„Ich liebe die Spraydose und die großen Wände“
LINZ. Nychos, international gefeierter Street-Art-Künstler, hinterließ Spuren im Linzer Hafen
Demnächst wird er 40 Jahre alt, was für einen Street-Art-Künstler schon ein stattliches Alter ist. Nychos, wie der Steirer als Künstler gerufen wird, scheut auch nicht vor riesigen Wänden zurück. Das kann man im Linzer Hafen seit Jahren sehen. Die grüne Schlange, die ein Kaninchen verschluckt hat, ist sein Werk. Mit klar erkennbarer Handschrift, mehr als 500 Quadratmeter groß, im Jahr 2017 geschaffen.
Nun war der international bekannte Künstler, der in Wien und in Los Angeles lebt, wieder im Mural Harbor aktiv. Auf dem alten Silo hat er sich diese Woche mit einer anatomischen Wandmalerei verewigt. Wie es seine Art ist. Denn er liebt die Spraydose und mag große Flächen. Mit den OÖN hat der Street-Art-Künstler über Wände, Graffiti und die Bedeutung von Linz in der Szene gesprochen.
OÖNachrichten: Gibt die Wand das Motiv vor?
Nychos: Die Wand im Hafen kenne ich, und sie ist schön groß. Da hatte ich schnell eine Idee im Kopf. Die Schlange, die ich vor Jahren gemacht habe, war sehr detailreich. Jetzt reduziere ich mich komplett auf das Skelett. Das ist eine simplere Geschichte.
Als Laie staunt man darüber, wie Künstler in der Wand hängen und diese Kunstwerke schaffen. Was braucht man dafür?
Vorstellungskraft und Erfahrung. Man muss viel malen, tausend Mal ausbessern – bis man eines Tages weiß, wo was hingehört. Vorzeichnen war bei der Schlange ein interessantes Thema.
Inwiefern?
Wenn ich eine Zeit lang Pause mache, dann muss ich mich erst warm malen. Bei der Schlange, die in sechs Tagen entstanden ist, habe ich zuvor monatelang durchgesprüht, war gut in Form. Das ist bis heute immer noch meine allergrößte Wand.
Bei den Motiven gehen Sie jetzt mehr in Richtung Anatomie, legen praktisch Knochen frei.
Die Knochen waren schon immer am Start (zückt sein Handy und zeigt mehrere seiner Graffiti, Anm.). Auch wenn die Leute mittlerweile meinen Stil erkennen, will ich nicht immer das Gleiche malen.
Wann haben Sie begonnen?
Im Alter von 17 Jahren habe ich die Spraydose in die Hand genommen und war von da an süchtig (lacht)!
Sind Sie sich Ihres internationalen Status bewusst?
Bekanntheit strebt jeder an. Es hängt aber davon ab, wie sehr man sich mit der Szene auseinandersetzt, um Graffiti zu verstehen. Man muss an vielen Plätzen malen, sich ausprobieren.
Was inspiriert Sie?
Alles, was mir auffällt, was passiert. Anatomie ist ein Thema, auf das ich sehr viel aufbaue. Spiritualität spielt mehr in meiner Malerei im Atelier eine Rolle.
Was ist die Faszination an der Wandmalerei?
Die Dimension der Wand, aber auch der mentale und der physische Prozess. Es ist großartig, in Bewegung zu sein. Das lässt sich mit einem Sportler vergleichen.
Wo steht die Graffitikunst?
Graffiti an sich werden nicht weniger. Das ist ein Energie-Monster, das sich durch die Menschen beißt (lacht). Schriftzug-Graffiti wird es immer geben, die Malerei wird immer mehr.
Wie sehen Sie Linz in der internationalen Graffiti-Szene?
Wie es der Poidl (Mural-Harbor-Chef Leonhard Gruber, Anm.) angeht, ist gut. Die besten Locations sind immer die, die von Künstlern organisiert werden. Meinen amerikanischen Kollegen schwärme ich immer vom Mural Harbor vor. Hier kann man sich einfach austoben – in einem sehr chilligen Umfeld. Ich war jetzt sechs Jahre lang nicht da, es hat sich viel verändert. Es wäre cool, wenn es da noch weitergeht. Hier kann man durch den Hafen spazieren und Bilder anschauen. Es ist schon überraschend, dass sich das in Linz so entwickeln konnte.
Zur Person
Österreichs wohl bekanntester Street-Artist kam in Bruck an der Mur zur Welt und wuchs in einer traditionellen Jägerfamilie auf. Tod und Sezieren gehörten zum Alltag, die Nähe zu tierischen Eingeweiden hat ihn auch visuell geprägt.
In seiner Kunstwelt sieht man dies. Der 1982 geborene Künstler ist bekannt für seinen charakteristischen Sektions-, Querschnitts-, Röntgen- und Transluzenz-Stil, in dem er oft Tiere und Charaktere aus der Popkultur porträtiert. Seine Gemälde und Zeichnungen wurden in Galerien auf der ganzen Welt ausgestellt. Sie dienen dem Steirer als Ergänzung zu seinen großformatigen öffentlichen Arbeiten in aller Welt.
Sein Pseudonym Nychos stammt vom Dinosaurier „Deinonychus“. Der Name bedeutet auf Lateinisch „schreckliche Klaue“.
Gehe ab und zu im Handelshafen fischen.
Ich finde die Graffitis faszinierend, aber ich muss mich auch immer wieder abhauen, denn bei genauen Hinschauen sind die Motive auf kreative weise sehr witzig.
Sehr schön.
Und solche Künstler mit den depperten Vandalen in einem Atemzug zu nennen, ist eine Beleidigung für >nychos< und Co.
Ich finde seine Arbeiten und generell schöne Graffitis richtig toll. Schade, dass diese sinnlosen Schmierereien und Verschandelungen von manchen Deppen oft einen negativen Eindruck hinterlassen.