Kriechmayr: "Mit 98 Prozent geht’s nicht mehr"
BORMIO. Der Mühlviertler beendet 2024 mit Platz 2 und blickt nachdenklich in das Jahr 2025
Obwohl Vincent Kriechmayr im letzten Herren-Weltcuprennen des Jahres 2024 gestern in Bormio mit Platz zwei einen Podiumsplatz eroberte, war seine Freude nach dem Super-G nicht überschäumend. "Es war eine solide Fahrt, teilweise ganz okay", sagte der 33-Jährige aus Gramastetten, der im Ziel nur zwei Zehntelsekunden Rückstand auf den Norweger Fredrik Moeller hatte, der am Sonntag seinen ersten Weltcupsieg feierte. Was Kriechmayr, der am Samstag in der Abfahrt als Achter bester ÖSV-Mann war, in Bormio nachdenklich stimmte, war wohl die erschreckend hohe Unfallbilanz des Wochenendes, die eines verdeutlichte: Die Speed-Spezialisten bewegen sich derzeit nicht nur am absoluten Limit, ihre Rennen gleichen auch einem Tanz auf der Rasierklinge.
Wann haut er den Hut drauf?
"Man muss bedingungslos attackieren und das Risiko suchen, mit 98 Prozent geht’s nicht mehr", sagte Kriechmayr, der den Druck der "jungen Wilden" aus Norwegen und vor allem der Schweiz verspürt. In der Samstag-Abfahrt hatte Alexis Monney (24) vor seinem Schweizer Landsmann Franjo von Allmen (23) seinen Premierensieg gefeiert. Kriechmayr: "Da musst du dich schon ranhalten, dass du Paroli bieten kannst." Auch die junge Garde des ÖSV holte in Bormio Weltcuppunkte. Der Leitwolf des Teams kommentierte das so: "Ich bin guter Dinge, wenn ich bald einmal den Hut draufhaue, dass unsere Jungen danach mehr Gas geben werden." Bald? Kriechmayr: "Ich bin auch schon 33. Solange ich noch auf das Podium fahren kann, fahre ich. Wenn das nicht mehr der Fall ist, werde ich nicht mehr am Start stehen."
Auch bei Marco Odermatt hinterließ das Bormio-Wochenende Spuren. Der Weltcup-Spitzenreiter belegte in der Abfahrt und im Super-G jeweils Platz fünf. "Das Wichtigste ist, hier gesund im Ziel zu stehen. Ich habe mich schon wohler auf Ski gefühlt", sagte der Schweizer.
Sehr zufrieden durfte Daniel Hemetsberger mit den beiden Rennen auf der selektiven "Pista Stelvio" sein. In der Abfahrt verpasste der Mann aus Nußdorf am Attersee als Elfter die Top Ten nur knapp, gestern war er im Super-G auf Platz sieben hinter seinem oberösterreichischen Landsmann Kriechmayr der zweitbeste ÖSV-Läufer. Der 33-Jährige meinte nach dem Rennen, dass er nicht alles riskiert habe. Sein Grund ist nachvollziehbar: "Bei einer ähnlichen Kurssetzung habe ich mir im Dezember 2018 dort das Kreuzband gerissen."
Sarrazin: Operation gelungen, Patient stabil
Die Bormio-Rennen waren von Bilderbuchwetter geprägt, es gab aber neben dem Licht viel Schatten. Die Unfallbilanz des verlängerten Wochenendes ist besorgniserregend. Cyprien Sarrazin landete nach einem Sturz im Freitagstraining mit einer Gehirnblutung auf der Intensivstation. Bei einem neurochirurgischen Eingriff im Krankenhaus Sondalo in der Nähe von Bormio legten die Ärzte eine Drainage, um das Blut ablaufen zu lassen.
Laut Angaben des französischen Teamarztes Stephane Bulle bleibt Sarrazin nach dem Eingriff noch auf unbestimmte Zeit zur Beobachtung im Spital. Der Zustand des 30-Jährigen, der bei Bewusstsein ist, wird als „stabil“ bezeichnet.
Der ebenfalls am Freitag im Training auf der „Stelvio“ gestürzte Schweizer Josua Mettler zog sich laut Angaben von Swiss Ski Kreuzbandrisse in beiden Kniegelenken zu.
Der Italiener Pietro Zazzi erlitt wiederum am selben Tag einen Schien- und Wadenbeinbruch.
Und auch beim gestrigen Super-G musste der Rettungshubschrauber abheben. Der Schweizer Gino Caviezel stürzte mit Nummer eins, nachdem er in einer Linkskurve eingefädelt hatte. Er verdrehte sich dabei das rechte Bein und stürzte hart auf die Piste. Laut ersten Angaben soll er Verletzungen an Schienbein, Fuß und Schulter erlitten haben. Er wurde noch gestern in ein Spital nach Zürich geflogen.