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Martin Gasselsberger: Kreativer Tastengeist

Von Karin Schütze, 11. November 2016, 00:04 Uhr

Manches erweist sich rückblickend als Glück. Etwa, dass Martin Gasselsberger weder Tennis-Profi noch klassischer Pianist wurde, sondern sich mit Leib und Seele dem Jazz verschrieben hat – zu hören auf zwei neuen CDs und ebenso live zu erleben.

Mit seinem Trio mg3 tourt er durchs Land, daheim ist er in Gaspoltshofen. Pianist Martin Gasselsberger über seinen Werdegang, was ihn inspiriert und den Wandel in der Musikbranche.

Sie kommen von der Klassik, sind aber mit 15 zum Jazz gewechselt. Was war der Grund?

Ein Lehrer, der eine Band gegründet hat. Ich hab’ mich überhaupt nicht ausgekannt. Dann hab’ ich meine ersten Stunden bei Helmar Hill bekommen. Mit 18 hab’ ich noch einen klassischen Wettbewerb gespielt: Chopin und Bach. Da habe ich dann gemerkt, dass ich bei klassischen Konzerten irrsinnig nervös bin, und bei Jazz überhaupt nicht. Das war meins.

Vieles von Ihnen klingt eher lyrisch. Ihr Markenzeichen?

Ich tue mir viel leichter, etwas Ruhiges zu schreiben, als die vollen Fetzer. Obwohl ich kein schwermütiger Mensch bin. Ich hab’s auch gern schräg, aber manchmal auch einfach nur schön. Meine Musik wird oft mit Filmmusik in Verbindung gebracht. Das wäre auch ein Bereich, der mich wahnsinnig interessieren würde.

Was steht am Anfang eines Stücks – ein Gefühl, ein Bild?

Extrem inspirierend sind für mich Filme. Aber ich bin keiner der Komponisten, die von sich behaupten, dass sie immer eine Geschichte im Kopf haben. Manchmal ist Komponieren auch einfach, in der Früh aufstehen und es tun. Manchmal kommt mir etwas einfach so aus, das sind dann meist schnellere, lustigere Stücke.

Sie sind Gaspoltshofen treu geblieben. Wien oder Berlin waren nie ein Thema?

Schon. Ich habe in Wien studiert, aber ich bin lieber aus der Stadt hinausgefahren als hinein. Ich bin kein Stadtmensch. Und es hätte sich mit meinen familiären Strukturen und der halben Lehrverpflichtung an der Musikschule nicht vereinbaren lassen.

Wie geht man eigentlich ans Improvisieren heran?

Es ist ein Sammelsurium aus sich freigeben, Mut und theoretischem Wissen. Ich möchte mit meiner Musik die Menschen berühren. Es macht mir gar nichts, wenn einer nach dem Konzert eine Melodie von mir pfeift.

Welche Rolle spielt Freiheit in der Musik für Sie?

Eine große, je älter ich werde, umso größer. Es muss immer Platz sein für spontane Improvisationen. Es braucht ein gewisses Alter, um das auf der Bühne zu genießen und etwas einfach einmal nur klingen zu lassen. Schnell zu spielen, ist manchmal gar nicht so schwer, wie mit wenigen Tönen eine Stimmung zu erzeugen.

Wann war der Moment, als Sie gedacht haben, jetzt läuft’s?

War der schon? In der Naivität war der Moment sehr bald, mit der ersten CD, da war ich 20. Dann ist die Ernüchterung gekommen. Ich hab noch nie über einen längeren Zeitraum das Gefühl gehabt, jetzt läuft’s. Es ist immer ein Auf und Ab. Das Kreative und das Musik-Business lassen sich nicht ganz vereinen. Das führt dazu, dass man sich nie ganz sicher ist, ob es läuft. Aber unterm Strich bin ich sehr zufrieden. Breite ist wichtig, wie bei meinen Geschichten mit Musik und Literatur.

Wie ist die gemeinsame Arbeit mit Schauspieler Frank Hoffmann entstanden?

Ich bin für eine Benefizlesung gefragt worden, ob ich den musikalischen Beitrag machen könnte und jemanden wüsste, der liest. Ein Freund hat mich auf die Idee gebracht, Frank Hoffmann anzurufen. Ich hab ihn angerufen, ihm CDs gebracht, und es hat ihm gefallen.

Wäre Vielseitigkeit auch Ihr Rat an junge Kollegen?

Bis zu einem gewissen Grad ja, aber so, dass jedes Projekt zur Zufriedenheit gemacht werden kann. Sonst wird es zu viel und man hat das Gefühl, nichts mehr gescheit zu machen. Es ist überhaupt eine interessante Frage, ob man jungen Menschen raten sollte, professioneller Musiker zu werden. Die Strukturen werden andere. Es wird immer wichtiger, sich Partner aus der Wirtschaft zu holen, sich selbst um Sponsoring umzuschauen. Mit einer traditionellen musikalischen Herkunft – sprich Jazz – zu überleben, ist gar nicht mehr so leicht.

Hat es einen Plan B gegeben?

Es war für mich immer klar, dass ich unterrichten und Konzerte spielen will. Mein Plan A war bis zu meinem 14. Lebensjahr , Tennis-Profi zu werden. Aber ich habe im Training nicht klar genug gewonnen. Mit 18 hab’ ich meinen ersten Bandscheibenvorfall gehabt und war froh, dass ich mich mit 15 für die Musik entschieden hatte.

Ein paar Worte zu Ihren zwei neuen CDs?

"Duck Talk" mit Triple Ay, der aktuellen Formation mit Klaus Dickbauer und Wolfi Rainer, ist ein bissl die hippere Seite, da geht teilweise ziemlich die Post ab. Die andere CD, "Out & Across", ist ein Live-Mitschnitt mit dem Vibraphonisten Tim Collins. Der Typ ist mit allen musikalischen Wassern gewaschen. Dann gibt es noch eine Kompositionsband mit ein paar Werken für junge Pianisten, der demnächst herauskommt.

******

Live: Mit Frank Hoffmann (Foto re.), seinem Trio mg3 und dem Programm „Liebe und so weiter…“ gastiert der Pianist am 19. 11., 20 Uhr, auf Schloss Stauff in Frankenmarkt und am 3. 12., 20 Uhr, in St. Martin im Innkreis / Martinus-Saal. Das Weihnachtsprogramm „Schöne Bescherung“ mit Frank Hoffmann und Martin Gasselsberger lockt am 2.12., 20 Uhr in St. Valentin im KultURgut; 7. 12., 19.30 Uhr, Puchheim auf der Kellerbühne; 18. 12., 18.30 Uhr, Puch im Jakobisaal; 21. 12., 19.30 Uhr, Geboltskirchen, Kulturgut Hausruck; 22. 12., 20 Uhr, Traunreut, k1. Infos: www.gasselsberger.com

Vita: In Ried im Innviertel 1980 geboren, studierte Martin Gasselsberger an der Universität für Musik/Darstellende Kunst in Wien. Bekannt wurde er mit seinem Trio mg3, im Duo mit Sängerin Petra Linecker wie Schauspieler Frank Hoffmann, Bluesmusiker „Sir“ Oliver Mally u. a.

Neues: Die CD „Out & Across“ (ATS-Records) ist ein Live-Mitschnitt der mg3-Tournee mit Vibraphonist Tim Collins 2014. „Duck Talk“ (Universal) entstand mit dem Trio Triple Ay mit Klaus Dickbauer und Wolf Rainer.

 

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