnlich suchte er bizarre Abgründe, dunkle Orte von Gewalt und Perversionen. Jetzt ist der Regisseur von düsteren Meisterwerken wie "Eraserhead" oder "Mulholland Drive" im Alter von 78 Jahren gestorben.
Seine Familie gab den Tod des Filmemachers auf Facebook und Instagram bekannt. Sein Tod habe ein "großes Loch in der Welt" hinterlassen, hieß es in der Mitteilung der Angehörigen. "Aber wie er sagen würde: 'Behalte den Donut im Auge und nicht das Loch'", schrieb die Familie.
Lynch hatte im August 2024 bekanntgegeben, dass er als langjähriger Raucher an einem Lungenemphysem erkrankt sei. Trotz der schweren Lungenkrankheit wollte er sich aber nicht vom Filmgeschäft verabschieden. Er habe das Rauchen sehr genossen, doch nun zahle er den Preis dafür, teilte er auf der Plattform X mit. Zwei Jahre zuvor habe er mit dem Rauchen aufgehört. Abgesehen von der Emphysem-Diagnose sei er in "hervorragender Form". Er sei glücklich und er werde "niemals" in Rente gehen, führte Lynch damals aus.
Sein Tod löste in Hollywood Trauer aus, Kollegen würdigten Lynchs Verdienste. Regisseur Ron Howard (70, "A Beautiful Mind - Genie und Wahnsinn") bezeichnete ihn als "furchtlosen Künstler", der seinem Herz und seiner Seele gefolgt sei und mit "radikalem Experimentieren" unvergessliches Kino geschaffen habe. "Ruhe in Frieden", schrieb Regisseur James Gunn (58, "Guardians of the Galaxy") auf der Plattform X. "Du hast so viele von uns inspiriert."
Von der Kunst zum Film
Lynch, der Kunst studierte, bevor er ins Filmfach wechselte, schockierte schon in seinem in Schwarz-Weiß gedrehten Erstling "Eraserhead" (1977) mit verstörenden Horrorszenen und surrealen Bildern. "Der Elefantenmensch" (1980) über einen fürchterlich verunstalteten Mann, der im viktorianischen England als Jahrmarkts-Attraktion vorgezeigt wird, war ein internationaler Kassenerfolg und erhielt acht Oscar-Nominierungen.
"Blue Velvet" (1986) mit Isabella Rossellini als missbrauchte Nachtclub-Sängerin machte durch eine langsame Kamerafahrt in ein abgeschnittenes Ohr auf einer Wiese Furore. Das brutale Road-Movie "Wild at Heart" über ein junges Liebespaar, mit Nicolas Cage und Laura Dern in den Hauptrollen, brachte Lynch 1990 die "Goldene Palme" in Cannes ein.
Den Thriller "Lost Highway" (1997) um einen schizophrenen Killer unterlegte er mit Songs der deutschen Hard-Rock-Band Rammstein. Mit "Mulholland Drive" (2001) wagte er sich ins Großstadtrevier seiner Wahlheimat Los Angeles und holte in Cannes einen weiteren Regie-Preis.
Erfolg mit "Twin Peaks"
Auch im Alter war seine Handschrift einfallsreich und packend. 2017 brachte er 18 neue Folgen der Mystery-Kultserie "Twin Peaks" auf den Bildschirm. Sie waren noch brutaler, unheimlicher und verwirrender als die 30 Original-Folgen Anfang der 1990er-Jahre, die stilbildend für Fernsehen und Mode eines ganzen Jahrzehnts werden sollten.
Mit einem Mix aus Horrorfilm, Coming-of-Age-Drama und Soap rund um den Mord an der jungen Schönheitskönigin Laura Palmer und die Nachforschungen des jungen FBI-Agenten Dale Cooper gelang es Lynch, ein Millionenpublikum an den TV-Bildschirm zu bannen. Die Jazzmusik von Angelo Badalamenti unterstrich die hypnotische Stimmung, in der alles möglich schien. Hauptdarsteller Kyle MacLachlan war als Dale Cooper in der letzten Staffel sogar von einem Dämon besessen.
Mit "Eine wahre Geschichte - The Straight Story" (1999) schuf Lynch seinen vielleicht gradlinigsten Film - ein alter Mann fährt auf einem Rasenmäher-Traktor wochenlang durch den Mittleren Westen, um seinen Bruder zu besuchen. Lynch selbst kam in einer Kleinstadt im US-Staat Montana zur Welt und wuchs auf dem Land auf.
Selbstkritische Töne
Eigenen Angaben zufolge mochte er alle seine Filme, nur einen bereute er: "Ich bin mehr oder weniger stolz auf alles, bis auf "Dune"", sagte er 2020 im YouTube-Gespräch. Schon im Jahr zuvor hatte er sich beim Manchester International Festival zu der Science-Fiction-Saga über einen Wüstenplaneten aus dem Jahr 1984 kritisch äußert: ""Dune" ist eine riesige, gigantische Traurigkeit in meinem Leben." Er habe nicht die volle kreative Kontrolle über den Film gehabt.
Lynch ist mehr für seine düsteren Filmfiguren bekannt als für seine langjährigen Friedensbemühungen. Er meditierte seit den 1970er-Jahren nach der Lehre des Maharishi Mahesh Yogi, dem einst auch die Beatles folgten. Der Filmemacher gründete eine Stiftung für "Bewusstseins-basierende Lehre und Weltfrieden" und setzte auf transzendentale Meditation als Friedensstifter. Zweimal täglich meditiere er, schrieb der Regisseur auf der Stiftungsseite. Das verschaffe ihm Zugang zu "unbegrenzter Energie, Kreativität und innerem Glück".
Vierfacher Vater
Aus vier Ehen hatte Lynch zwei Söhne und zwei Töchter. Tochter Jennifer Lynch aus erster Ehe hat wie ihr Vater eine Vorliebe für Psychopathen-Horror. Als Regisseurin drehte sie Thriller wie "Boxing Helena" und "Unter Kontrolle". Der jüngste Nachwuchs aus seiner Ehe mit der Schauspielerin Emily Stofle, Tochter Lula Boginia, wurde 2012 geboren. Mehrere Jahre war der Filmemacher auch mit der Schauspielerin Isabella Rossellini zusammen.
Als Regisseur und Drehbuchautor war Lynch vier Mal für einen Oscar nominiert, doch im Wettbewerb ging er immer leer aus. Ein Trostpflaster: die Filmakademie verlieh ihm 2019 einen Ehren-Oscar. Für seine künstlerische Vision habe er "angstlos" Grenzen überschritten, hieß es zur Begründung.
Lynch drehte in den letzten Jahren Kurzfilme und schrieb Drehbücher. Regisseur Steven Spielberg konnte ihn zudem für einen seltenen Auftritt vor der Kamera gewinnen. In dem autobiografisch geprägten Drama "Die Fabelmans" (2022) über Spielbergs eigene Kindheit und Jugend hatte Lynch eine kleine Rolle - als Meisterregisseur John Ford.
Ein Genie hinter der Kamera.
Danke für tolle Stunden.
Twin peaks ist Kult!