Der Gerstensaft im Lichte des Zeitgeists
Flüssiges Brot, Haustrunk, Rauschgetränk – das war alles einmal. Bier ist gerade wieder dabei, seinen Standort in der Gesellschaft neu zu definieren. Vielfalt und Genuss stehen heute im Vordergrund, wenn es um die blonde bis schwarze Gott’sgåb’ geht. Und: Bier wird wieder weiblicher.
"Hopfen und Malz – Gott erhalt’s!" Das Stoßgebet von Biertrinkerin und Biertrinker galt früher und gilt heute umso mehr. Wobei man in unseren Tagen litaneienhaft um Dutzende Hopfen- und Malzsorten flehen könnte, so vielfältig ist die Bierlandschaft geworden. Craft Beer (ursprünglich handwerklich hergestellte Biere) liegen im Trend, junge Bierkonsumenten greifen vermehrt zu India Pale Ale oder Stout-Bieren, während insbesondere das männliche Mittelalter eher konservativ an der verkaufsstärksten Marke, dem Märzen, nuckelt. Unbestritten ist: So viele verschiedene Biere gab es noch nie in den Supermärkten, mehr als ein Dutzend IPA-Sorten sind keine Seltenheit mehr.
Möglicherweise bricht jedoch gerade die Welle an hopfenaromatisierten Bieren. "Mit den IPAs wurde übertrieben", meint Jungbrauerin Karin Thaller von der Stiftsbrauerei Schlägl (siehe Interview rechts). Mittlerweile würde der Hopfenhype zurückgehen, die IPAs alkoholleichter werden und stattdessen mehr mit Malz experimentiert. Als Beispiel dafür kann die Hofstettner Brauerei gelten, die mit ihrer Sorte "Heines Altes Lager" ein Bier auf den Markt brachte, für das jahrzehntealte Braugerste aus der Genbank Linz neu angepflanzt wurde. Zudem braute man das Bier im historischen Sudhaus von 1929. Probierempfehlung! Wobei in diesem Lichte auf eine Konzentration hingewiesen werden muss, die nicht unproblematisch ist: Es gibt nur noch zwei professionelle Mälzereien in Österreich.
Wilder als in den arrivierten Brauhäusern wird von Hobby- und Garagenbrauern experimentiert. "Viele von ihnen suchen einen handwerklichen Ausgleich zur Schreibtischarbeit", sagt Thaller. "Dabei wollen sie ein Produkt machen, das sich herzeigen lässt, das man teilen kann und mit dem alle Freude haben." Wobei des einen Freud des anderen Verkostungsleid sein kann. Einräumen muss man: Die Qualität der Hausbrauer-Produkte ist gemeinhin hoch. Davon zeugt alljährlich die Austrian Beer Challenge. Das ist die Staatsmeisterschaft der Amateurbrauer, veranstaltet von der BierIG Österreich, einer Interessengemeinschaft der Bierkonsumenten.
Neue Eleganz im Auftritt
Bier tritt neuerdings mit schlankerem Fuß auf. Der Halbekrug kommt unter Druck. Dagegen sehen die Flöten, Pokale, Schwenker und Kelche für die diversen Bierspezialitäten richtig elegant aus. Das ist nur folgerichtig, geht es doch um Genuss in Maßen und nicht ums Hineinschütten. "Es kann sich keiner mehr leisten, mit fünf Halben Auto zu fahren", sagt Thaller. Der Trend gehe in Richtung leichtere Biere und zu bewusstem, gesundem Lebensstil. Davon zeugen wuchernde Regalmeter im Supermarkt mit Biermischgetränken, alkoholfreiem Bier und Bierlimonaden. Was den Brauereien an Bierumsatz über die vergangenen Jahre wegbrach, konnte nur mit solchen Alko-Light-Produkten aufgefangen werden.
