Prozess vertagt: Landtagsabgeordneter bestritt Vergewaltigungsvorwürfe
LINZ. Unter regem Medieninteresse hat am Donnerstag der Prozess gegen einen oberösterreichischen Landtagsabgeordneten und Bürgermeister begonnen, der eine Mitarbeiterin mehrmals vergewaltigt, sexuell belästigt und verleumdet haben soll.
Der ÖVP-Politiker gab gegenüber der Presse keine Stellungnahme ab. Er leugnet die Vorwürfe vehement. Der Prozess wurde am Nachmittag auf unbekannte Zeit vertagt, eventuell soll eine Handyauswertung gemacht werden.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, eine Mitarbeiterin zwischen 2014 und 2016 zweimal sexuell belästigt und dreimal vergewaltigt zu haben. Er habe dabei "seine berufliche Position und seine körperliche Überlegenheit ausgenützt", sagte die Staatsanwältin. Die Frau habe gedacht, dass man ihr nicht glauben würde und deshalb lange geschwiegen. "Von sich aus hätte sie die Vorwürfe nie zur Anzeige gebracht." Allerdings berichtete sie in einer Gemeinderatssitzung 2019 davon. Der Bürgermeister stritt alles ab. Er brachte gegen die Mitarbeiterin eine Unterlassungsklage ein und eine Sachverhaltsdarstellung "ohne die wir heute hier nicht sitzen würden", sagte die Anklagevertreterin.
Die Frau wurde daraufhin zunächst als Beschuldigte einvernommen. Allerdings präsentierte sie den Ermittlern ein Taschentuch mit DNA-Spuren von beiden. Der Bürgermeister habe zunächst in Abrede gestellt, dass ein solches existieren könnte, und einen Mundhöhlenabstrich verweigert, so die Staatsanwältin. Später habe er gesagt, die Mitarbeiterin müsse sich das Taschentuch aus einem Mistkübel in der Toilette geholt haben, wo er masturbiert habe. Wie auch weibliche DNA daraufgekommen sei, könne er sich nicht erklären.
Verteidiger Oliver Plöckinger konzentrierte sich auf die Zeitangaben der Frau und versuchte, diese mit detaillierten Zeitprotokollen zu erschüttern. So will der Angeklagte einmal etwa am Gardasee gewesen sein. Dazu soll nun eine Handyauswertung erfolgen, man erhofft sich offenbar Aufschüsse aus den Geodaten. Voraussetzung ist, dass das damalige Handy noch vorhanden ist. Das muss nun geklärt werden. Zudem legte Plöckinger Fotos vom mutmaßlichen Opfer in "seliger Runde" wenige Tage nach einer angeblichen Vergewaltigung vor. Auf manchen würde die Frau den Politiker sogar regelrecht "anhimmeln".
Privatbeteiligten-Vertreter Clemens Krabatsch bezeichnete die Fotos lediglich als "Momentaufnahme". Er konterte mit einem USB-Stick, auf dem der WhatsApp-Verkehr zwischen Angeklagtem und seiner Mandantin sei. Der Angeklagte habe der Frau ein anzügliches Video geschickt und just jenes Video sei nicht auf den von dem Politiker vorgelegten WhatsApp-Nachrichten enthalten, so Krabatsch. Der "justizfremde USB-Stick" konnte aber angesichts der vorgerückten Zeit nicht mehr auf Viren geprüft und deshalb noch nicht angesehen werden.
Die Zeugen aus dem Gemeindeamt - Mandatare unterschiedlicher Parteien und Mitarbeiter - zeichneten allerdings ein sehr positives Bild des Bürgermeisters und ein weniger gutes des mutmaßlichen Opfers. Der Umgang des Ortschefs mit Frauen sei immer korrekt gewesen, jener der Frau mit Mitarbeitern weniger, so der Tenor. Auch habe sie die Nähe des Ortschefs gesucht. Die ehemalige Vizebürgermeisterin (ÖVP) berichtete, die Frau habe den Bürgermeister bei einer dienstlichen Meinungsverschiedenheit angedroht: "Wenn ich gehe, gehst du auch", sie würde ihn der sexuellen Belästigung bezichtigen.
Die psychiatrische Sachverständige Gabriele Wörgötter attestierte dem Opfer eine rezidivierende (wiederkehrende) depressive Störung, die sich vor dem Hintergrund der belastenden Ereignisse entwickelt habe. Eine posttraumatische Belastungsstörung stellte sie aber nicht fest. Wenn es die sexuellen Übergriffe gegeben habe, seien diese als Hauptursache der Depression zu sehen, was einer schweren Körperverletzung in rechtlicher Sicht entsprechen würde,.
Nachdem die Anklage gegen ihn öffentlich bekannt geworden war, hat der Politiker sein Landtagsmandat ruhend gestellt, Bürgermeister ist er aber geblieben. Bei der ÖVP verwies man auf die Unschuldsvermutung, betonte aber, dass es im Fall einer Verurteilung "umgehend entsprechende Konsequenzen geben wird". Die Strafdrohung für den schwersten Vorwurf der Anklage liegt bei fünf bis 15 Jahren, ein Mandatsverlust erfolgt üblicherweise ab einer Strafe von einem Jahr unbedingt. Allerdings sind in Oberösterreich im Herbst Landtags- und Kommunalwahlen - und dass vor Ablauf der Frist für Einbringung der Kandidatenlisten ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, ist höchst ungewiss.