Spionage-Affäre: Marsaleks Handlanger im BVT
WIEN. Der ehemalige BVT-Geheimdienstbeamte Egisto Ott, der sich derzeit in U-Haft befindet, und Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek dürften viel enger kooperiert haben als bisher angenommen. Diesen Eindruck verhärten Chats der beiden und anklagereife Ermittlungen der britischen Justiz gegen eine für Russland tätige Spionagezelle.
Den fünf Bulgaren wird vorgeworfen, zwischen 2020 und 2023 für russische Geheimdienste Personen ausgekundschaftet zu haben. In einem Chat mit deren Chef spricht Marsalek etwa über "aktive Maßnahmen" gegen den russlandkritischen Journalisten Christo Grozev. Grozev lebte bis Anfang 2023 in Wien, ehe er aus Sicherheitsgründen in die USA übersiedelte. Er hatte zu den Giftanschlägen auf die Putin-Gegner Sergei Skripal und Alexej Nawalny recherchiert.
Marsalek, der nach seiner Flucht nach Moskau mit neuer Identität weiter für den russischen Geheimdienst tätig sein soll, dürfte über mindestens 309 Personen geheime Daten gesammelt haben. Er soll sich dabei der Dienste von Ott und des ehemaligen Spionageabwehrchefs im aufgelassenen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Martin Weiss, bedient haben.
Spionagechef "evakuiert"
In einem Chat bezeichnet Marsalek Weiss als "unseren Freund", dessen "Evakuierung" nach Dubai er organisiert habe. Weiss, der seit dem Vorjahr in den Vereinigten Arabischen Emiraten untergetaucht ist, soll für Ott "Ansprechpartner und Auftraggeber" im Sinn von Marsalek gewesen sein.
Ott soll seit 2017 auf geheime Datenbanken zugegriffen und sogar im Rechtshilfeweg aus Italien und Großbritannien Informationen für Marsalek beschafft haben.
Berichte, wonach Ott nach seiner Verhaftung ein Teilgeständnis abgelegt haben soll, um damit einen "Deal mit der Staatsanwaltschaft" anzustreben, wurden gestern vom Wiener Landesgericht dementiert. Ott habe die ihm unterstellte nachrichtendienstliche Tätigkeit zum Schaden der Republik zurückgewiesen. "Insofern war er zum Kern der Vorwürfe vor dem Journalrichter nicht geständig", sagte Gerichtssprecherin Christina Salzborn. Seitens der Staatsanwaltschaft Wien hielt Nina Bussek fest, dass es mit Ott "keinen Deal gibt". Die Frage, ob man nun auch Schritte gegen Weiss setzen wolle, ließ sie offen. Zwischen Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt es kein Auslieferungsabkommen.