Frauen freut die neue Leichtigkeit – nicht nur die Marienschwestern im Curhaus Bad Mühllacken, wo das Schlägler Fastenbier ausgeschenkt wird. Frauen treten als Brauerinnen auf oder als Biersommelièren. Damit treten sie in die Fußstapfen jener Geschlechtsgenossinnen, die bis weit in die Neuzeit hinein den Haustrunk Bier herstellten, bevor die Klöster übernahmen. Ebenfalls auf eine Frau, nämlich die Universalgelehrte Hildegard von Bingen (1098-1179), soll die Verwendung von Hopfen als Bierzutat zurückzuführen sein. Das Hanfgewächs verlängerte die Haltbarkeit erheblich, und so setzte sich Hopfenbier spätestens im 16. Jahrhundert (Reinheitsgebot 1516) in Europa durch. Zuvor war mit Eichenrinde gebraut worden und mit Myrte, Gagel oder Johanniskraut. Um die Rauschwirkung zu erhöhen, kamen auch psychotrope Pflanzen wie Bilsenkraut, Stechapfel und Porst in den Sud.
Brauen mit Herzblut
Vielmehr als Wasser, Hopfen und Malz wird auch heute nicht zur Bierherstellung verwendet. Außer: Herzblut. "Man merkt, dass beim Brauer die Liebe zum Produkt da ist – nicht etwa, dass er sauft –, sondern eine immense Wertschätzung für die natürlichen Rohstoffe", sagt Thaller. Treffen sich Brauer, spüre man die starke Identifikation mit Bier, man tausche sich aus, es gebe keine Geheimnisse, sondern Kooperation. "Gerade das Mühlviertel ist ein gutes Beispiel dafür. Wir haben eine eigene Flasche, Schlägl füllt ab für Hofstetten und Engelszell." Darauf ein freudiges "Prost"!
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Apropos "Treffen sich Brauer": Treffen sich der Braumeister von Zipfer, Stiegl und [hier die Lieblingsbiermarke einsetzen] im Gasthaus. Der Kellner kommt und fragt reihum was getrunken werden möchte. Der Braumeister von Zipfer bestellt eine Halbe Urtyp, der von Stiegl eine Halbe Goldbräu, der von [Lieblingsbiermarke] bestellt ein stilles Mineral. Drauf verdutzt die beiden anderen: "Wieso bestellst Du a Wasser?" - Antwort: "Wenn ihr kein Bier trinkt, dann mag ich auch keins!"
LIFE IS BREW-TIFUL
das Rad muß immer neu erfunden werden 😄
Ist der ALLESWISSER der Vertreter von xolaranthum, weil von dem hat man schon lange nichts mehr gehört?
Ich vermisse seine holprigen Reime!
Scheiß dich nicht an, ich dichte niemals. Und ich habe seit Jahren genau 1 Nutzernamen.
ALLESWISSER, ich habe nicht behauptet, du hast einen Zweitnick, sondern mit “der Vertreter von xolaranthum“ meinte ich:
Wenn schon xolaranthum nicht schreibt, braucht es einen Ersatz, der bei jedem Artikel, welcher mit alkoholischen Getränken zu tun hat SUDERT!
Warum schreibt niemand, dass in vielen Bieren auch Microolastik enthalten ist?
Viele Biere werden vor der Abfüllung gefiltert, damit sie länger haltbar bleiben.
Polyvinylpolypyrrolidon (PVPP), auch Crospovidon genannt, ist vernetztes Polyvinylpyrrolidon. Als Lebensmittelzusatzstoff (E 1202) wird PVPP als technischer Hilfsstoff in der Getränkeindustrie verwendet. Als Stabilisierungsmittel bindet es unerwünschte Gerbstoffe und Polyphenole in Wein, Bier und Säften, welche anschließend mit ihm abgefiltert werden. Darüber hinaus wird es in Arzneitabletten als Sprengmittel (Zerfallsmittel) verwendet.
SPACER,
PVPP wird dem unfertigen Bier zugegeben, damit es gewisse Stoffe im Bier zu sich anzieht und es in der nachfolgenden Filtration besser aus dem Bier filtrieren zu können. So wie elektronegatives elektropositives anzieht. Dieses "ausfällen" mit anschließendem Filtrieren wird in der gesamten Getränkefertigung angewendet. Hier bleibt aber kein, wie du schreibst Mikroplastik im Getränk. Es sind sehr viele Stoffe, welche in der Getränkeindustrie mitverwendet werden. So zum Beispiel das bekannte Gummi Arabicum hilft, dass die dunkle Farbe im Cola vom Flaschenboden bis zur Füllung immer gleich bleibt. Andernfalls würde der Flaschenhals hell und der Flaschenboden ganz dunkel sein.
