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"Zwillingsgewächs": Häufige Diagnose bei jungen Frauen

Von Ulrike Griessl, 16. Oktober 2019, 00:04 Uhr
Zwillingsgewächs Dermoidzyste
Die Diagnose „Dermoidzyste“ erschreckt Betroffene meist sehr. Bild: colourbox.de

Medizinisch heißen die oft mit Haut und Haaren gefüllten Geschwülste Dermoidzysten. Sie sind fast immer gutartig.

Die Diagnose "Dermoidzyste" erschreckt Betroffene meist sehr. Denn es ist typisch für dieses Gewächs, das im Volksmund oft als "verlorener Zwilling" bezeichnet wird, dass sich darin vollständig entwickeltes Material wie Haare, Haut, Zähne oder Drüsengewebe befindet. Am häufigsten finden sich Dermoidzysten bei Frauen im gebärfähigen Alter.

Primar Lukas Hefler, Vorstand der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe der Linzer Spitalspartner Ordensklinikum und Barmherzige Brüder, erklärt im Interview unter anderem, warum es sich bei Dermoidzysten nicht um "verlorene Zwillinge" handelt, wie viele vermuten.

OÖN: Sind Frauen oder Männer häufiger betroffen?

Primar Lukas Hefler: Die meisten Dermoidzysten kommen in den Eierstöcken und somit bei Frauen vor. Bei Männern entstehen Dermoidzysten im Bereich der Hoden, sind aber seltener.

Gibt es eine bestimmte Altersgruppe, in der Dermoidzysten besonders häufig auftreten?

Ja, sie werden oft bei jungen Frauen entdeckt. Einerseits weil diese im Routine-Ultraschall des Gynäkologen zufällig erkannt werden. Andererseits, weil wegen hormoneller Probleme gezielt danach gesucht wird.

Dermoidzysten werden auch als Zwilling oder Zwillingsgeschwulst bezeichnet. Handelt es sich dabei tatsächlich um verkümmerte Zwillinge?

Nein, die Basis der Dermoidzysten entsteht aus einer Fehlentwicklung von embryonalem Gewebe, daher werden Dermoidzysten im Volksmund fälschlicherweise als Zwilling bezeichnet. Diese Begrifflichkeit führt oft zu Missverständnissen.

Warum finden sich in Dermoidzysten oft Haare und Zähne?

Dieses embryonale Gewebe hat die Basisprogrammierung für alle möglichen Zell- und Gewebsformen. Starten diese Zellen die Differenzierung, können verschiedene Gewebe wie zum Beispiel Knochen, Zähne oder Haare entstehen, aber an einem falschen Ort.

Warum treten Dermoidzysten bei Frauen vor allem in den Eierstöcken und bei Männern häufig im Bereich der Hoden auf?

Die Zellbasis von Dermoiden sind Keimzellen, die sämtliche Basisprogramme enthalten und in unseren Fortpflanzungsorganen vorkommen – beim Mann im Hoden und bei der Frau im Eierstock. Sehr selten kommen sie aber auch im Bereich des Auges und der Wirbelsäule vor.

Wie groß können Dermoidzysten werden?

Dermoidzysten wachsen zwischen zwei Millimeter und zwei Zentimeter im Jahr. Wenn sie nicht durch Ultraschall entdeckt werden und keine Symptome verursachen, können sie beachtliche Ausmaße annehmen und sogar den gesamten Bauchraum ausfüllen.

Wie gefährlich sind Dermoidzysten?

Ab einer Größe von sechs Zentimetern besteht das Risiko, dass sich der Eierstock eindreht, die Blutversorgung abschnürt und somit abstirbt, er stranguliert sich sozusagen selbst. Eine Entartung, also Bildung von bösartigem Krebsgewebe, ist bei Frauen sehr selten. Circa jede hundertste Dermoidzyste ist bösartig. Bei Männern ist das Krebsrisiko höher.

Ist bei Frauen durch eine Dermoidzyste im Eierstock die Fruchtbarkeit gefährdet?

Dermoidzysten sind von denselben Hormonen abhängig wie der gesamte Zyklus der Frau. Sie kommen auch im fruchtbaren Alter der Frau am häufigsten vor und können den Eierstock hormonell oder mechanisch an seiner Aktivität hindern.

Wie werden Dermoide behandelt?

Sie werden operativ entfernt. In den meisten Fällen ist dies minimalinvasiv mittels Bauchspiegelung möglich. In Narkose wird die Dermoidzyste aus dem Eierstock ausgeschält. Meist kann der Eierstock dabei erhalten werden und muss nicht entfernt werden.

Können sich Dermoidzysten auch von selbst wieder zurückbilden?

Nach Eintreten des Wechsels haben Dermoidzysten keine Hormone mehr zur Verfügung, die die Zellteilung anregen. Das Wachstum stoppt, aber das vorhandene Gewebe bildet sich nicht mehr zurück.

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Autorin
Ulrike Griessl
Redakteurin Leben und Gesundheit
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