"Tradwives": Frauen, die zurück an den Herd wollen, als Social Media-Trend
Zurück an den Herd? Und das freiwillig? Ein Social Media-Phänomen, das seit einigen Monaten auf Instagram und TikTok kursiert, bewirbt das Leben als „traditionelle Frau“, auf Englisch „Tradwife“.
Dieser Begriff umfasst eine Rückkehr zu einem Frauenbild aus den 50er, die Hausfrau, die sich um Kinder und den Haushalt kümmert und sich völlig ihrem Ehemann unterordnet. Zielgruppe sind hierfür junge Mädchen und Frauen. Auch jenen in Österreich ist dieser Trend bekannt. Was hat es damit auf sich?
Man wischt über den Handybildschirm, auf ein Video von einer nießenden Katze folgt eine wunderschöne, ein teuer aussehendes Kleid tragende Frau. Mit säuselnder Stimme und leiser klassischer Musik im Hintergrund erklärt sie, dass sich ihre zwei Kinder Müsli zum Frühstück gewünscht haben. Das macht sie nun komplett selbst.
Nara Smith heißt diese Frau, sie ist eine der erfolgreichsten und bekanntesten Vertreterinnen der Tradwife-Community. Mit 3,6 Millionen Followerinnen und Followern auf Instagram und 8,2 Millionen auf TikTok verfügt sie über eine beachtliche Reichweite.
Was macht eine Tradwife aus?
Frauen wie sie und Estee Williams propagieren eine Rolle der Frau, die sich ihrem Ehemann unterordnet. Genau das ist auch der springende Punkt, der Hausfrauen von den „traditionellen“ Frauen unterscheidet. Es bleibt nicht nur bei ästhetischen Koch-Videos, sondern auch Dating- und Beziehungstipps bekommt das Millionenpublikum, das zu einem großen Teil aus jungen Mädchen und Frauen besteht. „Wenn du einen guten Ehemann finden willst, dann musst du feminin sein.“.
Was feminin für die „traditionellen Frauen“ bedeutet
Feminine Jobs machen, also Babysitten, als Lehrerin oder Krankenschwester arbeiten, und dann bereit sein, diese aufzugeben sobald man verheiratet ist, soll helfen, einen „männlichen Mann“ anzuziehen. Doch nicht jede Hausfrau ist gleich eine Tradwife. Letztere betonen, dass man als Frau wieder den „natürlichen“ Platz in der Gesellschaft und damit auch in der Familie einnehmen soll.
Junge Frauen in Österreich ebenfalls mit dem Phänomen vertraut
Das Phänomen ist, wie für soziale Netzwerke üblich, nicht nur auf die USA beschränkt, sondern weltweit beobachtbar. So hat auch die 19-Jährige Felicitas aus Engerwitzdorf den Trend auf ihren Feed bekommen. „Diese Art von Leben ist nichts was ich anstrebe, aber wenn jemand das so möchte, dann ist das deren Sache und ok.“
Trotzdem kritisiert sie die Bewegung. „Sie zeigen zwar wie sie dieses Leben angeblich führen würden und romantisieren diese Rollenbilder aus den 50ern, obwohl sie dieses traditionelle Leben eigentlich gar nicht leben. Sie verdienen mit Social Media ihr Geld, arbeiten also auch.“
Doppelmoral
Das stimmt, Nara Smith konnte allein im Monat März einen sechsstelligen Dollarbetrag einnehmen. Das alleine durch TikTok und ohne das zusätzliche Geld von Sponsoren.
Sichere, heile Welt
Maja, 20, ursprünglich aus Deutschland und derzeit in Wien studierend, findet die Inhalte zum Teil ansprechend, da sie oft ästhetisch gestaltet sind und gute Rezepte bieten.
Auf die Frage, wieso diese „traditionellen Frauen“ so erfolgreich sind, meint sie: „Es gibt einen Anteil an jungen Menschen, die sich voll nach Tradition und Sicherheit sehnen und das in diesem Hausfrauen-Dasein zelebrieren können. Dieses Hausfrauendasein steht für eine heile, sichere Welt, die es in unserer komplexen, zum Teil kriegerischen Realität nicht gibt.“
Auch junge Mädchen werden beeinflusst
Die 19-Jährige Wilma hat davon ebenfalls etwas mitbekommen.
