Gemini oder GPT? Eine Frage für die Glaskugel
Das Jahr neigt sich dem Ende zu, 2024 ist nur noch wenige Tage entfernt. Und fast wünscht man sich eine Glaskugel, die einen Blick auf das neue Jahr und auf das, was uns erwartet, erlaubt. Gerüstet wäre man dann, für alles, was kommt – so der damit verbundene Irrglaube.
Selbst wenn ich Ende 2022 gewusst hätte, was sich im Bereich der künstlichen Intelligenz und des Maschinenlernens tut, vorbereitet wäre ich trotzdem nicht gewesen. Zu utopisch kam vieles noch daher, beeindruckend praktisch hat manches seitdem Einzug in den Alltag gehalten. Eines steht ganz ohne Glaskugel fest: Das Wettlaufen der großen Tech-Konzerne um die KI-Vorherrschaft geht weiter. Google hat mit Anfang Dezember Gemini (zu Deutsch Zwilling) ins Rennen geschickt.
Gemini ist für Bard, was GPT4 für ChatGPT ist, also das Large Language Modell (LLM) hinter dem Chatbot. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. GPT4 ist die Technologie, die das beliebte KI-Instrument ChatGPT so schlau macht. Und genau das soll Gemini für Bard tun.
Sollte Ihnen Bard (noch) nicht bekannt sein, sind Sie damit nicht allein. Die enorme Aufmerksamkeit für ChatGPT hat die Konkurrenz bisher fast unsichtbar gemacht. Genau deshalb will Google nun aufholen und stattet seine KI-Anwendung mit einem eigenen Sprachmodell aus – selbstverständlich einem besseren, wie Google betont. Das Modell ist – im Gegensatz zu anderen – auf Multimodalität ausgelegt. Das heißt, es kann mit Text, Ton, Bildern, Videos und auch Codes umgehen und diese unterschiedlichen Informationen miteinander kombinieren.
Umstrittenes erstes Promo-Video
Außerdem sei Gemini in Sachlichkeit und Genauigkeit GPT4 überlegen, heißt es von Google. Da entbehrt es natürlich nicht einer gewissen Ironie, dass ein erstes Promo-Video von Gemini als ziemliche Trickserei enttarnt wurde. Die dargestellten Anwendungen und Möglichkeiten seien verkürzt und ohne die notwendigen Zwischenschritte gezeigt worden, so die Kritik.
Zudem ist die Version Gemini Ultra, die auch bei Bild- und Videoerkennung keine Probleme haben soll, bisher nicht verfügbar. Selbst Gemini Pro ist derzeit bei Bard in der EU noch nicht implementiert. KI-Experten machen dafür auch den europäischen Fokus auf Regulierung statt Förderung verantwortlich, aber das ist eine andere Geschichte. Bislang macht der Zwilling also GPT4 noch keine Konkurrenz. Vergleicht man ihn allerdings mit der kostenlosen Variante von OpenAI (bei der GPT 3.5 angewendet wird), ist Bard ChatGPT überlegen. Google spielt dort seine weltumspannende Macht als Suchmaschinen-Gigant aus und ist damit aktueller.
Derzeit hat Google einige Vorteile auf seiner Seite. Dazu gehört auch, dass es das Modell gleich in eine Reihe von Google-Produkten integrieren kann – bis hin zum Smartphone. Wann diese umfassende Integration kommt und wer das Rennen gewinnt? Glaskugel, bitte!