Assistierter Suizid: Die Regeln im Detail
Die geplante Neuregelung für die Hilfe zum Selbstmord bringt ab 2022 die Möglichkeit, Schwerkranken, die ihr Leben beenden wollen, legal zu helfen. Doch in welchen Fällen in das möglich und was sind die Voraussetzungen? Ein Überblick über die neuen Regeln.
Betroffene sollen künftig ein tödliches Präparat in Apotheken beziehen können, das allerdings selbst zugeführt werden muss. Begleitend zu dieser neuen Möglichkeit, mittels einer "Sterbeverfügung" das Leben zu beenden, wird die Hospiz- und Palliativversorgung stark ausgebaut.Wien. Im Folgenden die Details:
ANLASS
Das neue "Sterbeverfügungsgesetz" ist notwendig geworden, da der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das Verbot des assistierten Suizids in Österreich mit Ende 2021 aufgehoben hat - nicht allerdings das Verbot der aktiven Sterbehilfe. Würde es zu keiner Neuregelung kommen, wäre die Beihilfe zum Selbstmord ab dem kommenden Jahr ohne Reglementierung erlaubt gewesen.
ANSPRUCHSBERECHTIGTE
In Anspruch nehmen darf den assistierten Suizid nur eine eng definierte Personengruppe. Dazu muss beim Notar oder Patientenanwalt eine "Sterbeverfügung" errichtet werden, in der der Entschluss festgehalten wird, das Leben zu beenden. Eine solche Verfügung kann nur eine Person errichten, die "an einer unheilbaren, zum Tod führenden Krankheit" oder "an einer schweren, dauerhaften Krankheit mit anhaltenden Symptomen leidet, deren Folgen die betroffene Person in ihrer gesamten Lebensführung dauerhaft beeinträchtigen", heißt es im Entwurf zum "Sterbeverfügungsgesetz". Die sterbewillige Person muss volljährig und "entscheidungsfähig" sein.
Video: Assistierter Suizid ab 2022 erlaubt
STERBEVERFÜGUNG
Vor der Erstellung der Verfügung muss eine Aufklärung durch zwei Ärzte erfolgen, wobei einer der beiden eine palliativmedizinische Qualifikation aufzuweisen hat. Sie müssen bestätigen, dass der Betroffene entscheidungsfähig ist und einen selbstbestimmten Entschluss gefällt hat. Auch muss dabei auf die Möglichkeit psychotherapeutischer Gespräche und suizidpräventiver Beratung hingewiesen werden. Zweifelt ein Arzt an der Entscheidungsfähigkeit der sterbewilligen Person, muss zusätzlich ein Psychiater oder Psychologe beigezogen werden.
Eine Sterbeverfügung darf frühestens zwölf Wochen nach der ersten ärztlichen Aufklärung errichtet werden. Ziel dieser First ist die Überwindung von allfälligen akuten Krisenphasen des Betroffenen. Leidet jemand an einer zum Tod führenden Krankheit und hat nur mehr wenige Wochen zu leben ("terminale Phase"), so kann eine Verfügung auch bereits zwei Wochen nach dem Aufklärungsgespräch unterzeichnet werden. Die Sterbeverfügung verliert durch Widerruf des Betroffenen ihre Wirksamkeit - oder nach Ablauf eines Jahres.
PRÄPARAT
Jede öffentliche Apotheke darf nach Vorlage der Sterbeverfügung an die sterbewillige Person (oder an eine der in der Verfügung bestimmten Hilfspersonen) ein tödliches Präparat abgeben. Im Gesetz wird Natrium-Pentobarbital als zulässig definiert. Der Gesundheitsminister kann aber per Verordnung auch andere Mittel als zulässig bestimmen, sofern das genannte Präparat nicht verfügbar ist oder andere Mittel belastende Begleiterscheinungen minimieren. Auch eine Zustellung des Präparats durch die Apotheke ist soll laut Regierungsangaben möglich sein.
