Schloss Hohenbrunn konnte er retten, nicht aber die Linzer Wollzeugfabrik
LINZ. Ihm verdankt Oberösterreich die Rettung vieler Baudenkmäler. Seine größte Leistung wurde ihm später zur Bürde. Die Entdeckung, Freilegung und Erforschung der romanischen Fresken im Stift Lambach ließen Landeskonservator Norbert Wibiral nicht zur Ruhe kommen. Der Kunsthistoriker starb 89-jährig in Linz.
„Wibiral war ein echter Gelehrter. Menschen wie ihn findet man heute nur noch selten“, sagt Hofrat Wilfried Lipp über seinen früheren Vorgesetzten, dem er 14 Jahre lang assistierte. „Er hat in seiner Zeit als oberster Denkmalschützer unseres Landes eine unendliche Menge von Restaurierungsleistungen vollbracht. Daneben hat er sich intensiv mit der Wissenschaft beschäftigt. Wibirals Dissertation über Heinrich von Ferstl, den großen Architekten des Historismus, ist heute noch ein Standardwerk, weil es die Baukunst des 19. Jahrhunderts neu bewertete.“
Wibiral wurde 1921 nahe Kaplitz als Sudetendeutscher geboren. Vor dem Zweiten Weltkrieg besuchte er das deutsche Gymnasium in Brünn. Im Anschluss an die Matura wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Nach traumatischen Kriegs- und Gefangenenjahren kehrte er 1947 aus Russland zurück und begann in Wien Kunstgeschichte zu studieren. Dem Abschluss seines Studiums folgte ein Forschungsaufenthalt im Vatikan. 1956 wurde Wibiral zum Landeskonservator bestellt. „Damals gab es die erste Restaurierungswelle nach dem Krieg. Die Sanierung der großen Stifte fiel ebenso in seine Zeit wie die Entdeckung der Lambacher Fresken“, sagt Lipp.
Der größte zusammenhängende Zyklus der Wandmalerei aus dem Hochmittelalter in Österreich wurde unter seiner Anleitung restauriert. Die Arbeiten dauerten zwei Jahrzehnte. „Den Fresken widmete er auch den großen wissenschaftlichen Kern seiner Arbeit. Dazu hat er weltweit die Literatur durchforstet und mehrere Arbeiten verfasst. Zum geplanten ,Opus Magnum’ über den Freskenzyklus ist es nicht mehr gekommen. Darunter hat er zeitlebens gelitten“, sagt Lipp.
1969 ließ der Linzer Stadtsenat die barocke Wollzeugfabrik in die Luft sprengen. Gemeinsam mit den OÖNachrichten stemmte sich Wibiral bis zuletzt gegen diesen Kulturfrevel. Besser erging es ihm mit dem Jagdschloss Hohenbrunn bei St. Florian. Dank seines Engagements konnte der schon beschlossene Abriss verhindert werden. Aus Hohenbrunn wurde nach der Restaurierung das oö. Jagdmuseum.
1985 wurde der kinderlos gebliebene Junggeselle pensioniert. „Er war ein liebenswürdiger und korrekter Herr, der eine natürliche Autorität hatte“, schätzte ihn Wilfried Lipp auch als Mensch.
Norbert Wibiral wird heute, 14 Uhr, auf dem Urnenhain in Linz-Urfahr verabschiedet.