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Tim Walz als "Running Mate" verstärkt den Enthusiasmus der US-Demokraten

08. August 2024, 00:04 Uhr
Tim Walz verstärkt den Enthusiasmus der US-Demokraten
Kamala Harris und Tim Walz beim ersten gemeinsamen Auftritt (AFP/MATTHEW HATCHER) Bild: APA/AFP/MATTHEW HATCHER

Es ist noch keine drei Wochen her, als die Demokraten in einen tiefen Abgrund starrten. Donald Trump stand nach dem überlebten Attentat auf dem Krönungsparteitag der Republikaner vor der Heiligsprechung, während sich der altersschwache Joe Biden an seine Kandidatur klammerte. Amerika und die Welt stellten sich auf die scheinbar unvermeidbare Rückkehr des "America First"-Präsidenten ein.

Trump fühlte sich in einer so starken Position, dass er mit J. D. Vance einen Vizepräsidentschaftskandidaten auswählte, der extremere Positionen als er selbst vertritt.

All das fühlte sich Ewigkeiten her an, als Kamala Harris vor mehr als 12.000 enthusiastischen Anhängern in Philadelphia ihr "Running Mate" Tim Walz vorstellte. In der Arena herrschte eine Euphorie, wie sie die Demokraten zuletzt mit Barack Obama als Kandidat erlebt hatten. Statt "Yes we can" rufen sie jetzt "Yes we Kam".

Welch einen Unterschied ein paar Tage in der amerikanischen Politik ausmachen können.

Kometenhafter Aufstieg

Der historische Rückzug des 81-jährigen Biden hat den Weg für den kometenhaften Aufstieg Harris’ freigemacht, die wie Obama einen multiethnischen Hintergrund hat. Wie dieser wählte sie einen volkstümlichen Mann zum "Running Mate", der auf einer Wellenlänge mit den kleinen Leuten ist.

Während "Onkel Joe" sein ganzes Leben in der Politik verbracht hat, arbeitete der in einem Dorf in Nebraska aufgewachsene Walz zunächst als Lehrer im ländlichen Minnesota, führte das Football-Team seiner Highschool aus dem tiefsten Keller zur ersten Meisterschaft im Bundesstaat und verbrachte seine Wochenenden in der Uniform der Nationalgarde.

Der Mister Normalo aus Minnesota hätte nicht besser erfunden werden können, wenn es ihn nicht gäbe. Das "Running Mate" mit dem Image eines normalen Dads aus dem Mittleren Westen ist die ideale Ergänzung zu der "Göre" aus Kalifornien. Er spricht die Wählergruppen an, die Harris dringend benötigt, damit die "blaue Mauer" der Demokraten in Wisconsin, Michigan und Pennsylvania hält.

Während Vance sich mit rechten Tech-Titanen wie Peter Thiel umgibt und über "kinderlose Katzenfrauen" und anderen Unsinn schwadroniert, hat Walz als Gouverneur das Leben der Arbeiter und Landbevölkerung in Minnesota konkret verbessert.

Walz kommt als echt rüber

Er kommt als echt rüber, weil er sagt, wie es ist – und das in einfacher Sprache und mit Humor. Statt die Wechselwähler mit hochtrabenden Argumenten über die Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat zu überfordern, schafft es Walz, mit einem Wort dieselbe Botschaft zu kommunizieren. Trump und Vance seien einfach "weird", was auf Deutsch so viel heißt wie "sonderbar", "schräg" oder "wirr".

Der Kontrast zu den zwei "schrägen Typen" könnte nicht größer sein. Plötzlich ist Trump der alte Kandidat, der mit dem Stock wütend auf den Boden klopft, angefeuert von einem Pseudo-Versteher kleiner Leute.

Die Dynamik des Rennens um das Weiße Haus hat sich damit auf den Kopf gestellt. Das Attentat auf Trump ist nur noch eine Fußnote historischer Wochen, die einer Achterbahnfahrt gleichkamen. Die Amerikaner haben jetzt nicht mehr bloß die Wahl zwischen zwei unbeliebten alten Männern, sondern eine klare Alternative.

Hoffnung gegen Hass

Jung gegen Alt. Frau gegen Mann. Aufbruch gegen Rückkehr. Zuversicht gegen Opferkult. Hoffnung gegen Hass. Freude gegen Bitterkeit. Dass sich die Umfragen rasant zugunsten von Kamala Harris verändern, zeigt, dass in der stets nach vorn blickenden US-Gesellschaft das Versprechen einer besseren Zukunft immer noch attraktiver ist als die Restauration einer vagen Vergangenheit.

Für Harris und Walz kommt es nun darauf an, dieses Momentum zu erhalten. Die "Göre" und der "Dad" sind dafür bestens positioniert. Erstmals seit Monaten scheint es wieder denkbar, dass die Demokraten das Weiße Haus behalten und Mehrheiten im Kongress gewinnen können.

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