Das tödliche Mittel muss selbstständig zugeführt werden. Ist der Sterbewillige dazu nicht in der Lage (etwa bei Schluckproblemen), ist auch eine andere Gabe, etwa über eine Sonde, möglich. Allerdings muss der Betroffene diese Sonde selbst auslösen - hierbei geht es um die klare Abgrenzung zur aktiven Sterbehilfe, die weiterhin verboten bleibt.
MITWIRKUNG
Laut Gesetzesentwurf ist niemand dazu verpflichtet, eine Hilfeleistung zum Suizid zu erbringen. Die Freiwilligkeit gilt ebenso für Ärzte hinsichtlich der Aufklärung sowie für Apotheker. Letztere müssen das Präparat nicht zwingend zur Verfügung stellen, wenn sie das nicht wollen.
WERBEVERBOT
Explizit festgeschrieben wird ein Werbeverbot für die Hilfsleistung. Verboten ist auch, einer sterbewilligen Person eine Hilfeleistung anzubieten oder diese durchzuführen, wenn man sich dafür wirtschaftliche Vorteile versprechen lässt oder annimmt.
STRAFEN
Klargestellt wird im Strafgesetzbuch, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Hilfe zur Selbsttötung strafbar bleibt. Unter §78 ("Mitwirkung zur Selbsttötung") wird festgeschrieben, dass zu bestrafen ist, wer einer minderjährigen Person "physische Hilfe leistet, sich selbst zu töten". Ebenso unter Strafe steht, wenn man diese Hilfe aus "einem verwerflichen Beweggrund" (z.B. Habgier) leistet - oder gegenüber einer nicht schwer kranken oder einer ärztlich nicht aufgeklärten Person. Der Strafrahmen beträgt dann zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Freiheitsstrafe. Straffrei ist die Sterbehilfe künftig definitiv nur über den Weg des in den Apotheken künftig erhältlichen Medikaments und über den skizzierten Ablauf.
HOSPIZ-AUSBAU
Begleitend soll die Hospiz- und Palliativversorgung flächendeckend ausgebaut werden. Ab dem Jahr 2022 stellt der Bund den Ländern jährlich einen Zweckzuschuss zur Verfügung. Dabei ist eine Drittelfinanzierung durch Bund, Länder und Gemeinden vorgesehen. 2021 gibt es vom Bund 21 Mio. Euro, 2023 dann 36 Mio. Euro und 2024 51 Mio. Euro. Sofern Länder und Gemeinden die vollen Mittel ausschöpfen (also jeweils denselben Anteil beisteuern), stünden damit etwa 2024 insgesamt 153 Mio. Euro zur Verfügung.
Auf der einen Seite darf ich mich nun unter bestimmten Bedingungen selbst umbringen.
Auf der anderen Seite wird mir mein Leben genommen weil ich nicht selbst über Corona-Risiko entscheiden darf.
Wie passt das zusammen?
ALLEMENSCHENSINDGLEICH (1.376 Kommentare)
vor einer Stunde
Sie schreiben:
"Auf der anderen Seite wird mir mein Leben genommen weil ich nicht selbst über Corona-Risiko entscheiden darf."
Bei Corona nimmt Ihnen NIEMAND Ihr Leben! .....das ist Blödsinn!
Sie dürfen selbstverständlich selbst Entscheiden ob Sie sich etwas vor Corona schützen möchten oder eben nicht!
Sie dürfen aber auch selbst entscheiden - Falls Sie Corona bekommen - in KEIN Spital zugehen sondern in strenge >Quarantäne und Sie können dann selbst Entscheiden
an Corona zu sterben aber BITTE belästigen Sie mit Ihren Schmerzen und Symptomen KEINE anderen Mitmenschen.
Nur so nebenbei --> wa hat Corona mit dem Artikel zu tun?
Bis Kranke diese Möglichkeit bewusst annehmen, vergeht sicher viel Zeit. Das macht keiner, wenn das Leben -noch - erträglich ist.
