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95 Tote nach Explosionen nahe Grab von General im Iran

Von nachrichten.at/apa, 03. Jänner 2024, 21:58 Uhr
Iran Explosion
Menschenmassen erschwerten die Rettungsarbeiten.  Bild: (APA/AFP/IRAN PRESS/-)

TEHERAN. Nach zwei verheerenden Explosionen am Todestag des mächtigen iranischen Generals Ghassem Soleimani in dessen Heimatstadt Kerman hat Irans Gesundheitsminister die Zahl der Todesopfer nach unten korrigiert.

95 Menschen seien ums Leben gekommen, sagte Bahram Eynollahi am Mittwoch in einem Interview. Er begründete die Korrektur damit, dass einige Namen der Opfer zuvor doppelt gezählt worden waren. Staatsmedien hatten die Zahl der Todesopfer zuvor mit 103 angegeben.

Immer noch befänden sich rund 30 Patientinnen und Patienten im kritischen Zustand, sagte der Minister. Insgesamt wurden laut Eynollahi 211 Menschen verletzt. Irans Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei kündigte eine scharfe Reaktion an.

"Sie sollen wissen, dass diese katastrophale Tat eine harte Antwort nach sich ziehen wird, so Gott will", sagte der Religionsführer am Mittwoch laut einer Mitteilung, die in den Staatsmedien veröffentlicht wurde. Den Opfern und Familien sprach der 84-Jährige sein Mitgefühl aus. Irans Präsident Ebrahim Raisi sagte: "Zweifellos werden die Täter und Befehlsgeber dieser feigen Tat bald ermittelt und (...) für ihre abscheuliche Tat bestraft werden", wurde der Regierungschef zitiert.

Auch Irans Innenminister Ahmad Vahidi erklärte am Mittwoch dem Staatsfernsehen: "Natürlich werden die Sicherheitsbehörden, das Militär und die Strafverfolgungsbehörden kurzfristig und mit Nachdruck reagieren." Vahidi sagte, die meisten Menschen seien bei der letzten der zwei Explosionen ums Leben gekommen. Die genauen Hintergründe werden demnach untersucht. "Unsere Polizeikräfte sind wachsam und werden diejenigen, die dieses Verbrechen begangen haben, zur Rechenschaft ziehen."

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Im Iran wurde am Mittwoch des vierten Todestages Soleimanis gedacht, der am 3. Jänner 2020 bei einem Drohnenangriff des US-Militärs im Irak getötet worden war. Bild: ATTA KENARE (APA/AFP/ATTA KENARE)

Sprengsätze per Fernsteuerung gezündet

Laut der halbstaatlichen Nachrichtenagentur Nournews explodierten mehrere Gaskanister auf der Straße zum Friedhof. Die beiden Sprengsätze seien von "Terroristen" ferngesteuert gezündet worden, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur IRNA einen amtlichen Vertreter, der nicht näher identifiziert wurde. Die Nachrichtenagentur ISNA zitierte den Bürgermeister von Kerman, Saeed Tabrisi, mit den Worten, die Bomben seien im Abstand von zehn Minuten explodiert. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. Terrorangriffe mit diesem Ausmaß sind im Iran äußerst selten. Die Regierung ordnete für Donnerstag Staatstrauer an.

Aus Washington hieß es am Mittwochabend, man habe "keine Details zu dem Bombenanschlag und keine Hinweise darauf, dass Israel in die Explosion verwickelt sei". Ein Sprecher des US-Außenministeriums sagte, bisher habe die US-Regierung keine unabhängigen Informationen zu möglichen Hintergründen der Explosionen. "Zumindest für uns ist es noch zu früh, um sagen zu können, was die Ursache sein könnte", sagte Matthew Miller am Mittwoch in Washington. UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den Angriff auf Schärfste - die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

"Entsetzt über die vielen zivilen Opfer"

Die Europäische Union "verurteilt den heutigen Bombenanschlag auf das Schärfste", hieß es in einer Erklärung des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Die EU bringe "ihre Solidarität mit dem iranischen Volk zum Ausdruck. Dieser Terrorakt hat eine schockierende Zahl von Toten und Verletzten unter der Zivilbevölkerung gefordert". Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Ähnlich äußerte sich das Außenministerium in Wien (BMEIA) via X (vormals Twitter): "Wir sind entsetzt über die vielen zivilen Opfer bei den Bombenanschlägen in der Stadt Kerman im Iran und bekunden unsere Solidarität mit dem iranischen Volk."

