21-Jährige zu 18 Jahre Haft für Mordversuch an Cousin verurteilt
GRAZ. Eine 21-Jährige ist am Freitag wegen versuchten Mordes an ihrem Cousin in Graz zu 18 Jahren Haft verurteilt worden.
Sie soll dem Opfer heuer im Mai zwei Messerstiche in den Nacken versetzt haben. Der junge Mann überlebte trotz schwerster Verletzungen. Über das Motiv konnte das Gericht nur rätseln, konkrete Angaben machte die Vietnamesin trotz mehrstündiger Befragung nicht. Sie leugnete aber bis zuletzt, dass sie den Mann töten wollte.
"Heute ist die Geschworenenbank prallvoll", freute sich Richter Andreas Lenz zu Beginn der Verhandlung. Eine Woche vorher musste der Prozess nämlich entfallen, weil nur sechs Laienrichter aufzutreiben waren.
Staatsanwalt Daniel Weinberger führte zunächst aus, dass die Angeklagte am Tag der Tat zu ihrem Cousin in die Wohnung gekommen war. Dort hatten die beiden zuvor gemeinsam gewohnt, die 21-Jährige musste sich im Auftrag der Familie um den jüngeren Mann kümmern. Doch nach mehreren Streitereien - die offenbar innerhalb der beiden Familien fortgesetzt wurden - zog sie aus. Sie gab vor, ihm einen Mantel nähen zu wollen und dazu Maß nehmen zu müssen. Dann markierte sie Punkte in seinem Nacken, als er vorgebeugt am Küchentisch saß. Plötzlich stieß sie nach seinen Angaben einen Schrei aus und stach ihm mit zwei Küchenmessern in den Nacken.
Opfer hatte "immenses Glück"
Er schleppte sich in sein Zimmer und schrieb auf ein Notizheft, dass sie ihn getötet habe. Dann warf er blutige Bettwäsche aus dem Fenster, um auf sich aufmerksam zu machen, da sein Handy laut Ankläger blutverschmiert und unbrauchbar war. Passanten verständigten die Polizei. Der junge Mann hatte schwere Verletzungen im Wirbelsäulenbereich und am Thorax, ein Stich ging durch die Speiseröhre. "Er hatte immenses Glück", dass er das überlebt habe, meinte der Staatsanwalt.
Die Angeklagte gab zunächst an, sie sei beim Maßnehmen ausgerutscht, auf den Boden gefallen und ohnmächtig geworden. Als sie wieder zu sich kam, war der Cousin schon verletzt. Warum auch in ihrer Hand ein Messer steckte und sie stark blutete, konnte sie nicht sagen. Mehrere Stunden versuchte der Richter, eine nachvollziehbare Geschichte aus der Verdächtigen herauszubringen, doch ihre Angaben drehten sich im Kreis. Sie gab dann immerhin an, sich an den ersten Stich erinnern zu können. "Sie haben aber zwei Mal zugestochen", meinte der Richter. "Das ist nicht möglich, es gab keinen Grund für einen zweiten Stich", antwortete die Frau. "Es gab auch keinen Grund für einen ersten Stich", konterte der Vorsitzende.
Was sich im Laufe der Verhandlung herauskristallisierte war, dass die Frau offenbar unter großem Druck seitens der Familie stand. Die Angehörigen des Cousins hatten von ihr verlangt, für den Studenten teilweise die Miete zu bezahlen und sich um alles zu kümmern. Ob ihr nur der Druck zu groß geworden war oder ob ein konkreter Mordauftrag seitens der Familie an sie ergangen war, konnte nicht geklärt werden.
Die Version mit der Ohnmacht schloss der psychiatrische Sachverständige Manfred Walzl jedenfalls aus. Bei der aufgezeichneten Befragung unmittelbar nach der Tat im Stiegenhaus durch die Polizei sei die Frau völlig klar gewesen: "So reagiert niemand, der kurz vorher noch bewusstlos war", war sich der Gutachter sicher.
Die Geschworenen waren sich nach kurzer Beratung einig. Mit acht zu null Stimmen sprachen sie die Vietnamesin schuldig. Die Strafe lautete 18 Jahre Haft. Weder die Frau noch der Staatsanwalt gaben eine Erklärung ab, das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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Das Urteil hinterlässt einen schalen Beigeschmack, stellt die Justiz in kein gutes Licht. Motiv ist angeblich keines vorhanden; es gibt aber immer ein Motiv. Der Sachverhalt wurde somit objektiv gesehen nicht ausreichend aufgeklärt. In wenigen Stunden wird der auch nicht aufgeklärt sein in dem Fall, dass sich die Beschuldigte öffentlich nicht zu ihrem Motiv äußern möchte. Solche Anlässe mag es jedoch geben. Die Beschuldigte hatte scheinbar weiters keinen Rechtsbeistand, es wäre möglich, dass sie sich gar keinen leisten kann. Vielleicht hatte sie sprachliche Probleme dem Prozess zu folgen, war der oder die Dolmetscherin nicht kompetent oder stammte sogar aus dem gleichen sozialen Milieu.
Und grundsätzlich sollte man penibel erheben, wie sich der Cousin gegenüber der Verdächtigen benommen hat.