Nach Erdrutschen debattiert Italien über Bausünden
PALERMO. Landhaus in Sizilien, in dem am Wochenende neun Menschen starben, dürfte illegal errichtet worden sein.
Nach Unwettern auf der italienischen Insel Sizilien, bei denen am Wochenende zwölf Menschen ums Leben gekommen sind, ist eine heftige Debatte über Bausünden ausgebrochen. Bei der Überschwemmung eines Landhauses am Ufer eines Baches im Dorf Casteldaccia nahe Palermo starben neun Mitglieder einer Familie. Die Justizbehörden ermitteln bereits.
Der Bürgermeister von Casteldaccia, Giovanni di Giacinto, berichtete, dass die Gemeinde 2008 einen Befehl erlassen hatte, das Landhaus abzureißen, da es ohne Genehmigung zu nahe am Bach erbaut worden war. Dieser sei jedoch nie ausgeführt worden. Weitere Häuser seien in den vergangenen Jahren ohne Erlaubnis dem Bach entlang errichtet worden.
Neun Milliarden Euro Schaden
Das Bachbett hätte zudem längst gereinigt gehört. Außerdem befindet sich in dem Gebiet eine große Anzahl illegal errichteter Gebäude, klagte Giuseppe Virga, Bürgermeister der nahe dem Unglücksort gelegenen Ortschaft Altavilla Milicia.
Die Bausünden rächen sich bitter. Erdrutsche und Überflutungen fordern viele Tote. Durch Naturkatastrophen sind in Italien seit 2013 Schäden in Höhe von neun Milliarden Euro entstanden. Unermüdlich warnen italienische Geologen vor den Gefahren, doch ihre Warnungen verhallen unbeachtet.
Nicht nur Bausünden und Klimawandel werden für die zunehmende Zahl verheerender Erdrutsche und Überschwemmungen verantwortlich gemacht. Auch Abwanderung spielt eine Rolle. In den vergangenen Jahrzehnten seien ganze Gebirgsregionen verlassen worden, niemand kontrolliere mehr die Hänge, warnen Geologen. Instandhaltung und Kontrolle von Mauern, Dämmen und Kanälen würden total vernachlässigt.
Laut Experten wären für die Sicherung der Hänge in Italien 40 Milliarden Euro notwendig, eine Summe, die der Staat nicht lockermachen könne. Je mehr in Vorbeugung investiert werde, desto weniger werde man für Schäden durch Erdrutsche ausgeben müssen. "Wenn man die Finanzierungen für Bodenschutz kürzt, ist das so, als würde man im Land die Gesundheitsausgaben reduzieren. In beiden Fällen steht das menschliche Leben auf dem Spiel", sagte ein Sprecher der Geologen.