Sie würde differenzieren zwischen Kochvideos, die viele der „traditionellen Frauen“ machen und die an sich nicht schlimm seien, und deren restliche Beiträge, in denen sie Geschlechterrollen forcieren. „Ich habe schon mitbekommen, dass die Freundin meiner jüngeren Schwester diese Geschlechterrollen der traditionellen Frauen voll gut findet. Das hat mich sehr schockiert. Ich glaube, dass die die jungen Mädels auf jeden Fall beeinflussen“.
Privilegien
Auch Lia, ebenfalls aus Engerwitzdorf, bekommt teilweise Beiträge von der Tradwife-Bewegung angezeigt, findet diese auch zum Teil ansprechend. Sie sieht diese als unproblematisch, solange die Frauen diese Rolle freiwillig einnehmen, denn genau diese Entscheidungsfreiheit sei Feminismus.
„Ich finde nur es ist auf Social Media zum Teil falsch repräsentiert, weil dieser Lifestyle sehr privilegiert ist. Viele können es sich nicht leisten, dass nur ein Partner arbeitet. Das wird in diesen Videos sehr wenig erwähnt.“, hebt sie dennoch hervor.
Die Anziehungskraft der traditionellen Rollen
Grundsätzlich lässt sich vielleicht eine tiefe Sehnsucht der Generation Z nach einem Leben wie die Tradwives es zu leben scheinen feststellen.
Ein Haus zu besitzen, was für viele ein für immer unerreichbarer Traum bleiben wird. Einen Ehemann und Kinder haben, welche einen fixen Platz in der Welt geben. Den Luxus zu haben, sich Zeit zu nehmen, Essen selbst zu kochen und nicht neben all der unbezahlten Care-Arbeit, die auch berufstätige Frauen noch immer zu einem großen Teil übernehmen, noch arbeiten gehen zu müssen.
Eine Jugend geprägt von Corona, Klimakrise, Digitalisierung und politischer Unsicherheit macht dies vielleicht gar nicht so unverständlich.
Gefahr: Abhängigkeit
Doch diese Art, sich sein Leben zu organisieren, birgt auch Gefahren. Wenn Frauen sich dazu inspiriert fühlen, ihr Leben genauso zu gestalten wie Tradwives ihnen es auf sozialen Medien vorleben, werden sie nicht wie die Frauen online einen beträchtlichen Verdienst haben. Gänzlich ohne ein eigenes Einkommen zu sein, bedeutet Abhängigkeit vom Ehemann auf mehreren Ebenen.
Es wird schwieriger, sich von dem Partner zu trennen, was besonders bei häuslicher Gewalt ein großes Problem ist. Außerdem ist man, aufgrund unseres Pensionssystem, welches Care-Arbeit nicht als Arbeit anerkennt, noch bis ins hohe Alter an ihn gebunden.
Rollenbilder auch für Männer ein Problem
Doch auch für Männer kann dieser Familienentwurf negative Konsequenzen haben. Die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Existenzgrundlage der Familie lastet gänzlich auf dem Mann, was für diesen auch einiges an psychischen Druck bedeuten kann.
Meine Mutter war nie berufstätig. Sie hat sich aber niemals meinem Vater untergeordnet, mein Vater hat das auch nicht erwartet. Er hätte das eher als Belastung empfunden. Meine Eltern haben sich gegenseitig respektiert, jeder hatte seinen Aufgabenbereich in den sich der Andere nicht eingemischt hat. Bei meinen Schwiegereltern war es genau so und so halten es auch mein Mann und ich. Das hat aber nichts damit zu tun, ob die Ehefrau berufstätig ist oder nicht. Respektvoller Umgang auf Augenhöhe ist in jeder Lebenslage die bessere Variante. Nur Männer mit Minderwertigkeitskomplexen fordern von der Frau Unterordnung.
Ziemlich gruselig. Als Vater einer Tochter käme ich nie auf die Idee solche überholten Werte zu vermitteln.