So zockte ein 26-Jähriger die Stadt St. Pölten ab
SANKT PÖLTEN. Weil er etwa 260.000 Euro aus der St. Pöltner Stadtkasse abgezweigt und einbehalten haben soll, ist ein Ex-Mitarbeiter der Finanzabteilung am Montag zu 20 Monaten bedingter Haft verurteilt worden.
Weiters fasste der 26-Jährige eine Geldstrafe von 960 Euro aus (240 Tagessätze zu vier Euro). Der Schuldspruch des Landesgerichts St. Pölten wegen gewerbsmäßig schweren Betrugs ist rechtskräftig. Der Angeklagte hatte sich im Rahmen der Schöffenverhandlung geständig gezeigt.
Von Oktober 2021 bis April diesen Jahres soll der Mann mittels manipulierter Belege für einen Gesamtschaden von exakt 260.950 Euro gesorgt haben. Laut Staatsanwältin hatte der nunmehrige Ex-Mitarbeiter des Magistrats die entsprechenden Schriftstücke zunächst stets mit niedrigen Beträgen ausgefüllt. Danach kassierte er die für die Einhaltung des hausinternen Vier-Augen-Prinzips benötigte Unterschrift eines Kollegen aus der zweiten Kontrollgruppe ab - um der auf dem Papier ausgewiesenen Summe später unbemerkt mehrere Ziffern voranzustellen. Statt beispielsweise 50 Euro standen auf dem Beleg dann bis zu 14.850 Euro.
"Keine Bedenken"
Mit den derart manipulierten Schriftstücken ging der Beschuldigte zur Bank, wo ihm die Bargeldsummen wie gewünscht ausbezahlt wurden. Vom Institut habe es "keine Bedenken gegeben", konstatierte die Vertreterin der Anklagebehörde. Der 26-Jährige war ab 2017 Mitarbeiter der Finanzabteilung und der Bank daher bekannt. Um den tatsächlichen Kassenstand zu verschleiern, verbuchte der Beschuldigte die höheren Summen der Abhebungen auf verschiedene andere Konten.
"Es war immer das gleiche System", gab der Angeklagte zu. In seiner Aussage führte er Spielsucht als Grund für sein Vorgehen ins Treffen. Er sei speziell Anfang 2022 "immer weiter in ein Loch gefallen", auch, weil sich sein lang gehegter Wunsch nach einer Fußballerkarriere letztlich nicht erfüllt hatte. "Sicher habe ich die ganze Zeit Angst gehabt", räumte der Beschuldigte ein. Die Gefahr erwischt zu werden, habe er aber verdrängt. "Aus jetziger Sicht würde ich das nie wieder so machen."
In FIFA und Fortnite investiert
Massiv investiert hat er 26-Jährige laut eigenen Angaben mit dem erlangten Geld in Erweiterungen der Online-Spiele FIFA und Fortnite. Wo der übrige Teil des Geldes hingekommen sei, "wüsste ich nicht". Sichergestellt wurden von Ermittlern am Wohnort des Angeklagten Luxusartikel, Markenhandtaschen, Schuhe sowie ein neues Auto. Diese Gegenstände will der Mann aber nicht von den illegal erlangten Geldern gekauft haben.
Durchgeführt wurden 40 Behebungen. Vermutete Unregelmäßigkeiten bei anderen Buchungen und eine folgende Kontrolle führten zum Auffliegen des Niederösterreichers.
"Ruhig und unauffällig"
Der 26-Jährige wurde nach dem Bekanntwerden der Fehlbeträge im Mai fristlos entlassen. Künftig möchte der von einem Vorgesetzten als "ruhig und unauffällig" beschriebene Mann wieder arbeiten und "am besten alles" retournieren. Die Rückzahlungsverpflichtung der 260.950 Euro wurde am Montag auch gerichtlich festgelegt. Zudem wurde dem Niederösterreicher die Fortsetzung einer im Sommer aufgrund der Spielsucht begonnenen Psychotherapie per Weisung aufgetragen.
Rund um die Causa war in den vergangenen Monaten auch eine politische Diskussion entbrannt, die in einer Sonderprüfung des Stadtrechnungshofes mündete. Aus Sicht der ÖVP hätten die Malversationen verhindert werden können. Das Rathaus wies die Vorwürfe stets zurück und führte die "kriminelle Energie eines Einzelnen" ins Treffen. In einer Reaktion auf das Urteil sah man am Montag die "Sicht der Stadt voll inhaltlich bestätigt". "Sofort nach Bekanntwerden haben wir gehandelt und der ermittelnden Behörde die vollständige Dokumentation zur Verfügung gestellt", erinnerte St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ).
Mittlerweile liegt der zweite Prüfbericht zu den Malversationen vor. "Der Rechnungshof empfiehlt vor allem die Beschlussfassung einer angemessenen Kassenordnung, die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips, die Einhaltung des Prinzips 'Keine Buchung ohne Beleg' und natürlich laufende Überprüfungen und Kontrollen", hieß es in einer Aussendung der Stadt-ÖVP. Für die Sitzung des Gemeinderats am (heutigen) Montag peilt die Volkspartei einen von allen Fraktionen getragenen Beschluss zur Verbesserung des Kontrollsystems an.
Gfrast!
Für einen Einsatz von € 960,-- von Oktober 21 bis April 23 eine Rendite von € exakt 260.950 Euro zu „erwirtschaften“ ist eine ganz schöne Marsche.
Die bedingte Strafe wird dieses „Finanzgenie“ sicher nicht jucken…….
"Die Rückzahlungsverpflichtung der 260.950 Euro wurde am Montag auch gerichtlich festgelegt."
Er hat sich das bei einer Bank bar auszahlen lassen? In welchem Betrieb wird heute noch mit derart hohen Bargeldbeträgen gearbeitet? Da stimmt grundsätzlich wahrscheinlich etwas nicht! Amtskassen dürften sich sehr leicht zur Selbstbedienung eignen, wie man in Waldzell, BH. Grieskirchen und zuletzt in Tumeltsham traurigerweise erlebt hat.
Entschuldigung, nicht Waldzell, war Mettmach - peinlich, tut mir leid.
Ui, was war in Mettmach?