@Alcea
Da mögen sie ja auch völlig Recht haben, aber was hat das noch mit dem Deutschen Reinheitsgebot zu tun?
Es geht doch nur darum, die Haltbarkeit auf ca. 1,5 Jahre zu verlängern. Sonst würde sich bei den ganz großen Brauereien der Export nicht rechnen.
Vom Deutschen Reinheitsgebot hast du inhaltlich wirklich keine Ahnung.
Ein Weißweinglas wird am Stiel gehalten, nicht so das Rotweinglas, welches am Glas angegriffen wird, da Rotwein nicht kalt sein muss.
Die neuen Biergläser haben keinen Henkel mehr, also müssen sie am Glas gehalten werden. Mit dem Bierglas in der Hand stehen die Leute lange in der Gegend herum, unterhalten sich über das gute Bier, dabei wird das gute Bier warm, weil es am Glas gehalten werden muss. Das hochgelobte "gute Bier" wird jetzt zur warmen "Schlådern"! Nur, weil man dem Bier eine Eleganz wie dem Wein zuteilen möchte.
Wenn ich Wein trinke, dann nippe ich am Glas. Bier aber, das muss Rinnen, Fließen, Strömen. Dann ist es ein Bier, welches auch bierig schmeckt. Alles andere ist nur ein Verkosten.
Nicht erwähnt wird das immer mehr werdende "Saure Seiterl" Halb Bier, Halb Wasser. Das ist nicht meine Sache. Ich trinke bei großem Durst gerne zuerst frisches Leigungswasser, um das Bier in zügen genießen zu können.
ALCEA .
Zwei Einsprüche, bzw. andere Sichtweisen:
Natürlich ist es richtig, dass jedes Getränk warm wird, wenn man das Glas in der Hand hält, aber das gilt auch bei Weißwein, denn es nur mir 2 Fingern elendslang am Stil zu halten tut sich keine(r) an. Die Konsumationsdauer für ein Steh-Achterl oder Steh-Seiterl düfte vergleichbar sein.
Außerdem gibt es bei diesen feinen Anlässen (Em,pfängen mit Stehpartie) durchaus meist Stehtische, wo man das Glas abstellen kann, oder ein Bord an derWand, ebenfalls zum Abstellen geeignet.
WEINBERG93,
s'passt eh schon. Es tut einfach weh, zu sehen, wie ein Bier am Glas gehalten wird. Es tut auch einem Tischler weh, wenn er einen Hobel auf der Schneide sieht. Er wird den Hobel sofort umlegen.
Mir als Genießer tut eben das Glas weh, welches designet wurde, von Industriedesignern, welche vom Genuss des Bieres sicher wenig Ahnung haben.
Gibt es bei den OÖN eigentlich noch einen einzigen Tag OHNE Alkohol-Bejubelung?
ALLESWISSER,
dein Zitat: "Gibt es bei den OÖN eigentlich noch einen einzigen Tag OHNE Alkohol-Bejubeln?"
Wo wird in diesem Bericht über die Trends der Biere, der Alkohol bejubelt? In einem Autobericht wird ja auch von Geschwindigkeit, PS und vielem mehr geschrieben. Du musst deshalb nicht mit Höchstgeschwindigkeit gegen die Wand fahren.
Du musst dich mit Bier nicht besaufen.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass die einstigen Alkoholkranken dann zu Militanten Antialkoholikern werden. Du musst den Artikel nicht lesen, wenn du darin nur das Problem Alkohol zu sehen glaubst.
Ist doch schon Usus bei den alkaffinen - OÖN.
Dafür stehen zum Ausgleich auch jeden Tag die besoffenen Verbrecher am Steuer drinnen.
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Ich trinke selber gerne das eine oder ander Glas, aber entweder zuhause oder ich gehe zu Fuß. Bim und Taxi gibts natürlich auch.