Diesel-Krise beschert voestalpine eine Delle
LINZ / WIEN. Betriebsergebnis ging zum Halbjahr um knapp ein Fünftel zurück – Autobauer drosseln die Neuwagen-Produktion.
Vor knapp zwei Wochen musste voestalpine-Chef Wolfgang Eder eine Gewinnwarnung bekannt geben. Das Jahresergebnis werde nicht über, sondern unter einer Milliarde Euro zu liegen kommen. Das bestätigte er bei der gestrigen Halbjahres-Pressekonferenz in Wien.
Neben den Kosten für die Hochofensanierung und den internationalen Handelsstreitigkeiten (siehe nebenstehender Artikel) leidet der Konzern auch unter der sich eintrübenden Autokonjunktur. Im Aktionärsbrief ist von "kurzfristigen und teils deutlichen Reduktionen" der Aufträge die Rede. Das hat die zwei Sparten, die an die Automobil-Industrie liefern, auch einiges an Ergebnis gekostet.
Eder sagte, die geringeren Bestellungen hätten die Auslastung auf ein Normalniveau reduziert. Davor sei die Produktion auf Anschlag gelaufen. Er geht davon aus, dass die europäischen Autobauer die Zeit um den Jahreswechsel als Ventil verwenden werden, um weiter Kapazitäten zurückzufahren. "Das wird spannend", sagte Eder. Er erwartet, dass die Werksferien tendenziell länger ausfallen werden.
Die unsicheren Aussichten waren auch unter Oberösterreichs Autozulieferern beim gestrigen Branchentreffen das Thema. Die "automotive 2018" des Automobil-Clusters fand in der voestalpine Stahlwelt statt. Der Rückstau, den vor allem Volkswagen mit der Abgasüberprüfung (WLTP) zahlreicher Diesel-Modelle verursacht, "beeinflusst direkt unsere Zulieferer", bestätigt Cluster-Manager Wolfgang Komatz. 90 Prozent der Autozuliefer-Produktion gehen in den Export, 60 Prozent davon in den deutschen Markt. Aber: "Es ist eine Delle, kein Einbruch", ist sich die Branche einig.
Dazu platzte in die gestrige Veranstaltung die Meldung, dass Premium-Autobauer BMW – in Oberösterreich prominent mit dem größten Motorenwerk des Konzerns vertreten – einen überraschend starken Gewinneinbruch verzeichnet. In der Kernsparte Automobile sackte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) im dritten Quartal um 47 Prozent auf 930 Millionen Euro ab.
Die Zulieferer können kaum noch planen. So berichtet ein oberösterreichischer Unternehmer, dass er sich im ersten Quartal 2019 auf Liefermengen zwischen 6000 und 300.000 Stück für ein bestimmtes Teil einstellen solle. Das ist selbst für die kurzfristig agierenden Autobauer – die mit ihren Lieferanten nicht immer fein umgehen – ungewöhnlich. "Wir haben es mit unberechenbaren Modellverschiebungen zu tun und bekommen von keinem Hersteller verlässliche Aussagen", sagte der Leiter des operativen Geschäfts beim börsenotierten Hörschinger Autozulieferer Polytec, Markus Huemer.
Polytec-Gewinn minus 28 Prozent
Rund ein Viertel der Pkw-Teile-Produktion bei Polytec geht an VW. Aber: "Es ist kein generelles Konjunkturproblem, sondern es sind die Diesel-Verwerfungen." Die Diesel-Krise zeigt sich bereits in den Zahlen der ersten neun Monate: Der Konzerngewinn nach Steuern sank in den ersten drei Quartalen um 28,4 Prozent auf 22,2 Millionen Euro.
Wolfgang Rathner, Geschäftsführer bei Autozulieferer Fill in Gurten, spürt die Diesel-Krise nicht: Der Werkzeugbauer habe sich längst vom klassischen Antriebsstrang-Zulieferer Richtung Leichtbau und E-Fahrzeuge verbreitert.
Der Linzer Auto-Manager Heinz Hollerweger (Seat) spricht von einer ausgeprägten Delle der Auto-Konjunktur. "Das ist schmerzhaft, bewirkt aber vielleicht einen Heilungsprozess. Und die Autokonzerne verdienen nach wie vor gutes Geld."
Ein Brand und die teure Sanierung
Das erste Halbjahr der voestalpine verlief gut, aber bei Weitem nicht so gut wie vorhergesagt. Trotz Rekordumsatz von 6,7 Milliarden Euro (plus sechs Prozent) ging das Betriebsergebnis (Ebit) um 18 Prozent zurück. Die voestalpine-Aktie zählte an der Wiener Börse einmal mehr zu den Verlierern.
Bei der Halbjahres-Pressekonferenz zählte Konzernchef Wolfgang Eder die Gründe auf: Die Hochofen-Reparatur kostet im Ergebnis 150 Millionen Euro. Dies konnte – anders als ursprünglich geplant – nur zu einem Drittel kompensiert werden.
Erstmals seien auch Auswirkungen der weltweiten Handelskonflikte mit den USA spürbar, etwa weil in China weniger Edelstahl aus dem schwedischen Uddeholm-Werk verarbeitet werde. In Summe kosten solche Effekte 30 bis 40 Millionen Euro im Ergebnis.
Das Eisenschwamm-Werk in Texas sollte zwischen 2,5 und vier Millionen Euro Betriebsergebnis (Ebit) pro Jahr liefern. Jetzt fehlen wegen Hochwasser und einer Gasexplosion vier Produktionswochen. Detail am Rande: Allein auf einen Kran musste sechs Tage gewartet werden. „In Linz wäre das viel schneller zu reparieren gewesen“, so Eder.
Auch die Inbetriebnahme neuer Automotive-Werke in den USA hat mehr gekostet als geplant. Dazu kommen die Turbulenzen in der europäischen Autoindustrie
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