Von Bier bis KP und Keine: Kleine Parteien, große Hoffnungen
Wels, 7. Dezember, 20 Uhr: Im Alten Schlachthof hat sich die "Prost-Rock-Band" Turbobier mit Marco Pogo angesagt. Der Rocker aus Wien-Simmering sagt über seine Lieder: "Da ging’s schon oft um den Absturz, diesmal geht’s gleich um den Untergang. Na servas."
Zuvor, bei der Nationalratswahl, ist Pogos anderes Ego Dominik Wlazny gefordert.
Mit seiner Bierpartei möchte der studierte Mediziner ins Parlament. Ende April verkündete er seine Kandidatur. Die Umfragewerte schossen in die Höhe, obwohl es weder ein Programm noch andere Personen für die Wahlliste gab. Inzwischen droht, wie im Turbobier-Songtext, ein Absturz.
Von acht und mehr Prozent fiel Wlazny in den Umfragen auf derzeit maximal fünf, also knapp an der Vier-Prozent-Hürde.
"Er verliert von Woche zu Woche", sagt der Meinungsforscher Christoph Haselmayer vom Institut für Demoskopie und Datenanalyse. Dafür gebe es zwei Gründe: Wlazny überzeuge bei seinen seltenen Auftritten als Politiker nicht, und der mediale Hype habe abgenommen. "Vor ein paar Wochen galt er als neu und locker, jetzt weiß man, dass er kaum Inhalte hat." Der Rocker habe noch gewisse Chancen, "aber es wird ein Herzschlagfinale" (Haselmayer).
Vier-Prozent-Klausel als Hürde
Seit 1945 versuchten 80 Parteien, ins Parlament zu gelangen. Nur zehn erreichten ihr Ziel. Das größte Hindernis ist die Vier-Prozent-Klausel, die 1992 eingeführt wurde. Sie verhindert, dass Parteien mit wenigen Stimmen Mandate erzielen. Zu den erfolgreichen Kleinparteien gehörten die Liste Peter Pilz und das Team Frank Stronach.
Eine kleine Partei mit großen Hoffnungen ist die KPÖ. Sie liegt in den Meinungsumfragen tendenziell unter vier Prozent, hat aber in Graz eine starke Position. Bei der Gemeinderatswahl im September 2021 wurden die Kommunisten mit Elke Kahr stimmenstärkste Partei (28,9 %). Kahr paktierte mit den Grünen und der SPÖ und ist seither Bürgermeisterin der zweitgrößten Stadt Österreichs.
Der Grazer Tobias Schweiger ist bei der Nationalratswahl KP-Spitzenkandidat. Er hofft auf ein Grundmandat im Regionalwahlkreis Graz-Umgebung. Denn auch auf diesem Weg kann man ins Parlament kommen, wenn man bundesweit die vier Prozent verfehlt.
Bisher kam es noch nie vor, dass eine Partei unter vier Prozent blieb, aber trotzdem mit einem oder mehreren Grundmandaten in den Nationalrat einzog.
Im Wahlkreis Graz und Umgebung brauchte eine Partei bei der Wahl 2019 für das Grundmandat elf Prozent der Stimmen. Damals war die KPÖ davon weit entfernt: Sie holte im fraglichen Wahlkreis nur 1,8 Prozent der Stimmen.
"In der Theorie ist der Weg über das Grundmandat möglich, in der Praxis sehr schwer", sagt Meinungsforscher Haselmayer. Nachsatz: "Da müsste die Elke Kahr jeden Tag von Haus zu Haus gehen."
Noch weniger Chancen werden der Liste Madeleine Petrovic eingeräumt. Die Tochter eines Spediteurs aus dem Wiener Nobelbezirk Döbling war einst Klubobfrau und Bundessprecherin der Grünen, 1993 ein Ziel des Briefbombers Franz Fuchs. Sie ist vehemente Tierschützerin und vertritt heute Positionen, die besser zur FPÖ als zu den Grünen passen.
Tierschützerin, Impfkritikerin
Petrovic (den Namen führt sie seit ihrer Heirat mit einem Gastarbeiter aus Ex-Jugoslawien) bezweifelt den menschengemachten Klimawandel und nennt viele Maßnahmen während der Corona-Pandemie verfassungswidrig. "Etliche Menschen" seien wegen der Maßnahmen "und wegen der Impfung alleine gestorben". 2021 schickte sie Grußbotschaften an die Impfgegner-Kleinpartei MFG.
In den Umfragen ist Petrovic kaum wahrnehmbar; mehr als ein Prozent erreichte sie nie.
Dieses Schicksal teilt sie mit der vierten bundesweit antretenden Kleinpartei, der Liste "Keine von denen". Sie ist ein Ableger der Partei "Wandel", die sich als "linksprogressiv" versteht und die Abwendung vom Kapitalismus fordert. Verlangt werden 2000 Euro netto als Mindestlohn.
Parteichef ist Fayad Mulla, vormals Nachtportier, Lagerarbeiter und Menschenrechtsaktivist, der die Volksschule und das Gymnasium in Schärding besuchte.
Im Wahlmanifest heißt es: "Keine Partei vertritt dich. Keine Partei vertritt uns. Wir denken und fühlen genauso wie du und treten deshalb zu dieser Wahl an. Weil auch wir keine ,von denen‘, den Parlamentsparteien, wählen wollen."
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