BEZIRK AMSTETTEN. Vorschau auf die Gemeinderatswahl am kommenden Sonntag im Mostviertel wie in ganz Niederösterreich: Fernab von Parteizentralen erwiesen sich Bürgerlisten in Aschbach, Ferschnitz und Haag als keine Eintagsfliegen. Sie sind in die Gemeinderäte gekommen, um zu bleiben.
Vor 35 Jahren hat sich die Bürgerinitiative "Müll objektiv" erfolgreich gegen eine Aluschmelze in der alten Haager Ziegelei gewehrt. Hervorgegangen daraus ist die Bürgerliste "Für Haag", die dem damaligen Bürgermeister Josef Jochinger (VP) die absolute Rathausmehrheit abgeluchst hätte, hätte dieser nicht mit dem Millimeterstab Kandidatenstimmzettel der Bürgerliste nachgemessen, um sie für ungültig erklären zu können. Bei der Gemeinderatswahl am Sonntag werden erstmals in Niederösterreich nur noch amtliche Stimmzettel eingeworfen, und bereits die "dritte Generation" von "Für Haag" stellte dafür ihre selbstgezimmerten Werbepyramiden in die Wiesen. Bis auf einen Trauerfall stehen alle Mandatsträger wieder auf der Kandidatenliste, auf der sich sieben neue Gesichter befinden. "Wir geben keine Wahlversprechen, sondern gehen das an, was für unsere Bürger gut und wichtig ist", beschwört Fraktionschef Thomas Stockinger reine Sacharbeit. Prüfungstätigkeit gehöre dazu, "Für Haag" habe dadurch der Stadt allein bei Baustellen 144.000 Euro an überhöhten Zahlungen zurückgeholt. "Leider bedarf es dazu unseres Nachdrucks", sagt Stockinger, der auf die Unbefangenheit einer Fraktion setzt, der keine Einflüsterer einer Parteizentrale in den Ohren lägen. Nicht Programm sei es, sondern es habe sich aus der Größe von mittlerweile neun Rathaussitzen ergeben, dass die Liste weit vor der Kleinfraktion der SPÖ zum Reibebaum mit Bürgermeister Lukas Michlmayr (VP) geworden sei.
Liste für die Dorferneuerung
Verfilzungen mit örtlichen Unternehmen, an die – was die Prüfer des Landes NÖ harsch gerügt hatten – Aufträge freihändig vergeben worden waren, ließen die ÖVP in Aschbach vor zehn Jahren versumpfen. Die Bürgerliste "WIR in Aschbach" sammelte in den Wahlzellen die Denkzettel der von der schwarzen Rathausmehrheit enttäuschten Wählerschaft ein und holte auf Anhieb sieben Mandate. "Obwohl wir von der Causa selber erst aus einem Nachrichtenmagazin erfuhren", sagt Spitzenkandidat Michael Wagner. Eigentlich hatten die Listengründer deshalb kandidiert, um als unabhängige Fraktion Projekte der Dorferneuerung auf direktem Weg in der Gemeinde umsetzen zu können. Die VP hat in der Zwischenzeit ihre Führungsriege ausgetauscht, mit dem neuen Bürgermeister Martin Schlöglhofer (VP) habe sich die Zusammenarbeit schlagartig gebessert, und bald sei auch der Groll der Bevölkerung auf die VP verflogen. Beim Urnengang vor für Jahren sei "WIR in Aschbach" unvermeidlich geschrumpft – auf drei Gemeinderatssitze. Weitermachen lohne sich trotzdem. Gemeinsam mit der wieder zu erwartenden VP-Mehrheit sollen etwa die riesigen Futtersilos des ehemaligen Geflügelhofes Fehringer, auch als "Lost Place" immer noch ein Wahrzeichen an der Westbahn, an Süd- und Westwänden mit Photovoltaik zu einem riesigen Sonnenkraftwerk getäfelt werden.
In Ferschnitz geht "Vielfalt für Ferschnitz" nach sieben Mandaten beim Erstantritt vor fünf Jahren in die zweite Periode. Bürgermeister Michael Hülmbauer (VP) legte man mehr als 550 Unterschriften für eine Volksbefragung zum Erhalt des gemeindeeigenen Altstoffsammelzentrums vor, die dieser mit dem Verweis auf Formfehler versagte. Ein Zebrastreifen steht nebst der Gründung eines Finanzausschusses im Gemeinderat und der Publikation der Gemeinderatssitzungsprotokolle abgehakt auf der Erfolgsliste. Listenführer Christopher Fichtinger wird von seiner Ehefrau Jessica und Tochter Julie per Kandidatur unterstützt, um die Liste mit neun Bewerbern vollzukriegen: "Es ist schwer, Kandidaten zu finden", sagt Fichtinger. Die SP hat in Ferschnitz nur vier Namen auf der Liste stehen.