OÖN-Serie "Unser Wald": "Die Baumgrenze verschiebt sich"
MINING. Baumexperte Hannes Gadermair über ideales Wetter, den Wald der Zukunft und die größten Gefahren für Bäume.
Hannes Gadermaier betreibt nicht nur die gleichnamige Baumschule im Innviertel, sondern ist auch Obmann des Verbandes österreichischer Forstbaumschulen. Er kennt Bäume und ihre Wachstumsvoraussetzungen wie kein Zweiter – und weiß, was Klimaänderungen für sie bedeuten.
OÖN: War das Wetter für die Bäume bisher günstig?
Gadermair: Aus Sicht der Bäume waren der nasse Herbst und Winter optimal, das sind ideale Bedingungen. Allerdings sind wir aufgrund der milden Temperaturen früher dran, die Bäume treiben aus. Das birgt die Gefahr von Frostschäden, sollte es nochmal kalt werden. Manche Bäume, wie etwa Eiche oder Tanne, sind generell später dran und deshalb weniger betroffen. Bei besonderen Wetterlagen, wenn der Tag sehr warm und die Nachttemperatur unter null Grad absinkt, kann eine Frosttrocknis oder Winterdürre auftreten. Dann beginnt der oberirdische Pflanzenteil zu transpirieren, die Wurzeln können aber wegen des gefrorenen Bodens kein Wasser liefern. Somit trocknet sich der Baum selbst aus.
Oft wird die Douglasie als Baum der Zukunft genannt. Zu Recht?
Nur zum Teil. Die junge Douglasie ist zum Beispiel gefährdet durch Frosttrocknis. Und sie ist nicht für jeden Standort geeignet – zum Beispiel nicht für Boden mit freiem Kalk, wie er teilweise im Kalkalpengebiet oder im Salzkammergut vorkommt. Auch schwere Lehmböden oder staunasse Böden sind kein geeigneter Untergrund für diesen Baum. Prinzipiell hält die Douglasie höhere Temperaturen aber besser aus und ist auch eine gute Alternative als Bauholz. Problematisch sind für Bäume nicht allein Trockenperioden, sondern besonders Schädlinge. Denn jeder Baum hat seinen eigenen Schädling. Dazu kommen noch Pilze, die manchen Baumarten wie den Eschen massiv zusetzen.
Das heißt, entscheidend ist der Boden?
Ja. Das wird bei der Diskussion über den Klimawandel oft vergessen. Man muss sich zuerst um den Boden und das Mikroklima des Standorts Gedanken machen, denn das bestimmt, welche Pflanzen wo gut wachsen können und welche nicht. Das gilt nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für den Wald. Die Fichte wird es mit veränderten klimatischen Bedingungen schwerer haben – aber nicht wegen mehr Trockenperioden. Das eigentliche Problem sind die Borkenkäfer, die sich stärker vermehren. Auf Nordhängen ohne Sonne und mit viel Feuchtigkeit können Fichten auch in Zukunft wachsen. Die Tanne kommt mit diesen Bedingungen besser zurecht, hat aber den Nachteil, dass sie viel langsamer wächst. Neben Biodiversität darf man wirtschaftliche Aspekte nicht vergessen.
Wie sieht der Wald der Zukunft aus?
Manche Baumarten werden zurückgedrängt, andere werden wieder mehr werden. Durch eine gute Mischung verschiedener Baumarten kann man das Risiko streuen, um für zukünftige klimatische Änderungen besser gerüstet zu sein. Bäume wie Eibe, Elsbeere, Speierling sind heute seltener. Nadelbäume werden auch in Zukunft einen großen Teil der Waldfläche ausmachen, ihr Anteil geht aber bereits zurück. Die Tanne ist ursprünglich eine mediterrane Baumart, sie kommt auch in Süditalien vor. Die Fichte stammt aus Skandinavien und mag es kälter. Die Wissenschaft geht aber davon aus, dass sich in den Bergen die Baumgrenze nach oben verschieben wird. Dort, wo bisher nur mehr Latschen waren, kann es dann Fichten und Lärchen geben. Baumarten, die bisher in Höhenlagen bis 600 Meter zu finden waren, wachsen dann in Zukunft bis auf 900 Meter Seehöhe.
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