640 Hilfs-Lkws am ersten Tag in Gaza angekommen
WIEN. Nach Beginn der Waffenruhe zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas am Sonntag sind am ersten Tag 640 Lkws mit Hilfsgütern im Gazastreifen angekommen.
Das sagte Hossam Elsharkawi, Nahost-Regionaldirektor der Internationalen Föderation der Rotkreuz-und Rothalbmond-Gesellschaften (IFRC), bei einem Pressegespräch am Montag in Wien. Es sei angesichts der katastrophalen Versorgungslage in dem kriegszerstörten Gebiet allerdings noch weit mehr Hilfe notwendig.
Noch 1.000 Lkws warten auf ägyptischer Seite
Auf der ägyptischen Seite der Grenze warteten noch 1.000 Lkws auf die Einfahrt in den Gazastreifen, so Elsharkawi weiter. Der ägyptische Rote Halbmond sprach sogar von mehr als 3.000. Man habe allerdings noch keine Informationen darüber, wie die Güter im Gazastreifen selbst verteilt werden. Es sei zudem auch unklar, wer derzeit im Gazastreifen überhaupt regiere, erläuterte der im Libanon ansässige kanadische Staatsbürger. Für eine kontinuierliche Versorgung müssten alle sieben Übergänge in den Gazastreifen Tag und Nacht geöffnet sein, forderte der Rotkreuz-Vertreter. Derzeit seien nur drei Übergänge zumindest zeitweise offen.
Der Ägyptische Rote Halbmond koordiniert nach Angaben des Roten Kreuzes sämtliche Hilfslieferungen aus Ägypten nach Gaza, unabhängig von der Organisation. Am Montag schickte Ägypten laut Angaben der Organisation rund 220 weitere Lastwagen mit Hilfsgütern in den abgeriegelten Küstenstreifen. Darunter seien zehn Lastwagen mit Treibstoff. Wie am Vortag kamen die Güter über den von Israel kontrollierten Grenzübergang Kerem Shalom in das Palästinensergebiet.
Menschen in Gaza kehren an Wohnorte zurück
Trotz der Zerstörungen kehrten die Menschen in Gaza seit Beginn der Waffenruhe an ihre Wohnorte zurück, schilderte Elsharkawi weiter. Die provisorischen Flüchtlingscamps leerten sich, da die Menschen lieber in der Nähe ihrer Häuser sein wollten, selbst wenn diese zerstört worden seien. Dies sei allerdings mit Gefahren verbunden, etwa durch nicht explodierte Geschosse.
Elsharkawi erinnerte daran, dass vor Beginn des Gaza-Krieges im Oktober 2023 die Versorgung Gazas mit täglich 500 Lkws sichergestellt wurde. Derzeit seien noch weit mehr nötig, um eine Grundversorgung in dem völlig zerstörten Gebiet zu gewährleisten. Auch die im Waffenstillstandsabkommen abgemachten 50 Tankwagen Kraftstoff pro Tag seien bloß "ein Tropfen auf den heißen Stein, aber zumindest ein guter Anfang".
Waffenruhe zu Geiselfreilassung begann am Sonntag
Der Gaza-Krieg war nach dem Überfall der Hamas und anderer terroristischer Gruppen auf Israel im Oktober 2023 mit rund 1.200 Toten ausgebrochen. Rund 250 Geiseln wurden zudem aus Israel in den Gazastreifen verschleppt. Ein Teil wurde bereits befreit bzw. im Rahmen von Austausch-Aktionen freigelassen, Dutzende dürften bereits tot sein. Seit Sonntag gilt eine Waffenruhe, die über die nächsten Wochen zu einer Freilassung sämtlicher noch lebender Geiseln bzw. einer Herausgabe der Toten führen soll. Im Gegenzug werden Hunderte in israelischen Gefängnissen inhaftierte Palästinenser entlassen.
Große Teile des Gazastreifens liegen durch die Kriegshandlungen in Schutt und Asche. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen mehr als 46.900 Menschen ums Leben. Wie viele davon Zivilisten und wie viele Kämpfer sind, sagt sie nicht.
Die humanitäre Lage war in Gaza schon vor Kriegsbeginn im Oktober 2023 schlecht und hat sich durch Israels massive Bombardierungen dramatisch verschärft. Mehr als 90 Prozent der gut zwei Millionen Einwohner des Gazastreifens leiden nach UNO-Angaben starken Hunger. Es fehlt demnach zudem an Trinkwasser, Notunterkünften und Arzneimitteln.