Kerman im Zentraliran ist die Heimat von Ghassem Soleimani, dem früheren Kommandanten der Quds-Brigade, der Auslandseinheiten der iranischen Revolutionswächter (IRGC). Die USA hatten ihn am 3. Jänner 2020 im Irak durch einen Drohnenangriff getötet. In der Region führte dies zu einer dramatischen Eskalation der Spannungen und zu einem Vergeltungsschlag der iranischen Streitkräfte auf einen US-Stützpunkt im Irak. Von systemtreuen Regierungsanhängern wird Soleimani als Märtyrer verehrt. Propagandabilder des Generals prangen auch an Häuserwänden in der Hauptstadt Teheran.

Menschenmassen auf den Straßen

Auch am Mittwoch pilgerten Menschenmassen durch Kermans Straßen zu Soleimanis Grabstelle. In einem live im Staatsfernsehen übertragenen Ausschnitt waren ein Knall und Schreie zu hören. Während einer Live-Schaltung einer Reporterin waren Retter zu sehen, die mit Verletzten im Hintergrund in ein Krankenhaus eilten. Bilder von den Anschlagsorten zeigten blutüberströmte Gehsteige, beschädigte Fahrzeuge und zerfetzte Kleidungsstücke. "Unsere Einsatzteams evakuieren die Verletzten", sagte der Leiter des Roten Halbmonds der Provinz Kerman, Reza Fallah, im Fernsehen. Allerdings blockierten Menschenmassen die Straßen.

Ein Augenzeuge sagte ISNA, auf dem Weg zum Friedhof habe plötzlich ein Auto hinter der Menschenmenge angehalten und es sei eine Mülltonne mit einer Bombe explodiert. Er habe nur das Geräusch der Explosion gehört und Menschen zu Boden fallen sehen. "In der Mülltonne befand sich eine Bombe", gab der Augenzeuge demnach an.

Weitere Eskalation im Nahost-Konflikt?

Anlässlich des Todestags Soleimanis hielt der Generalsekretär der libanesischen Schiitenorganisation Hisbollah, Hassan Nasrallah, am Mittwochabend eine Rede. Vor dem Hintergrund der Tötung eines Anführers der islamistischen Hamas im Libanon wurde diese mit Spannung erwartet. Es gibt Sorgen, dass der gewaltsame Tod von Saleh al-Arouri, Vize-Leiter des Politbüros der Hamas, zu einer weiteren Eskalation des Konflikts mit Israel führen könnte. Laut Nasrallah wollte Soleimani mit seiner Unterstützung von "Widerstandsbewegungen" in der gesamten Region dazu beitragen, dass diese selbstständig werden und auch ohne Hilfe aus dem Iran operieren können, meldete der arabische Sender "Al Jazeera". Anschließend sprach Nasrallah Drohungen an Israel aus. Nasrallah werde am Freitag eine weitere Rede halten, berichtete der Sender weiter, in der er "ausführlich über die Kämpfe mit Israel sprechen" sprechen werde.

Das Auswärtige Amt in Berlin forderte unterdessen deutsche Staatsangehörige dazu auf, den Libanon so schnell wie möglich zu verlassen. Auf Nachfrage der APA erklärte das Außenministerium in Wien, die Reisewarnung gelte nach wie vor, Österreicherinnen und Österreicher würden aufgefordert, den Libanon zu verlassen.

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