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Baustelle Mensch und Niki Lauda

Von Barbara Rohrhofer, 29. Dezember 2018, 00:04 Uhr
Neben Tasuku Honjo, erhielt auch James Allison (Bild, li.) den Nobelpreis für Medizin für seinen Beitrag zur Krebsbehandlung durch Immuntherapie. Bild: Reuters

Die Medizin kann viel – aber ist auch alles ethisch vertretbar? Ein Jahresrückblick von OÖN-Redakteurin Barbara Rohrhofer.

Es war Ende Juli. Niki Lauda verbrachte seinen Urlaub mit seiner Frau und den neunjährigen Zwillingen auf Ibiza, als er massive Atemprobleme bekam. Kurze Zeit später versagte seine Lunge komplett. Der Mann, der schon seit Jahrzehnten mit zwei transplantierten Nieren lebt, wurde nach Wien ins AKH gebracht. Am 2. August bekam er eine neue Lunge. Nach zweieinhalb Monaten wurde er in einem guten Allgemeinzustand entlassen. Ein Wunder? Nicht wirklich. Aber ein Beispiel dafür, was Medizin alles kann.

Herzkranke Ungeborene werden im Mutterleib operiert, abgetrennte Arme von Unfallopfern wieder angenäht. So manche Krebsdiagnose, mit der man heute viele Jahre gut leben kann, glich noch vor einem Jahrzehnt einem schnellen Todesurteil. Patienten mit dem gefürchteten schwarzen Hautkrebs werden – oftmals über lange Zeit – sehr erfolgreich mit Immuntherapie behandelt. Oberösterreichische Mediziner berichten von Betroffenen, die wieder gesund wurden, obwohl sie zum Zeitpunkt der Diagnosestellung voller Metastasen waren. Die neue Therapie schafft es, das eigene Immunsystem so zu aktivieren, dass sich der Körper gegen die Krebszellen aktiv wehrt. Für diesen Ansatz wurde der diesjährige Nobelpreis für Medizin verliehen.

Was der Wissenschaft derzeit gelingt, liest sich wie eine Geschichte von unglaublichen Erfolgen, die sich auf unsere Lebenserwartung niederschlägt. Vor 100 Jahren lag sie bei 50, heute bei knapp 82 Jahren. Doch nicht alles, was medizinisch möglich ist, ist auch ethisch vertretbar. Die Geburt der ersten genmanipulierten Babys in China hat Ende November weltweit heftige Kritik ausgelöst und neue Fragen aufgeworfen. Die Mädchen sind die ersten "Designer-Babys", deren Gene nicht nur im Reagenzglas verändert wurden, sondern die auch in eine Gebärmutter eingesetzt und geboren wurden. Nach Angaben der Forscher wurde die "CRISPR/Cas9-Gen-Schere" verwendet. Diese Technik ermöglicht es, bestimmte Abschnitte aus der DNA zu entfernen und durch neue Gensequenzen zu ersetzen. Im konkreten Fall soll der Eingriff die Kinder gegen HIV resistent gemacht haben.

Für die Ethikerin Susanne Kummer ist diese Meldung über Keimbahnveränderung bei menschlichen Embryonen ein "Schlag ins Gesicht für alle, die einen verantwortungsvollen Umgang mit Gentechnik beim Menschen befürworten".

Grundsätzlich gilt es bei Eingriffen mittels der "CRISPR/Cas9"-Gen-Schere zu unterscheiden: Die gentherapeutische Anwendung beim Erwachsenen ist – so österreichische Forscher – ethisch unproblematisch, wenn sie korrekt durchgeführt wird und zur Gesundung beiträgt. Der Eingriff in die Keimbahnen, also in den Embryo selbst, ist in Österreich verboten. "Der Embryo vererbt diese genetische Veränderung dann nämlich an die nächsten Generationen. Welche Folgen das für die Menschen hat, kann man heute noch nicht abschätzen", warnt Genetiker Markus Hengstschläger. Er spricht von einer Veränderung, die nicht mehr rückgängig zu machen sei. Der deutsche Ethikratsvorsitzende Peter Dabrock spricht sogar von einem "Super-GAU".

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