Föderalismus als Hürde für den Klimaschutz
WIEN. Forscher sehen Länder als Bremsklötze bei Stromwende – Potenziale gebe es aber bis zur Gemeindeebene
Vor den Landtagswahlen in Niederösterreich, Salzburg und Kärnten beleuchteten Forscher der Boku, WU und der Hauptuni in Wien gestern die Rolle der Länder bei der Bewältigung der Klimakrise. Es gebe durchaus Potenzial, befand Ilse Bartosch von der Uni Wien. So habe etwa der Niederösterreichische Landtag bereits einen Klima- und Energiefahrplan beschlossen, der bis 2030 eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen um 35 Prozent vorsehe.
Es fehle aber an verbindlichen Vorgaben, "um lokale Maßnahmen umzusetzen". Generell fehle es mangels Klimaschutzgesetz auf Länderebene an überprüfbaren Zielen, sagte Birgit Hollaus (WU).
Laut Reinhard Steurer von der Boku Wien würden die Länder derzeit etwa bei der Stromwende eher bremsen: So würden Regelungen und Auflagen der Länder sowohl den Ausbau von Sonnen- als auch Windkraft verhindern und verzögern. Zugleich seien die juristisch eigentlich unabhängigen Netzbetreiber zu nahe an die Länder angebunden – mit dem Ergebnis, dass Projekte für erneuerbare Energie keinen oder nur stark verzögert einen Netzanschluss erhalten würden. Er forderte deshalb eine unabhängige Behörde, die rasch über Netzanschlüsse entscheidet.
Mangelhaft sei die Situation auch bei der Raumordnung und damit dem Bodenverbrauch, führte Franz Fehr von der Boku aus, der für die ÖVP in Niederösterreich als Umweltgemeinderat agiert. Bürgermeister als höchste Bauinstanz seien "inhaltlich oftmals überfordert und im Spannungsfeld der persönlichen Konflikte". Strategische Raumplanung sollte aus seiner Sicht daher eher von Ländern oder Bund betrieben werden. Boku-Kollege Steurer erteilt dem Föderalismus insgesamt hingegen gleich eine Absage: Dieser sei "nicht dazu geeignet, ein globales oder nationales Problem zu lösen", das zeige insbesondere die Wärme- und die Stromwende.
Als Positivbeispiel nennt Ilse Bartosch, die auch SP-Wien-Mitglied ist, Korneuburg: Die VP-regierte Stadt biete ein Sammeltaxi mit Fahrplan. Gerade in Niederösterreich, wo Verkehr einen großen Teil des CO2-Ausstoßes verursacht, sei das eine gute Option.