Wenn er sich dann entscheidet, dauert es noch Monate - also für den Schmerzpatienten "ewig"!
Wie ich im TV gehört habe gings bei der Heuchelei in erster Linie um Millionen (sterben ist teuer)
und wie bitte sollen Schwerstkranke/Demente und allein Stehende die ganzen Hürden um sterben zu „dürfen“ überwinden?
von der Einmischung der Kirche will ich gar nicht reden👎
Ich begleite Sie gerne in die Schweiz.
Dignitas oder Exit helfen bei Bedarf. OHNE notarieller Aufsicht und Bevormundung
Mir geht dieses Gesetz nicht weit genug. Ich möchte als gesunder Mensch so eine Verfügung machen dürfen, für den Fall, an Demenz zu erkranken. Ich habe die jahrelange Quälerei meiner Mutter erlebt, diesen Weg möchte ich nicht gehen müssen. Ich möchte die Möglichkeit der aktiven Sterbehilfe.
Richtig! im mußte ein Jahr zusehen wie mein Bruder lebendig verfaulte, weil man seinen Wunsch ihn sterben zu lassen ignorierte, das Spital verdiente ein vermögen an seinem Leidensweg👎
Verfügung als gesunder Mensch - okay.
ABER: Aus der Begleitung im Palliativ- und Hospizbereich, auch aus Altenheimen ist bekannt,
dass sehr viele Menschen ihre Verfügung ändern,
weil sie "noch nicht fertig" sind oder noch gerne Leben - uam.
Die Lebenseinstellung verändert sich oft um 180′ in der Zielgeraden!
Endlich wird dem Menschen gestattet, seinem Leidensweg legal selbst ein Ende zu bereiten.
die Selbstmord-Rate bei alten Menschen ist hoch, da werden auch die neuen Bestimmungen nicht viel ändern, es werden nur mehr Millionen ins System gepumpt👎
Die Regelung ermöglicht Menschen ihr Leiden zu beenden, sie müssen nicht ins Ausland fahren oder sich anders das Leben nehmen. Ich bin absolute Befürworterin und würde sogar die Regelung wie in der Schweiz unterstützen.
In meinem Fall (unheilbarer Krebs) hat die Endphase gar nicht so viele Schrecken, die Möglichkeiten der Palliativmedizin sind sehr gut.
Dennoch bin ich froh über die neue Regelung, da sie mir ermöglicht, den Zeitpunkt des Sterbens selbst zu bestimmen. Es ist für die Angehörigen einfach nervenzerfetzend, wenn sie jeden Tag auf den Anruf aus dem Spital warten müssen "kommen Sie rasch, wenn sie ihn noch sehen wollen"
Ich würde gern meine Lieben um mich versammeln, mich ordentlich verabschieden, und dann friedlich abtreten.
Oder wenn sich die Situation ändert, und zu der mit Chemo gut managebaren Krebserkrankung andere dazu kommen, die jegliche Lebensqualität zerstören.
Drei Jahre an die Decke starren finde ich viel schlimmer als drei Monate Medikamente nehmen, um schmerzfrei zu bleiben..
Ihre Haltung sich die Möglichkeit offen zu lassen, zu entscheiden und einen Plan haben für die Verabschiedung, ja, das hat mich jetzt berührt.
Ich versuche mitzufühlen, und die Situation zu begreifen....im Forum, an Unbekannt...meine Worte können keinen Satz mehr füllen...."Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
Ein Wahnsinn, was sich der Staat (oder doch eher die Kirche) bei der Einschränkung der persönlichen Freiheit(en) seiner Bürger herausnimmt.
Da geht es nur um Geld - Geld - Geld und Versklavung.
Das Wort Selbstmord ist sowas von unangebracht. Keine Spur von Empathie.
Ja, ich finde es abstoßend.
Was wird die Katholische Kirche zur Euthanasie aus der Apotheke sagen ...
Die Kirche soll sich da raus halten, die haben genügend Probleme die aufgearbeitet gehören, zb die toten indigenen Kinder in Kanada