Musiktheater „Unsere Kinder der Nacht“: Wenn die Rettung der Welt erstarrt
"Unsere Kinder der Nacht": Eine Oper, die ihre junge Zielgruppe kaum abholt
Wir leben im Zeitalter der Kommunikation und sind dennoch nicht recht dazu fähig, einander zu verstehen. Das ist der Ausgangspunkt des Stücks "Unsere Kinder der Nacht" von Helmut Jasbar (Komposition und Text). Am Sonntag erlebte das Stück für Kinder ab zwölf Jahren im Linzer Musiktheater seine Uraufführung.
Die symbolisch aufgeladene Handlung erzählt von einer ins Wanken geratenen Welt. Allein die Kinder erkennen das. Doch deren Eltern sind nur mit sich und ihrer Unfähigkeit, einander zu verstehen, beschäftigt. So beschließen die Kinder dem CEO der Firma "Hades", Thanatos, einen Besuch abzustatten. Sie wollen lieber den Fuß über die Schwelle des Styx setzen, als auf Erden missverstanden zu bleiben. Nyx, die personifizierte Nacht weist ihnen den Weg. Hypnos, der Gott des Schlafes, glaubt nicht, dass er die Eltern aus ihrem emotionalen Dahinvegetieren erwecken kann. Doch es gelingt.
Ob dieser Plot ein junges Publikum fesselt, ist fraglich, fehlt doch den meisten der Bezug zur antiken Mythologie. Das Spiel selbst verortet Regisseur Hermann Schneider in der Schule und lässt die Kinder fast durchgehend eineinhalb Stunden von den Schulbänken aus singen. Das hat sicher pragmatische Gründe. Nach der Premiere gibt es nur mehr eine weitere Vorstellung (26. Jänner inklusive Workshop). Da wäre es ein zu großer Aufwand, die heiklen Chorpartien auswendig zu lernen. So fungieren die Pulte als Notenständer, was allerdings zu einer absolut starren Situation führt.
Die Kinder, die in die Unterwelt aufbrechen sollten, sitzen und träumen vielleicht nur davon, wie sie die Eltern und die Welt retten könnten. Das macht trotz des geschickten Settings und der aufwendig produzierten Videos (Gregor Eisenmann) die Sache nicht lebendiger. Dazu eine Musik, die alles in allem viel zu gesetzt und intellektuell herüberkommt und junge Menschen kaum dort abholt, wo sie musikalisch meist zu Hause sind. Hier hat Helmut Jasbar über das Ziel hinausgeschossen. Das Bruckner Orchester hat die vielschichtige Partitur unter Ingmar Beck stimmig und klangvoll erarbeitet. Die Rollen der Erwachsenen sind mehr Stichwortgeber – fein Gotho Griesmeier als Mutter, Vaida Raginskyte als Nyx, Christian Drescher als Vater, Martin Achrainer als Experte, Gregorio Changhyun Yun als Lehrer und Hypnos sowie Daniel Morales Pérez als Thanatos und Slapstick-Artist. Die Stars des Abends waren, wenn auch an die Schulbank "gefesselt", die Mitglieder des Kinder- und Jugendchores, die unter Elena Pierini Großes leisteten.
Fazit: Musiktheater ohne Ohrwurm, voll offener Fragen und einigen faszinierenden Elementen. Nächster und finaler Termin: 26.1., 15 Uhr, landestheater-linz.at